Juli 27, 2024

Fischer Random, Chess960, Freestyle Chess als neuartiges Forschungsinstrument

Fischer Radom / Chess960 / Freestyle Chess erhalten gerade sehr viel Aufmerksamkeit.  Vielleicht hatten Sie schon das (orientierungslose) Vergnügen oder wollen es ausprobieren.  Diese Schachvariante ermöglicht auch ein innovatives Forschungsvorgehen zur Untersuchung kognitiver, emotionaler, motivationaler und körperlicher Erfahrungen sowie deren ganzheitlichem Zusammenwirken. Hierzu erste (fast zufällige) Anregungen;

Jede(r) kann potentiell daran teilnehmen und mitforschen, wenn er/sie mittels Selbstbeobachtung (und danach Selbstreflektion) eigenes Erleben, Denken usw. festhält – gerne auch bei den Kommentaren (unten)

Methodische Anregungen

Introspektion / Selbstbeobachtung

Merkmale und Formen introspektiven Vorgehens (nach Munzert 1982, 1983, 1984, 2015):

Die Introspektion betreibende Person 
– richtet ihre Aufmerksamkeit, ihre Wahrnehmung (absichtlich) 
– auf eigene 
– innere (von aussen nicht direkt beobachtbare) 
– psychische bzw. informationsverarbeitende (kognitive / motivationale / emotionale) Erlebnisse, Prozesse und Inhalte 
– die bewusst oder bewusstseinsfähig sind 
– um diese zu erfassen, festzuhalten und/oder 
– als verbale Informationen anderen zu übermitteln.

In Psychologie, Handlungsforschung, Kognitiver Wissenschaft, Gehirnforschung, Neuroscience und NeuroComputing finden sich mehrere Verfahren, die auf introspektivem Vorgehen beruhen:

– Systematische Selbstbeobachtung (im Zusammnhang mit einem Experiment) 
– Lautes Denken 
– Gedankenstichprobe 
– Technik der Selbstkonfrontation (von Cranach u.a. 1980) 
– Manche Formen von Interview und Forschungsgespräch 
– (in Echtzeit oder rückblickend) 
– kombiniert mit Handlungsbeobachtung 
– gegebenenfalls ergänzt durch physiologische Beobachtungen und bildgebende Verfahren.

Und aktuell beim Freestyle Chess Weissenhaus (2024):

Ein Turnier der Superlative für 150 Millionen Fans

..die ‚Confession Booth‘. Der Beichtstuhl, sagt der Essener Großmeister Sebastian Siebrecht und lacht. Es ist eine kleine Zelle, in der ein Rechner steht mit einer Webcam. Die Spieler kommen während der Partien in diese Box und geben eine Einschätzung zur Partie aus ihrer Sicht. Diese Kommentare gehen live in alle Welt, auch das ist neu bei diesem Turnierformat.“

Bewusstseinsprozesse, Gedanken- und Handlungsverläufe beim Schachspielen. u.a.

Inneres Reden

Mustererkennung (reduziert bei Chess960)

Bildhafte Vorstellungen

Bewusstseinsinhalte / -lagen:

Informationsaufnahme, Überlegungen, Strategien, Taktik, Einfälle, Zweifel, Unsicherheit, Entscheidungen…

Das wäre auch interessant,  falls Ihnen diese Schachvariante nicht gefallen sollte.  Klassisches Schach und Leben sind ja  komplex, schwer und schön genug. Aber alles kann ja noch schwerer und schöner werden!?

Dr. Reinhard Munzert