Oft lässt er sein Frühstück ausfallen – weil das ja sonst den Schlaf verkürzen würde. Und Pizza hält er tatsächlich für das beste Essen vor einer Schachpartie, wie er in unserem Video-Portrait sagt. Nun ja, die Traumbesetzung für die Rolle des Ernährungsberaters wäre GM Matthias Blübaum zweifellos nicht. Und was ist mit Bewegung? Mit Ausgleichssport? Da sei er etwas faul. „Eigentlich müsste ich öfter mal laufen gehen.“ Aber auch der Tag eines Mathe-Genies hat halt nur 24 Stunden.
Aber der Mann bringt ja auch ganz andere Qualitäten für den Deutschen Schachbund ein. Er soll mithelfen, ein großes Ziel bei der Olympiade in Budapest zu erreichen: möglichst eine Medaille. „Wir haben ein gutes Team, und wenn alle gut drauf sind, haben wir auch die Chance vorne mitzuspielen“, glaubt Blübaum. Und verweist auf die EM 2023, Silber in Montenegro.
Der Ehrgeiz hat Blübaum, geboren 1997 in der Handball-Hochburg Lemgo, in der Tat schon weit gebracht. Nicht nur zum Master in Mathematik, sondern auch im Schach. Bekannt wurde der Spross einer schachbegeisterten Familie bereits mit zwölf Jahren, als er Teil der sogenannten Prinzengruppe war, die von Bundesnachwuchstrainer IM Bernd Vökler intensiv betreut wurde. Die „Prinzen“ sollten dank der Förderung und Gruppendynamik innerhalb weniger Jahre zu „Königen“ werden, zu Großmeistern. Hat bei Blübaum prima funktioniert.
Er wurde vom Deutschen Schachbund bereits in der Saison 2011/12 zum Jugendspieler des Jahres in der Altersklasse U14 gewählt. 2012 wurde Blübaum auch zum IM, 2015 folgte die Ernennung zum GM. 2020 war er sogar mal die deutsche Nummer eins, seine Vita schmückt zudem der 3. Platz bei der U20-Weltmeisterschaft. Er gewann die Grenke-Chess-Open 2016, wurde Deutscher Blitzeinzelmeister, German-Masters-Sieger 2020 und Europameister 2022. Diese hohe Dosis an Erfolg hat ihn ermuntert, voll auf Schach zu setzen. Motto: Jetzt – oder nie. Irgendwann kommt, so sieht er das jedenfalls, unaufhaltsam das Berufsleben als Mathematiker.
Wie ernst er aber derzeit noch den Schachsport nimmt, kann man auch in seinem Buch nachlesen, das einen ganz einfachen Namen hat: „Schachtraining mit Matthias Blübaum“. Gemeinsam mit seinem langjährigen Trainer FM Matthias Krallmann und GM Karsten Müller schildert er darin seinen erfolgreichen Weg. Wie heißt es so schön in einer Rezension: Das Buch liefere „keine leichte Kost“. Es sei vielmehr so geschrieben: „Typisch ostwestfälisch, arbeitsintensiv, anstrengend, ehrlich und gerade.“ Es sei das Portrait eines Schacharbeiters. Ein Malocher, der auch in Budapest wieder die Ärmel für das deutsche Team hochkrempeln wird. Er will nur vorher Pizza. (mw)
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