November 27, 2024

Das Schachjahr nach der Schule – Bufdi im Schach – was ist das – wie geht es, warum und wieso?

Bufdi und FSJ im Schach ist eine hervorragende Möglichkeit für einen Verein, sein Angebot groß zu erweitern und für die Teilnehmerin oder den Teilnehmer zu wachsen. Leonid Löw stellt den Bufdi und den FSJler im Schach vor. https://www.deutsche-schachjugend.de/service/vereinshilfe/bfdfsj/
 
  1. Lieber Leo, bitte stelle dich kurz vor.

Ich bin Leonid Löw und arbeite seit knapp zwei Jahren für die Deutsche Schachjugend. Dort bin ich unter anderem zuständig für die Koordination des Bundesfreiwilligendienstes und für die Förderung jungen Engagements.

  1. Die DSJ betreut Vereine, die Bufdis haben, also einen Bundesfreiwilligendienst anbieten. Warum sollen das Vereine machen?

Freiwillige können die Vereine (in der Regel in Vollzeit) unterstützen und dabei helfen, die vielen Projekte und Tätigkeiten auf mehr Schultern zu verteilen. Gleichzeitig ist es auch eine Investition in die Zukunft: Häufig engagieren sich ehemalige BFDler auch nach Ende ihres Freiwilligendienstes in der Einsatzstelle. Und ein weiterer Vorteil: (Junge) Freiwillige können frische Ideen in den Verein einbringen.

  1. Wie viel Ausgaben hat ein Verein für einen Bufdi im Monat?

Ein Verein, der einen BFD anbieten möchte, sollte mit Fixkosten von 260€ im Monat planen. Darin enthalten sind dann das Taschengeld der Freiwilligen (ca. 400€) und die Sozialversicherungsabgaben, die teilweise über einen staatlichen Zuschuss finanziert werden. Dazu kommen dann noch individuelle Kosten für Bildungsveranstaltungen, die die BFDler besuchen.

Viele Freiwilligen werden auch in Schulschach-AGs eingesetzt, für die der Verein – je nach Bundesland unterschiedlich – Aufwandsentschädigungen erhält. In Einzelfällen kann es dadurch passieren, dass der Bundesfreiwilligendienst den Verein effektiv gar nichts kostet.

  1. Ich schrieb beim FSJ oder BFD oft von einer Win-Win-Situation, wie siehst du das?

Ich würde noch einen draufsetzen und sogar von Win-Win-Win sprechen, denn am Ende profitieren von einem Freiwilligendienst alle: 1. Die Freiwilligen können sich ein Jahr lang ohne Leistungsdruck in der Praxis ausprobieren und profitieren von der fachlichen Anleitung im Verein und dem Austausch mit anderen Freiwilligen. 2. Die Einsatzstellen werden durch die „helfenden Hände“ der Freiwilligen entlastet und können dadurch auch Projekte verwirklichen, für die andernfalls die Zeit fehlen würde. 3. Auch die Gesellschaft als Ganzes profitiert, denn Freiwilligendienste sind eine nachhaltige Investition in demokratische Strukturen. Gerade in Zeiten, wo der Rechtsextremismus immer weiter zunimmt, wird das umso wichtiger.

  1. Ich mag keine Bürokratie. Gibt es bürokratischen Wahnsinn bei den Anträgen?

Wenn ein Verein erstmals als Einsatzstelle anerkannt werden möchte, ist das leider etwas bürokratisch. Wir unterstützen hier die Vereine, um den Prozess trotzdem so einfach wie möglich zu halten. Wenn das einmal geschafft ist, wird es leichter.

  1. Wer Fragen hat, an wen kann sie/er sich bei der DSJ wenden?

Freiwillige, die eine passende Einsatzstelle suchen, Vereine, die Einsatzstelle werden wollen, und alle anderen, die Fragen haben, können sich jederzeit bei mir unter bfd@deutsche-schachjugend.de oder 030-25092291 melden.

  1. Nach Münster und Lehrte habe ich vor Jahren in Vaterstetten einen Schach-Zivi in Vaterstetten eingeführt. Leider wurde die Bundeswehr abgeschafft. Danach hatten wir in Vaterstetten nur noch FSJler. Was ist der Vorteil, was der Nachteil von FSJlern? 

Freiwilliges Soziales Jahr und Bundesfreiwilligendienst sind verschiedene Freiwilligendienstformate, aber letztlich gibt es für die Freiwilligen und Einsatzstellen kaum einen Unterschied, mit einer Ausnahme: FSJ können nur junge Leute unter 27 Jahren machen. Im BFD haben wir zwar auch viele junge Menschen, aber das ist auch Ü27 möglich.

Als nationaler Spitzenverband dürfen wir nur einen Bundesfreiwilligendienst anbieten. Die „FSJ-Vereine“ organisieren ihre Freiwilligendienste also nicht über uns, sondern über einen anderen Träger.

  1. Die DSJ hat auch einen Bufdi. Was macht der denn so den lieben langen Tag? 

Bei einem Freiwilligendienst in unserer Berliner Geschäftsstelle kann man ein Jahr lang hinter die Kulissen der DSJ schauen, als Teamer zur DEM fahren, in alle Arbeitskreise reinschnuppern und – je nach persönlichen Interessen – verschiedene Schwerpunkte setzen. Aktuell ist beispielsweise ein wichtiger Punkt der Bereich Öffentlichkeitsarbeit, da unser AK Öff etwas unterbesetzt ist, und natürlich die Vorbereitung der Deutschen Jugendeinzelmeisterschaft in Willingen.

