Liebe Schachfreundinnen und -freunde,
ja, ich bin weiterhin für den Antrag, aber gut durchdachte Beiträge von Harald Niesch und Frank Bicker sind ebenfalls zur Meinungsbildung sehr, sehr wichtig!
Einen schönen 3. Advent wünscht Euch Euer Walter Rädler wraedler@aol.com
======================================
Sehr geehrter Schachfreund Deventer, sehr geehrter Schachfreund Niesch!
Ich kann Herrn Niesch nur beipflichten. Schon 2023 veröffentlichte ich auf meiner Website und über den Newsletterverteiler von Walter Rädler einen Bericht und Ideen zu Mädchenschach, zu Gründen, warum Mädchen im Schach möglicherweise unterrepräsentiert sind.
Dort kann ausgiebig nachgelesen, weiterführende Quellen sind angegeben.
Besonders weise ich auf den Abschnitt „Wahrnehmung von Klugheit und Brillanz im Kindesalter“
https://www.chess-science.com/maedchenschach-frauenschach-gendergerechtigkeit-feminismus/
hin.
Viele Grüße
Frank Bicker
Leiter des Arbeitskreises „Schach und Wissenschaft“ bei der Deutschen Schulschachstiftung e.V
https://schulschachstiftung.de/
Ak-wissenschaft@schulschachstiftung.de
=======================================
Betreff: Meinung zum Frauenschach
Sehr geehrter Schachfreund Deventer,
ich bin Harald Niesch, Vorsitzender des SC Leipzig-Lindenau, eines Vereines mit Frauenbundeliga und Regionalligamannschaften sowie einem Frauen- und Mädchenanteil von über 25% und u.a. Top Verein Mädchen- und Frauenschach. Gleichzeitig bin ich Schulschachreferent von Sachsen und Vorstandsmitglied von Kinderschach in Deutschland. Das Thema Mädchen- und Frauenschach beschäftigt mich schon seit den 80er Jahren, lange war ich u.a. Mannschaftsleiter unserer Frauenmannschaft und auch Mädchenreferent von Sachsen.
Ich möchte einige Anmerkungen zu den Anträgen von Württemberg machen. Zu der Frage der Zusammensetzung des Vorstandes (Quotenregelung) möchte ich mich nicht äußern.
Die beiden Anträge (Pflichtbrett Frauen in der 2.Bundesliga und den sogenannte Förderbeitrag) halte ich für nicht sinnvoll und unrealistisch.
Pflichtbretter haben (zumindest in Deutschland) noch nie etwas gebracht, schon gar nicht mit solchen Restrektionen wie sie von Württemberg vorgeschlagen werden. Das Einzige, was sie bewirken, sind Abwerbungen und Gastspielanträge und andere Bewegungen das Frauenbrett zu besetzen. Damit man dann nicht noch alle Kämpfe 8:0 verliert, setzt man Mädchen ein die chancenlos sind (aber die anderen 7 Spieler werden ja gewertet). Welches Mädchen will in der 2.Bundesliga spielen, nur um als Pflichtbrett zu verhindert, dass die Mannschaft alle Kämpfe verliert. Diese Mädchen verliert man dann mit Sicherheit auch noch. Denkt man wirklich, dass durch das Pflichtbrett in der 2.Bundesliga die Motivation zum Mädchenschach steigt?
Den Antrag zur Satzungsänderung „Förderbeitrag“ halte ich für unsinnig, er stellt eine indirekte Beitragserhöhung dar, damit erreichen sie sicher niemals die Vereine. Die reichen Vereine zahlen halt den Betrag und haben ihre Ruhe. Die Anderen werden nur frustrierter, aber zu Mädchenschach bringen sie die bestimmt nicht. Da braucht man auch Leute, die dafür ein Händchen haben. Dann will man das Geld auch noch für Studien verwenden… das gibt es alles schon!!!! Oder fragt mal die, die erfolgreich Mädchenschach machen!!!
Beide Anträge sind Bestrafungen für Vereine ohne Mädchenschach bewirken aber niemals die Motivation etwas dafür zu tun. Mit Zwang kann man kein Mädchen- und Frauenschach entwickeln. Außerdem bestraft man damit insbesondere die kleinen Vereine, die vielleicht froh sind, ein Mitglied für Jugendarbeit gefunden zu haben. Mädchenschach ist eine Nummer schwieriger. Denn da gehört noch etwas mehr Motivation dazu.
