Markus Angst – 2024 feiert die Schweizer Jugendschachstiftung ihr 50-Jahr-Jubiläum. Aus diesem Anlass finden Sie im laufenden Jahr auf der Website des Schweizerischen Schachbundes (SSB) jeden Monat und in allen sechs Ausgaben der «Schweizerischen Schachzeitung» einen spannenden Artikel über die Welt des Schweizer Jugendschachs – heute ein Interview mit David Lugeon, Präsident des in der Jugendförderung stark engagierten Club d’échecs Nyon.
Die drei Waadtländer Schachklubs mit einer Vorreiterrolle in der Förderung von Junior(inn)en stammen alle aus einer mittelgrossen Stadt und spielen in ihrer Region eine führende Rolle: Payerne in der Broye, Echallens in Gros-de-Vaud und Nyon an der Côte, nur wenige Kilometer von Genf entfernt. Der Club d’échecs de Nyon setzt seit fast 30 Jahren erfolgreich auf die Jugendarbeit.
David Lugeon trat dem CE Nyon im Alter von 14 Jahren bei und ist seit 2004 (mit einem kleinen Unterbruch) dessen Präsident. Zuvor übte er die Funktion des Jugendleiters aus. «Wir haben die Schule wiederbelebt mit…null Juniormitgliedern! Es war sehr schwierig, diese Lücke zu schliessen, um wieder einen Rhythmus zu finden, der einer Schachschule würdig ist. Aber dank der hervorragenden Betreuerteams haben wir es geschafft», freut er sich.
Wie viele Mitglieder, darunter auch Junior(inn)en, hat der Schachklub Nyon?
David Lugeon: Die Mitgliederzahl schwankt ein wenig. Oft sind es etwa 70 Erwachsene und 90 Jugendliche. Der Verein wurde 1916 gegründet. Wir hatten grossartige Feierlichkeiten zum 100-Jahr-Jubiläum 2016!
Ihr Verein hat eine unglaubliche Situation beim Nachwuchs. Haben Sie sich jemals dazu entschlossen, auf die Ausbildung zu setzen?
Nicht wirklich. Als ich die Bewegung wiederbelebte, muss ich 19–20 Jahre alt gewesen sein. Ich war von guten Spielern umgeben, die alle freiwillig und motiviert waren, und leitete die Kurse im Turnus. Ich verfolgte zwei Ziele: Erstens ein soziales, indem ich den Jugendlichen unserer Stadt eine gesunde Aktivität anbot. Und zweitens, um junge Leute in unsere aktiven Mannschaften zu bringen. Lange Zeit wurde nur das erste Ziel erreicht, da die Jugendlichen oft im Gymnasialalter aufhören. Um die Mitglieder zu binden, mussten wir noch mehr Mitglieder und damit auch mehr Kursangebote haben. Denn die Jugendlichen bleiben, wenn sie ihre Freunde im Verein haben. Nach einiger Zeit gab es aber auch paar, die nach dem Studium in den Klub zurückkehrten.
Hat Ihr Verein einen stetigen Zuwachs an Junioren erlebt?
Die Ausbildung war schon immer wichtig. Das Wachstum war also immer da, ziemlich gleichmässig. Wir haben immer versucht, mit geringen Mitteln auszukommen, um die Mitgliederbeiträge niedrig zu halten. Wir hatten mit Thierry Branca einen so dynamischen Jugendleiter, dass das Wachstum in den 2000er-Jahren explosionsartig beschleunigt wurde – immer mit der gleichen Philosophie. Und Pascal Guex ist der Betreuer, der alles miterlebt hat, alle Reformen und das Wachstum. Er ist fabelhaft, liebt kleine Gruppen und hat in den letzten 25 Jahren unsere besten Jugendlichen ausgebildet. Er passt sich jeder Reform und jeder Politik an und kommt mit allen gut aus. Ein aussergewöhnlicher Betreuer.
Konnten Sie mit den begrenzten Mitteln wirklich weitermachen?
