Juli 16, 2024

50 Jahre Jugendschachstiftung Schweiz – ein Blick ins «Ländle» auf das erfolgreiche Liechtensteiner Schulschach-Projekt

Markus Angst 2024 feiert die Jugendschachstiftung Schweiz ihr 50-Jahr-Jubiläum. Aus diesem Anlass finden Sie im laufenden Jahr auf der Website des Schweizerischen Schachbundes (SSB) jeden Monat und in allen sechs Ausgaben der «Schweizerischen Schachzeitung» einen spannenden Artikel über die Welt des Jugendschachs. Heute werfen wir einen Blick über unsere Landesgrenzen und beleuchten das erfolgreiche Schulschach-Projekt im Fürstentum Liechtenstein.

Die Liechtensteiner Lehrpersonen haben durchs Band eine sehr offene und positive Haltung zum Schulschach-Projekt.

Bereits in den 1970er-Jahren gab es in Liechtenstein Schachkurse auf freiwilliger Basis – initiiert auf private Initiative von den beiden Klassenlehrern Kurt Mündle (Schule Triesen) und Heinz Marock (Schule Eschen). Sie boten jeweils an Mittwochnachmittagen unabhängig voneinander klassenübergreifende Schachkurse an. Kurt Mündle durfte zu Spitzenzeiten bis zu 30 Schachschüler(innen) begrüssen.

2014 lancierte dann Renato Frick das Projekt «Chess in School» (CIS). «Die Idee war», so der mehrfache Liechtensteiner Landesmeister und langjährige Nationalspieler, «Kindern und Schüler(inne)n den Zugang in die faszinierende Welt des Schachspiels zu ermöglichen – besonders auch im Hinblick darauf, den in vielen wissenschaftlichen Studien unterstrichenen Wissenstransfer in andere Schulfächer zu ermöglichen.»

Unterstützung von der FIDE und ECU

Der Weltschachverband und die Europäische Schachunion ECU fördern das CIS-Projekt mit finanziellen Mitteln – ebenso wie das Liechtenstein Olympic Committee. «Wir geben», so Markus Krieger, Präsident der Liechtenstein Chess Federation, «dem LOC etwas zurück, indem wir uns seit dem Start des Olympic Days 2019 aktiv miteinbringen. Am Olympic Day können über 1000 Schüler(innen) Liechtensteins in 39 verschiedene Sportarten reinschnuppern.»

Noch keine finanziellen Mittel gab es bisher vom liechtensteinischen Bildungsministerium. «Unser Vorstoss vor drei Jahren war leider erfolglos, obwohl unseren Regierungsvertretern die Vorteile von Schach an Schulen bekannt sind», bedauert Renato Frick. Er hat gleichzeitig aber auch einen Funken Hoffnung: «Wir warten die Landtagswahlen im Februar 2025 ab, um erneut beim Bildungsministerium vorzusprechen und einen aktualisierten Antrag einzureichen.»

Lehrpersonen und Eltern sind begeistert

2015 und 2016 erfolgte der CIS-Start an den beiden Schulen in Schaan und Eschen. Weil dieses positiv anlief und weil Liechtenstein klein und gut vernetzt ist, bekundeten immer mehr Schulen Interesse am Schulschach-Projekt.

2022/2023 war das bisherige Spitzenjahr mit nicht weniger als 192 Teilnehmenden. «In Relation und umgerechnet auf das Verhältnis der Einwohneranzahl zwischen Liechtenstein und der Schweiz würde dies 44‘000 Schweizer Schachschüler(innen) bedeuten», schmunzelt Renato Frick.

Das CIS-Erfolgsgeheimnis liegt gemäss Markus Krieger darin, «dass den Lehrer(inne)n auffällt, welchen Spass und welch grosses Interesse – auch lernschwache – Schüler(innen) am Schachspiel haben. Deshalb sind sowohl die Lehrpersonen als auch die Eltern des Lobes voll und unterstützen uns, wo sie können.»

Vor den Sommerferien plant und vereinbart Renato Frick jeweils mit den Schulleiter(inne)n der interessierten Schulen – die entweder direkt auf ihn zukommen oder ihn über das Schulschach-Kontaktformular auf der LCF-Website ansprechen – die Schulschach-Lektionen für das neue Schuljahr. Der Start erfolgt jeweils nach den Sommerferien in der zweiten August-Hälfte. Der Schulschach-Unterricht basiert auf wöchentlichen Doppellektionen à 45 Minuten – also total anderthalb Stunden pro Woche.

Geleitet werden die Schachkurse von LCF-Schachtrainer(inne)n und -lehrer(inne)n. Gleichzeitig ist jedoch stets auch eine Lehrperson – meistens der/die Klassenlehrer(in) – involviert.