Als ausgebildeter Erzieher (vorher noch Kindergärtner) und Dipl. Sozialpädagoge habe ich viele Jahre im Kindergarten- und Vorschulbereich gearbeitet und habe meine Erfahrungen unter anderem in der Methodik Kinderschach eingebracht.
Es wäre vielleicht mal sinnvoll, sich mit den vorhandenen wissenschaftlichen Studien zu befassen bzw. entsprechende Workshops z.B. auf dem Schulschachkongress zu besuchen, dort macht man sich ernsthafte Gedanken zum Thema. Laura Schalkhäuser hat dazu z.B. einen ganz tollen Vortrag in Magdeburg auf dem Schulschachkongress 2024 gehalten. Mädchenschach beginnt im Kindergarten und in der Grundschule. Ich kann dies auch nur bestätigen. Wenn man wirklich Mädchen im großen Maßstab in die Vereine holen will, muss man in dem jungen Alter beginnen. Nicht umsonst ist unser Mädchenanteil im Verein so hoch. Die Mädchen kommen fast ausschließlich aus dem Kindergarten- und Schulschach. Die Ausnahmen, von Mädchen, die nach der Grundschule mit Schach beginnen liegt weit unter 5%.
Leider stößt man mit Verjüngung im Wettkampfbereich bei einer Vielzahl der Verbandsverantwortlichen auf taube Ohren.
Hier einige Vorschläge, über die man ernsthaft sprechen sollte, wenn man die Mädchenquote im DSB erhöhen will. Einige davon setzen natürlich ein völliges Umdenken bei vielen Funktionären voraus. Es gibt eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien, die ein Herangehen im jungen Alter fordern und mit wissenschaftlichen Argumenten unterlegt sind.
– Turnierangebote in den unteren Altersklassen ohne Mitgliedspflicht im Verein für Mädchen.
– Der Mitgliedsbeitrag für Frauen und Mädchen bleibt bei den Vereinen (kein Beitrag an DSB), damit belobigt man die Vereine mit Frauen- und Mädchenschach und bestraft nicht die ohne.
– Breitere Unterstützung des DSB bei den Mädchenschachprojekten der DSJ, auch finanziell
– Mehr Mädchenaltersklassen, im Schulschach z.B. WK 1./2.Klasse weiblich, die dann genau wie bei den Jungen, parallel zur DSSM WK GSw spielen, damit die vielen Mädchen, die schon in der KiTa das Schachspiel erlernen auch zum aktiven Schach motoviert werden.
Begründung: Wenn die Kinder im Kindergarten oder im Schachunterricht der 1./2.Klasse Schach erlernen, hält sich der Anteil von Mädchen und Jungen die Waage. Mädchen erlernen das Schachspiel genauso gut wie die Jungen. Im Jahre 2013 wurde der Verein „Kinderschach in Deutschland“ gegründet, mit dem Ziel, Pädagogen, die im Vorschul- und Grundschulaltersbereich tätig sind, fit zu machen, um mit ihren Kindern gemeinsam das Schachspiel zu erlernen. In dieser Form sind Mädchen und Jungen gleichermaßen beteiligt. Allerdings bedürfen Mädchen einer höheren Motivation als Jungen zum aktiven Schach. Dies können Kinderpsychologen und Pädagogen leicht begründen. Dann beginnt aber schon das Problem, spezielle Mädchenturniere gibt es für das Alter noch nicht, selbst der geschaffene Mädchen Grand Prix beginnt erst ab U10.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Niesch
Harald Niesch
SC Leipzig-Lindenau
Vorsitzender
More Stories
Warum Schach nicht olympisch ist: Eine Analyse
Die Schachwerkstatt in Hamburg
Schachzwerge Magdeburg suchen FSJler.in – fast 600 Euro im Monat
Landesschachverband Sachsen-Anhalt bietet 10-Stunden-Stelle im Bereich Öffentlichkeitsarbeit
GUKESH WELTMEISTER – AUCH DANK KEYMER. CARLSEN: „VINCENT WAR DIE GRÖSSTE ÜBERRASCHUNG FÜR MICH“