Frauenbundesliga: Bad Königshofen verteidigt den Titel
Am Wochenende wurden nach 1,5-jähriger Corona-Zwangspause endlich die letzten drei Runden der Frauenbundesliga gespielt. Drei Runden vor Schluss waren sowohl Meisterschaft als auch Abstieg noch völlig offen. Die Meisterschaftsentscheidung fiel in Deizisau zwischen Titelverteidiger und Tabellenführer Bad Königshofen, dem SK Schwäbisch Hall und den gastgebenden SF Deizisau. Daher beginnt dieser Bericht auch dort.
Spielort Deizisau
Obwohl es noch vor zwei Wochen aufgrund diverser Corona-Einreisebeschränkungen zweifelhaft war, ob der SK Schwäbisch Hall überhaupt 6 Spielerinnen an den Start bringen könnte, schaffte man es am Ende doch, fast alle Topspielerinnen ans Brett zu bekommen, darunter die georgischen Nationalspielerinnen Lela Javakhishvili, Bela Khotenashvili und Nino Batsiashvili. noch vor zwei Wochen hatte man gerade mal vier Spielerinnen, am Ende hatte man dann sogar sieben. Bad Königshofen musste auf seine russischen Spitzenspielerinnen verzichten, hatte aber dahinter ebenfalls die stärkste Besetzung am Start. Auch bei den SF Deizisau war mehr oder weniger der Stamm-Sechser am Start. Vierte Mannschaft in Deizisau war der SV Hofheim, der als klarer Außenseiter im Abstiegskampf eigentlich nur hoffen konnte, die ein oder anderen Brettpunkte zu ergattern, und darauf, dass die Konkurrenz in Rodewisch die „richtigen“ Ergebnisse zustande bekommt, aber zum Abstiegskampf unten mehr.
Am Freitag verabschiedete sich zunächst Deizisau aus dem Meisterrennen, gegen Schwäbisch Hall verlor man 1,5-4,5. Das Ergebnis gibt aber den Spielverlauf nicht ganz wieder. Nach 2 Stunden gab es bei den Schwäbisch Haller Verantwortlichen die ein oder anderen Sorgenfalten, da ein paar Stellungen nicht richtig gut aussahen, und auf der Habenseite nur Ekaterina Ataliks deutlich besseres Endspiel gegen Elena Köpke stand. Am Ende konnte aber Deizisau seine vorteilhaften Stellungen nicht in Siege verwandeln, und die ausgeglichenen Stellungen gingen an Schwäbisch Hall. Gleichzeitig machte Bad Königshofen mit Hofheim kurzen Prozess: am Ende stand ein klarer 6-0-Sieg.
Am Samstag hatte es Bad Königshofen mit Deizisau zu tun, und auch hier wurde es richtig spannend, auch wenn Alexandra Obolentseva ziemlich schnell für das 1-0 für Bad Königshofen sorgte, das lange Bestand hatte. Am Ende machte Anastasia Savona gegen Inna Agrest den knappen 3,5-2,5-Sieg fest. Schwäbisch Hall hatte leichtes Spiel gegen die Hofheimerinnen, für die es dieses Wochenende ganz schlecht lief. Man konnte nur zu Viert antreten, da Karmen Mar kurzfristig in die Augenklinik musste und von ihrer Mannschaftsführerin gefahren wurde – zum Glück war es nicht so schlimm: am Sonntag war sie wieder einsatzbereit. Die kurzfristig informierte Ersatzspielerin stand dann 2 Stunden bei Heidelberg im Stau und kam erst 15 Minuten nach der Karenzzeit an.
