Kandidatenturnier

GM Gerry Hertneck kommentiert die 2. Runde des Kandidatenturniers

Die Partien im Kandidatenturnier beginnen ja nach europäischer Ortstzeit recht spät, nämlich um 20:30 Uhr, und die Übertragung ist noch mal um 15 Minuten verzögert. Somit enden die Partien oft erst nach Mitternacht. Aus diesem Grunde schaue ich mir sie oft erst am nächsten Tag an. Ich bin dann wirklich erstaunt, was da für ein Feuerwerk an Ideen und taktischen Motiven geboten wird. Manche Züge verstehe ich beim besten Willen nicht, wie zum Beispiel der Einschlag Lxh3 von Vidit. Das ist weit über meinem Niveau. Die taktische Rechtfertigung lautete 1.gxh3 Db8!, und falls 2.Lf4 dann folgt Lc7, und falls der Springer gleich wegzieht, dann folgt natürlich Dg3+, wie mir die Engine verriet.

Am schlimmsten sind bei der Übertragung natürlich die Kommentare der Amateure, da graust es einen, auf welchem schachlichen und menschlichen Niveau die unterwegs sind. Manchmal hat man wirklich den Eindruck, dass der Bildungsstand weltweit immer neue Tiefpunkte erreicht, oder wie soll man sich das sonst erklären, was da für ein Blödsinn verzapft wird? Im Grunde müsste jeder für mindestens 24 Stunden gesperrt werden, wenn er sich mal wieder daneben benommen hat.

Was gibt es sonst noch zum Kandidatenturnier zu sagen? Das der Männer ist deutlich spannender als das der Frauen. Nichts gegen die Frauen, die ja auch zu den besten der Welt gehören, aber das ist schon noch mal ein deutlicher Klassenunterschied.

Und dann muss man noch sagen, dass die gestrige zweite Runde so spannend war wie lange nicht. Hier wurde wirklich Kampfschach vom Feinsten geboten! Ich hatte nicht erwartet, dass es gleich so zur Sache geht!