Stappenmethode und eigenes Schachmaterial

Die Trainerinnen und Lehrer arbeiten zum einen mit der bekannten Stappenmethode. Dabei können die Schüler(innen) in Tests mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen diverse Diplome (vom Bauern- bis Königsdiplom) erwerben. Zum andern verwenden die Lehrpersonen auch eigenes Schachmaterial, das sie sich im Laufe des langjährigen Schachunterrichts selbst erarbeitet haben. Zudem sind Liechtensteins Schulen mit digitalen Schultafeln bestückt, über die auch elektronisch Schulschachunterricht erteilt werden kann.

Seit dem neuen Lehrplan ’21 sind die liechtensteinischen Schulen wesentlich flexibler und können die Schachprojekte in verschiedene Lehrthemen integrieren. Die Kurse finden deshalb während des normalen Schulunterrichts statt.

Markus Krieger freut sich, «dass die Lehrpersonen durchs Band eine sehr offene und positive Haltung zum Schulschach-Projekt haben. Selbst Lehrer(innen), die anfänglich eine etwas skeptische oder sogar ablehnende Haltung dem CIS-Projekt gegenüber hatten, sind jetzt die glühendsten Verfechter(innen) des Schachunterrichts.»

Leider nur wenig Klubeintritte

Gegen Ende der Schulsemester veranstaltet die LCF jeweils Freundschaftswettkämpfe zwischen den Schulen. Zudem nehmen Schulen an der liechtensteinischen Schülermeisterschaft, die in diesem Jahr zum siebten Mal durchgeführt wird, teil und haben die Möglichkeit, Mannschaftspokale zu gewinnen.

Da beim CIS-Projektstart im Jahr 2015 lediglich an zwei von elf Liechtensteiner Gemeinden Schulschach unterrichtet wurde, schuf Renato Frick im Schachclub Triesen eine Plattform, damit auch Schüler(innen) aus anderen Gemeinden in den Genuss von Schachunterricht kommen können. Mittlerweile gibt es in den drei Kategorien Anfänger/Leicht Fortgeschrittene/Fortgeschrittene rund 20 Schachschüler(innen), die das Angebot regelmässig nutzen. «Leider mussten wir feststellen», bedauert Markus Krieger, «dass es äusserst schwierig ist, im CIS-Schulschachprojekt involvierte Schüler(innen) an Abenden auch noch in den Schachklub zu bekommen. Einige Begeisterte bilden da leider die Ausnahme.»

Liechtensteiner Olympiade-Premiere

Trotzdem ist der LCF-Präsident «auf die Kleinheit unseres Landes bezogen sehr zufrieden mit der Entwicklung unseres Nachwuchses. So wird mit Justine Steck auch ein zehnjähriges Mädchen im Damenteam an der diesjährigen Olympiade in Budapest vertreten sein. Zudem wird auch der 16-jährige Andrew Heron seine Olympiapremiere im Herrenteam feiern können. Wir werden zum ersten Mal in Liechtensteins Schachhistorie nicht nur mit einem Herren-, sondern auch mit einem Damenteam an einer Schacholympiade teilnehmen.»

Werden Sie Donator(in) der Jugendschachstiftung!

Um das Schweizer Jugendschach auch in Zukunft tatkräftig unterstützen zu können, ist die Jugendschachstiftung auf möglichst viele Donator(inn)en angewiesen. Diese verpflichten sich, die Stiftung während fünf Jahren jährlich mit mindestens 500 Franken zu unterstützen.

Auch sonstige Spenden von Privaten oder Firmen sind sehr geschätzt (IBAN CH47 0483 5002 7259 9000 0 bei Credit Suisse). Sie können die Jugendschachstiftung auch in Ihrem Testament begünstigen.

In vielen Kantonen können Spenden an die Jugendschachstiftung von den Steuern abgezogen werden. Das gespendete Geld kommt uneingeschränkt der schachinteressierten Jugend zugute, da der Stiftungsrat ehrenamtlich arbeitet.

Die Jugendschachstiftung wird von einem achtköpfigen Stiftungsrat geführt. Diesem gehören neben Präsident Michael Hochstrasser auch André Vögtlin, Peter A. Wyss, Adrian M. Siegel (ehemaliger SSB-Zentralpräsident), Ruedi Staechelin (ehemaliger SSB-Zentralpräsident), Rahel Umbach, Gundula Heinatz Bürki und Lindo Duratti (Regionalcoach West) an.

Website Jugendschachstiftung Schweiz

Kontakt: Michael Hochstrasser, Präsident

Lesen Sie in der «Schweizerischen Schachzeitung» 1/24 eine Reportage über das Schulschach-Projekt an der Schule Untersiggenthal.

Kennen Sie in der Schweiz weitere interessante Schulschach-Projekte? Dann melden Sie diese doch bitte an Rahel Umbach, Stiftungsrätin der Jugendschachstiftung Schweiz.

Lesen Sie in der nächsten Folge im Juli einen Artikel über den Förderpreis der Jugendschachstiftung Schweiz.