Richtig spannend wurde es am Sonntag beim großen Finale zwischen Bad Königshofen und Schwäbisch Hall. Schwäbisch Hall war nach Elo recht eindeutiger Favorit, aber Bad Königshofen hatte schon gegen Baden-Baden mit einer ähnlichen Aufstellung und einem ähnlichen Elo-Nachteil gewonnen. Schon die Eröffnungsphase ließ einen spannenden Verlauf erwarten: gleich an drei Brettern kamen es schon nach der Eröffnung zu äußerst scharfen Stellungen. An Brett 1 überraschte Jana Schneider Lela Javakhishvili mit einer äußerst scharfen Variante im Damengambit. An Brett 4 ging Irina Bulmaga gegen Dina Belenkaya „all-in“ und griff unter Bauernopfer die gegnerische Königsstellung an. Und an Brett 5 stand bei Deimante Cornette und Alexandra Obolentseva eine völlig unübersichtliche Stellung auf dem Brett. Nur in der Partie Atalik-Savina war so gar nichts los, das Remis am Ende war folgerichtig. Aber an den Brettern 1, 4 und 5 fielen die ersten Entscheidungen. Zunächst schlug der Angriff von Jana Schneider durch, irgendwann konnte Lela Javakhishvili die taktischen Drohungen nicht mehr abwehren und büßte entscheidendes Material ein. Für den Ausgleich sorgte Deimante Cornette. Als man dachte, Obolentseva hätte das Schlimmste überstanden, drangen die gegnerischen Schwerfiguren in ihre Königsstellung ein und machten dem König den Garaus. Nicht durchbringen konnte Irina Bulmaga ihren Angriff. Dina Belenkaya verteidigte sich hervorragend und hatte am Ende zwei Mehrbauern im Turmendspiel. Damit war klar: Bela Khotenashvili und Nino Batsiashvili mussten gewinnen, wenn es mit der Meisterschaft noch etwas werden sollte. Bela Khotenashvili schaffte das auch tatsächlich, sie brachte gegen Tatjana Melamed ein äußerst mutiges Qualitätsopfer, das ihr drei Freibauern bescherte, und das reichte am Ende zum Sieg. Aber bei Nino Batsiashvili war nichts zu machen: Olga Babiy wehrte alle Angriffsbemühungen cool ab, und am Ende stand dreimal die gleiche Stellung auf dem Brett. Damit stand es 3-3, und das reichte für die Titelverteidigung für Bad Königshofen.
Aufgrund der Liveübertragung der Partien ins Internet war die Veranstaltung eine tolle Werbung für die Frauenbundesliga, auch wenn aufgrund von Corona nur wenige Zuschauer aus dem engsten Umfeld der Mannschaften zugelassen waren. Alle Partien aus Deizisau (und Baden-Baden) können hier nachgespielt werden.
Spielort Baden-Baden
Vor den letzten drei Runden hatte auch die OSG Baden-Baden noch theoretische Meisterchancen, die sich aber mit den Siegen von Schwäbisch Hall und Bad Königshofen und Deizisau ziemlich schnell erledigt hatten. Für die anderen Mannschaften ging es noch gegen den Abstieg, insbesondere Karlsruhe musste fast auf ein Wunder hoffen, und das Wunder kam am Samstag fast. Hamburg und Harksheide brachten aufgrund von Corona, Urlaubsplänen und anderer Probleme nur 5 Spielerinnen zusammen. Hamburg rettete sich schon in Runde 9 mit einem 3,5-2,5-Sieg gegen Harksheide, und dieses Ergebnis reichte auch dem Reisepartner aufgrund des guten Brettpunktekontos. Am Samstag schaffte es Karlsruhe aber fast, Hamburg zu schlagen, aber halt nur fast. Manuela Mader hatte in der alles entscheidenden Partie gegen Monika Socko Vorteil, übersah am Ende aber, dass sie zwar eine Qualität gewinnen konnte, aber matt wurde. Zu dem Zeitpunkt war die Stellung jedoch schon mindestens ausgeglichen, und ein Punkt hätte für Karlsruhe sowieso nicht gereicht. Damit ging es am Sonntag in Baden-Baden um gar nichts mehr. Baden-Baden sicherte sich mit drei Siegen Platz 3, und Hamburg landete am Ende einer etwas verkorksten Saison im Mittelfeld der Tabelle. Am glücklichsten waren die Harksheider: Sie schafften wieder den Klassenerhalt, dazu kam eine IM-Norm für Julia Antolak, die sie mit einem beachtlichen Remis aus besserer Stellung gegen die Weltcup-Siegerin in Baden-Badener Diensten Alexandra Kosteniuk absicherte.