  1. Wie viele Schach-FSJler und -Bufdis gibt es derzeit in Deutschland?

In „unseren“ Einsatzstellen sind aktuell etwa 10 BFDler tätig. Dazu müssten im FSJ noch etwa 5 bis 10 weitere kommen, aber da kenne ich die genauen Zahlen nicht.

  1. Bitte zähle schnell die Stellen auf, wo sich jemand bewerben kann. Nach der Schule ist es optimal ein Jahr etwas anderes zu machen.

Unsere BFD-Einsatzstellen von Norden nach Süden (siehe Karte): SK Doppelbauer Kiel, HSG Stralsund, Deutsche Schachjugend (Berlin), SC Kreuzberg (Berlin), SK Münster, Schachzwerge Magdeburg, Schachfüchse Kempen, SC Landskrone, SK Mannheim-Lindenhof, Karlsruher Schachfreunde, Schachverband Württemberg (Stuttgart) und SC Garching. Ein paar weitere Vereine basteln aktuell noch ihren Einsatzstellenantrag, d.h. die Liste dürfte in den nächsten Monaten noch etwas länger werden. Eine Übersicht mit Kontaktdaten gibt es unter https://www.deutsche-schachjugend.de/bfd. Ein Freiwilligendienst beginnt normalerweise im Herbst und dauert ein Jahr lang, aber letztlich können das die Einsatzstellen und Freiwilligen frei vereinbaren.

Anton Kawelke war ein perfekter FSJler beim SC Vaterstetten. Ich kannte ihn zuvor nicht, lernte ihm immens während dem Jahr schätzen und wir sind immer noch befreundet.

1. Du warst FSJler beim SC Vaterstetten. Wie hat dir die Zeit gefallen?
Es war ein tolles Jahr an das ich immer noch gerne zurückblicke. So ein Jahr direkt nach dem Abi was ganz anderes zu machen, umzuziehen und sich ganz den Aufgaben widmen, ich würde es sofort wieder tun. Auch meine Aufgaben bei der Bayerischen Schachjugend und der Deutschen Schachjugend haben mir gefallen. Für das soziale Jahr habe ich damals meinen ersten Schiri-Schein gemacht, den Turnierleiter und mittlerweile bin ich FIDE-Arbiter. Auch die weitere Zeit beim SCVG nach dem FSJ hat mir viel Freude bereitet.
2. Bist du dem Schach danach treu geblieben?
Einige Jahre noch. Ich habe ein paar ehrenamtliche Aufgaben weiterhin ausgeführt, bin in den Vorstand des SCVG gewechselt (Jugendleiter, dann 2. Vorsitz) und mich gern im Verein, der BSJ und DSJ eingebracht. Leider bin ich nun nicht so aktiv wie ich es früher war. Manchmal springe ich noch bei meinem neuen Verein TSV Forstenried in der Liga ein, aber Schach spiele ich kaum noch. Berufliche Weiterentwicklung und andere Hobbies haben hier übernommen. Allerdings kann man mich noch manchmal als Schiedsrichter antreffen.
3. Warum soll jemand nach der Schule ein Schachjahr machen?
Raus aus dem Trott von Lernen und Schule und dann direkt lernen und Uni! Dieses Jahr an extra Erfahrungen und Erlebnissen ist viel wert. Man kann sich so toll in der Schachwelt einbringen und vor allem das Kinder und Jugendschach boosten. Auch die persönliche Entwicklung sollte man nicht vernachlässigen. 
4. Worauf muss er bei der Dienststelle aufpassen?
Mann soll drauf achten das der Verein sehr aktiv ist. Das FSJ sollte nicht nur aus Büroaufgaben und dem wöchentlichen Jugendtraining bestehen. Schulschach, Jugendtrainig, Verbandsarbeit, Meisterschaften, es sollte einen guten Mix geben. Mit dem SCVG auf deutsche Meisterschaften zu fahren oder bei der DJEM als Schiedsrichter mitzumachen waren tolle Highlights . Unvergessen auch das Schulschachevent mit Kasparov.  Wichtig ist es einen guten Ansprechpartner im Verein zu haben der die Aufgaben auch gut delegiert. Man kommt mit 17/18 Jahren von der Schule und weiß eventuell noch nicht wo man sofort eigenständig etwas managen und aufbauen muss. Eine stabile Vereinsführung war hier sehr hilfreich und mit Walter Rädler war die  Schulschachanbindung natürlich sofort gegeben . 
5. Wo gab es Probleme bei deinem Dienst? (Als du mit Zwiebelbraten im Ofen meine Wohnung verpestet hast, habe ich dir die gelbe Karte gezeigt, das war in Ordnung von mir!)
Manche Schulschachklassen waren schwerer zu händeln als andere. Das geht einem dann an die Substanz. Hier bin ich froh dass ich mich getraut habe, das anzusprechen und dann direkt eine Lösung gefunden wurde. Außerdem waren nicht alle Schulen so gut ausgestattet wie andere. Und man muss aufpassen, dass man die vorgegebenen 37.5 Stunden gut verteilt und auch Puffer lässt für Meisterschaften und längere Einsätze. 
Zu meinem Einsatz von Zwiebeln stehe ich,  ich wurde davor von Walters „Zwiebelallergie“  nicht genug gewarnt! 
 
6. Welche Vorteile hat der FSJler, der Bufdi für einen Verein, deiner Meinung nach?
Der Verein bekommt einen tollen jungen Mitarbeiter der Vollzeit fürs Schach brennt. Was will man mehr? Schulschach, Jugendtraining, Betreuung von Mannschaften, Schiedsrichter, Ansprechpartner für die Kids… Der FSJler ist das ganze Jahr da und kennt alle. Ein Gewinn für jeden Verein der Kapazität für sowas hat. Ich kann es nur empfehlen.