“Dinara ist sehr gut darin Remis zu spielen”, sagt Elisabeth Pähtz beim gemeinsamen Frühstück. Der Schlachtplan könnte also so aussehen: Dinara Wagner hält am ersten Brett gut mit und Elisabeth schaut, was am zweiten Brett so möglich ist. Gleich dahinter spielt Josefine Heinemann, die in letzter Zeit einiges an Elo zugelegt hat. Brett 4 wird von Hanna besetzt und Lara versucht am fünften Brett ordentlich zu punkten.
Interview mit Josefine und Yuri:
Auch Bundestrainer Jan Gustafsson blieb einem Interview nicht verschont, aber so richtig locken ließ er sich nicht. Natürlich wisse er, dass mindestens Rang acht von vielen erwartet werden – auch mit Blick auf Fördermittel. Und natürlich sei Deutschland immer ein Kandidat zwischen Rang sechs und zwölf. Aber bei Schacholympiaden empfinde er eine Prognose regelrecht als unseriös. “Das hängt an vielen Details”, so der Bundestrainer im großen Video-Interview mit Katharina Reinecke und Matthias Wolf vom DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit: “Allein, wen man in der letzten Runde bekommt – das kann einige Plätze ausmachen.” Gleichzeitig benötige man auch kein Fernglas mehr, um Top-Nationen wie die Vereinigten Staaten, Indien oder China im Blickfeld zu haben. “Das ist keine Riesenentfernung.”
Plötzlich sagte er mit schelmischem Blick noch einen Satz, der es in sich hat: “Alles, was keine Medaille ist, ist eine Enttäuschung. Dann müssen wir auch den Trainer in Frage stellen.” Hat er das jetzt ernst gemeint? Eher nicht, denn er sagt es mit der für ihn typischen, hanseatisch coolen Art. Andererseits: Der Mann glaubt an sein Team. “Das sind alles nette Jungs – und richtig gute Spieler.”
Gut gelaunt und entspannt wirkt der 45-Jährige bei seiner zweiten Olympiade als Bundestrainer. Man spürt, er will 2024 in Budapest was gutmachen. 2022 in Chennai (Indien) hatte er gerade frisch das Amt übernommen – und dennoch nagt Platz 18 bis heute an ihm. “Da geht viel mehr, das habe ich mir gesagt.” Immerhin ist Deutschland Vize-Europameister. Gustafsson schwärmt von einer “sehr starken Generation” einheimischer Schachspieler: “Ich mag die Mannschaft und für mich ist es etwas Besonderes, Deutschland zu repräsentieren.” Kurzum: “Spannende Zeit, spannende Aufgabe. Die Jungs kommen jetzt in ihr bestes Schachalter.”
Und er will sie dabei begleiten, die deutschen Profis: GM Vincent Keymer, GM Dmitrij Kollars, GM Matthias Blübaum, GM Alexander Donchenko
und GM Frederik Svane. Seine Rolle als Bundestrainer ist dabei vor allem die eines Lehrmeisters in der Eröffnungstheorie. “Das ist ein Großteil der Währung, die wir nutzen.” Dass sein Einfluss beschränkt sei, betonte er auch. Schließlich sei der Bundestrainerjob nur eine Teilzeitaufgabe. “Ich kontrolliere sie nicht jeden Tag, ob sie vielleicht zu lange online sind.” Würde er gerne mehr machen? “Nein, noch weniger – für mehr Geld.” Da ist sie wieder, die Ironie des bekennenden Basketballfans, der nicht jammern will, dass in anderen, medienwirksameren Sportarten große Trainerstäbe um die Mannschaften agieren. Er hat ja in Budapest immerhin GM Rasmus Svane an seiner Seite – als Sekundanten. Dazu mehr morgen, in unserem nächsten Video.
Morgen Abend gibt es dann auch die Startaufstellung für Mittwoch, wenn das Turnier beginnt. Heute Abend wollte Gustafsson noch einmal in die Mannschaft reinhorchen, beim Grillfest von IM Sarah Papp, die GM Gabor Papp geheiratet hat und mittlerweile in Budapest lebt – und beide DSB-Teams eingeladen hatte. “Ich habe etwas im Kopf und bespreche das mit der Mannschaft. Mal sehen, wie groß das Gejammer ist.” Die Brettreihenfolge steht inzwischen bereits fest: Vincent an 1, Dmitrij an 2, Matthias an 3, Alexander an 4, Frederik an 5.
Es wird sich in Grenzen halten. Die Mannschaft folgt Jan Gustafsson bedingungslos – auch, weil er an jeden einzelnen Spieler glaubt. Wie sagt er so schön: Wenn alle “über der Elo-Erwartung“ spielen würden, was möglich sei, dann sei sehr viel drin. Vielleicht sogar eine Medaille. (mw)
Interview mit Jan: https://youtu.be/gVaUnjX9cWc?si=bd_J5ZlWgtBdumeu
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