Spielort Rodewisch
In Rodewisch war es äußerst spannend, hier entschied sich am Ende die Abstiegsfrage. Leider gab es keine Liveübertragung der Partien aus Rodewisch, daher war man auf den Ergebnisdienst und Telefon und Messengerdienste angewiesen, um die Zwischenstände zu erfahren. Leider konnte Gastgeber Rodewisch das ganze Wochenende nur mit vier Spielerinnen antreten. Die Corona-Pause war einfach zu lang gewesen, die ein oder anderen Spielerinnen standen aus diversen Gründen einfach nicht mehr zur Verfügung. Mehrere Spielerinnen waren zum Beispiel erst kürzlich Mutter geworden. Die vier Schachmiezen schlugen sich wacker: Reisepartner Leipzig und Erfurt wurden geschlagen, aber gegen Lehrte war das Glück aufgebraucht. Nicole Manusina sorgte für den 3,5-2,5-Sieg und den kaum noch für möglich gehaltenen Lehrter Klassenerhalt. Den zweiten Absteiger machten Erfurt und Leipzig direkt untereinander aus. Schon vorher war klar: der Sieger bleibt in der Liga, der Verlierer steigt ab, und bei einem Unentschieden steigen voraussichtlich beide ab. Am Ende gewann Leipzig 3,5-2,5, und das reichte zum Klassenerhalt: man hatte 1,5 Brettpunkte mehr als Hofheim. Ein kleiner Beigeschmack bleibt, da man ja von Rodewisch zwei kampflose Punkte bekommen hatte, auf der anderen Seite schaffte Hofheim aber am kompletten Wochenende nur einen halben Punkt, allerdings gegen übermächtige und komplett angetretene Konkurrenz.
Insgesamt kann man aber sagen, dass trotz aller Widrigkeiten aufgrund Corona, Lokführerstreik und des Termins, der erst vor wenigen Wochen festgelegt worden war, sich doch die Anzahl der Ausfälle sehr in Grenzen hielt, man merkte: alle Mannschaften und Spielerinnen wollten endlich wieder spielen. In tieferen Klassen war da ganz anderes zu sehen.
Schachtickerpreis
Auch diese Saison gibt es wieder den von Raymund Stolze initiierten Schachticker-Preis für die beste Spielerin und die beste Nachwuchsspielerin der Frauenbundesliga. Dieses Mal gibt es jeweils ein Gemälde von Sabine Oecking (https://atelier-oecking.de/, siehe der Vorbericht hier). Vorbehaltlich der Prüfung der Ergebnisse geht der Preis für die beste Nachwuchsspielerin an die Harksheiderin Julia Antolak, die sich knapp vor Jana Schneider durchsetzte. Der Preis für die beste Spielerin geht mit 7/8 Punkten an Hanna Marie Klek (SF Deizisau), die vor einigen Jahren schonmal den Nachwuchspreis gewonnen hatte, sie lag in der Endabrechnung knapp vor Irina Bulmaga und Lilit Mkrtchian (Schwäbisch Hall).
Ende November soll die nächste Saison beginnen. Die Aufsteiger warten ja schon seit 1,5 Jahren auf ihren Einsatz. Die Liga freut sich auf ein paar „neue“ Teams: Löberitz, Bad Kissingen und Hemer steigen aus den drei Zweitligastaffeln auf.
Hier noch ein paar Fotoeindrücke aus Deizisau.
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