Nicht wirklich. Vor kurzem hat der Klub eine neue Stufe erreicht. Diesmal musste eine grössere finanzielle Investition getätigt werden, da es notwendig wurde, zusätzliche Leistungen anzubieten – insbesondere für unsere talentiertesten Jugendlichen. Das Schlüsselbeispiel ist die Begleitung bei den Qualifikationsturnieren, auch auf der anderen Seite der Schweiz. Der Verein stellte daraufhin IM Sébastien Joie ein, der für die gewünschte zusätzliche Dimension sorgte, die der Verein zuvor nie gekannt hatte. Das ist wichtig, das wird uns immer mehr bewusst.
Worauf ist der enorme Erfolg Ihres Turniers von Signy zurückzuführen?
Der Rahmen war zunächst eine grosse Herausforderung: In einem Einkaufszentrum ist es laut! Es ist ganz anders als in einem ruhigen Raum. Einige wenige Spieler mögen es überhaupt nicht und kommen nicht. Aber die meisten schaffen es, ihre eigene Blase zu bilden und geniessen die ultra-sichtbare Atmosphäre. Seit vielen Jahren locken wir die Teilnehmer mit der Tatsache, dass Nyon sich durch einen kleinen Unterschied, ein Detail, auszeichnet: Jedes Kind wählt seinen Preis – die Preise sind fast alle unterschiedlich. Signy ist eigentlich ein Nachfolger des «Turniers von Nyon», das 1998 ins Leben gerufen wurde, als dies bereits der Fall war. Thierry Branca, der den Umzug nach Signy initiiert hatte, behielt diese Idee bei, was den Kindern sehr gefällt. Es ist klar, dass ein selbst gewählter Preis, der 5 Franken kostet, einem Kind mehr Freude bereitet als ein einziger Preis, der 10 Franken kostet. Andererseits ist es eine Menge Arbeit im Vorfeld: Thierry Branca kauft das ganze Jahr über Preise für das nächste Turnier! Letztes Jahr hatten wir 230 Teilnehmer an den beiden Tagen: 70 am Freitag und 160 am Samstag.
Was sind die Herausforderungen Ihres Klubs in den nächsten Jahren?
Die Ausbildung steht immer an erster Stelle. Die grösste Herausforderung des Jahrzehnts ist mit der jüngsten Reform und der verstärkten Begleitung bei Turnieren und Wettkämpfen erfüllt. Als nächste Herausforderung hat ein Lehrer, David Berset, die geniale Idee einer Schule, die auf dem Bild von Spiderman basiert. Die Kinder sind begeistert. Der Vorstand hatte schon immer die Angewohnheit, alle Initiativen so weit wie möglich zu unterstützen. Ausserdem werden wir demnächst die Kleidung unserer Jugendlichen für Turniere und Wettkämpfe ändern. Der Schwerpunkt wird also dank des Impulses von David Berset auf der Gruppenzugehörigkeit und der Freude daran liegen, ein Teil der Gruppe zu sein.
Wir kennen Dorian Asllani als einen Ihrer erfolgreichen Junioren. Haben Sie noch weitere Nachwuchs-Schweizer-Meister oder vielversprechende Junioren in Ihren Reihen?
Dorian ist in unserer Ausbildung eine Ausnahme, das muss man zugeben. Sein Schlüsseltrainer ist zufällig Pascal Guex. Derselbe, der Numa Bertola mit dem Virus infiziert hat, dem ersten Junioren, der in den 2000er-Jahren im Klub ausgebildet wurde und in die nationale Liga aufgestiegen ist. Dorian hat eine kometenhafte Entwicklung genommen. Seine Zeitinvestition ist vorbildlich. Aber nicht alle Jugendlichen können so viel investieren, da sie der Schule und dem Studium Vorrang einräumen müssen. Wir begleiten, coachen und respektieren die gewünschte Investition in diese Leidenschaft. Veronika Kostina, die ebenfalls im Verein ausgebildet wurde, ist fast 20 Jahre alt und studiert in den USA. Sie ist ein wunderbares Beispiel bei den Mädchen. Derzeit haben wir ein tolles, vielversprechendes Team, und wir werden sehen, ob sich die eine oder andere auszeichnet. Dorian darf keine Ausnahme bleiben.
Wie begleiten Sie sie konkret?
Wir werden immer versuchen, die Qualität der Kurse zu steigern. Im Moment ist es wirklich gut! Was uns gefehlt hat, war die Unterstützung bei weit entfernten Wettkämpfen, insbesondere bei Qualifikationsturnieren. Das ist jetzt behoben. Jetzt geht es darum, Wege zu finden, um die Fortschritte durch dieses Coaching zu steigern. Es ist kein Wunder, dass man den Jugendlichen das Lernen schmackhaft machen muss. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die Schüler Lust haben, individuell zu arbeiten. Der Schachlehrer, der da ist, um zu erklären, weicht nach und nach dem Begleiter, sowohl im wörtlichen (Turniere) als auch im übertragenen Sinne (Lernen). Der Schwerpunkt liegt also auf «mehr spielen». Training allein reicht nicht aus. Die Zusammenarbeit mit der Coupe du Léman juniors ist hier grundlegend. Die Arbeit von David Monnier (Leiter der Schachschule der Broye in Payerne) ist in dieser Hinsicht bemerkenswert. Nyon will mitspielen, indem es einen Tag beherbergt, um seinen Teil beizutragen. Aber die Coupe du Léman juniors ist das Beste, um den Mannschaftswettbewerb zu beginnen. Er ist ein Bindeglied zwischen den verschiedenen Ebenen des Wettbewerbs:
> Aktivschachturniere (erste Schritte)
> Kategorie C des Coupe du Léman junior (muss mitschreiben können).
> Kategorie A oder B
> Aktivmannschaften (SMM und SGM) und SJMM.
Dieses Jahr wird das 50-jährige Bestehen der Schweizer Jugendschachstiftung gefeiert. Haben Ihr Klub oder Ihre Junioren direkt oder indirekt von dieser Stiftung profitiert?
Direkt eigentlich recht wenig. Die Stiftung unterstützt das Turnier in Signy mit einer kleinen finanziellen Geste, wofür wir ihr herzlich danken! Indirekt profitieren unsere Junioren des Kaders und insbesondere Dorian Asllani von den Turnieren, die von der Stiftung unterstützt werden.
Interview: Bernard Bovigny/Übersetzung: Markus Angst
Werden Sie Donator(in) der Jugendschachstiftung!
Um das Schweizer Jugendschach auch in Zukunft tatkräftig unterstützen zu können, ist die Jugendschachstiftung auf möglichst viele Donator(inn)en angewiesen. Diese verpflichten sich, die Stiftung während fünf Jahren jährlich mit mindestens 500 Franken zu unterstützen.
Auch sonstige Spenden von Privaten oder Firmen sind sehr geschätzt (IBAN CH47 0483 5002 7259 9000 0 bei Credit Suisse). Sie können die Jugendschachstiftung auch in Ihrem Testament begünstigen.
In vielen Kantonen können Spenden die Jugendschachstiftung von den Steuern abgezogen werden. Das gespendete Geld kommt uneingeschränkt der schachinteressierten Jugend zugute, da der Stiftungsrat ehrenamtlich arbeitet.
Die Jugendschachstiftung wird von einem achtköpfigen Stiftungsrat geführt. Diesem gehören neben Präsident Michael Hochstrasser auch André Vögtlin (Zentralpräsident), Peter A. Wyss (ehemaliger SSB-Zentralpräsident), Adrian M. Siegel (ehemaliger SSB-Zentralpräsident), Ruedi Staechelin (ehemaliger SSB-Zentralpräsident), Rahel Umbach (Coach Juniorenkader), Gundula Heinatz Bürki (ehemalige Präsidentin der SSB-Turnierkommission) und Lindo Duratti (Regionalcoach West) an.
Website Schweizer Jugendschachstiftung)
Kontakt: Michael Hochstrasser, Präsident
In der «Schweizerischen Schachzeitung» 1/24 finden Sie ein ausführliches Interview mit Michael Hochstrasser.
Lesen Sie in der nächsten Folge im März einen Artikel über das Swiss Young Masters, das die Jugendschachstiftung seit Jahren unterstützt.
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