November 21, 2024

German Masters | Runde 7

Im offenen Turnier gaben sich die Spieler in der siebten Runde die Klinke in die Hand. Von vier Partien fanden insgesamt fünf einen Sieger. Der Tag der entscheidenden Partien wirbelte die Situation an der Tabellenspitze noch einmal kräftig durcheinander.

Für das einzige Remis des Tages sorgten Frederik Svane und Matthias Blübaum. Eine ruhige Partie in der Nimzoindischen Verteidigung mündete schnell in ein abgelehntes Damengambit, in dem Matthias mit hängenden Bauern spielte. Zwar gelang es Frederik, das dynamische Bauernduo zu sprengen und in Bewegung zu zwingen, doch eine Ungenauigkeit ließ seinen Vorteil verpuffen. Dem Generalabtausch ins Schwerfigurenendspiel folgte die schnelle Punkteteilung.

Daniel Fridman gelang mit Weiß der erste Sieg gegen den bisher sensationell aufspielenden C-Kaderspieler und Deutschen Meister 2022, Leonardo Costa. Im damenlosen Mittelspiel opferte Leonardo einen Bauern für aktives Spiel. Die richtige Idee vor Augen verpasste Leonardo jedoch im 30. Zug den Einschub von zwei Zügen. Die Folge: Daniel konnte nicht nur seinen Mehrbauern konsolidieren, sondern später auch mit beiden Türmen auf der siebten Reihe eindringen. Materialgewinn mit anschließender guter technischer Verwertung waren die Folge. Heimlich, still und leise hat sich Daniel so mit zwei Siegen gegen die nominellen Außenseiter in Reichweite des Turniersieges gebracht.

Ein weiterer Sieg gelang Rasmus Svane gegen Jonas Roseneck. In typischer Rasmus-Manier zog der Lübecker aus der Eröffnung heraus die positionellen Daumenschrauben an und machte mit seiner Damenflügelmajorität und einem wilden Turm auf der sechsten Reihe mächtig Druck. Mit einer petite combinaison à la Capablanca gewann Rasmus unter Ausnutzung der schwarzen Grundreihenschwäche einen wichtigen Bauern, der in Verbindung mit einem guten Springer gegen einen schlechten Läufer zum vollen Punkt verwertet wurde.

Einen überraschenden ganzen Zähler holte Alexander Donchenko als Nachziehender gegen Michael Prusikin. Der Bayer hatte gegen Alexanders Königsindische Verteidigung die solide, ruhige und sichere Abtauschvariante gewählt und damit frühzeitig zu erkennen gegeben, dass er auf die kritischen, aber zweischneidigen Hauptvarianten verzichten und mit einer Punkteteilung nicht ganz unzufrieden sein würde. Figur um Figur, Bauer um Bauer verschwanden in Windeseile vom Brett, bis Alexander in einem unscheinbaren Endspiel mit jeweils Turm und drei Bauern einen studienartigen Weg zum Sieg fand, nachdem Michael unter ungünstigen Umständen seinen entfernten Freibauern aufgegeben hatte.

Der größte Glückspilz war jedoch nicht Alexander, sondern der ebenfalls Führende Dennis Wagner. Mit Weiß stand er gegen Christopher Noe aus der Eröffnung heraus zunächst schlecht und dann nach einem Alles-oder-Nichts-Angriff objektiv auf Verlust. Lange Zeit spielte Christopher die besseren Züge und baute seinen Vorteil Stück für Stück aus. Doch im 26. Zug schlug er überhastet einen von Wagners Läufern. Die Folge: Das weiße Dame-Springer-Tandem stellte eine nicht mehr zu parierende Mattdrohung auf, da neben dem Punkt g7 auch die Grundreihe von Noe geschwächt war. Nach 31 Zügen konnte Dennis einen weiteren vollen Punkt auf seinem Konto verbuchen.

Damit führen nach sieben Runden Dennis Wagner und Alexander Donchenko (je 5/7) das Turnier an. Beide haben es in den letzten beiden Runden mit Spielern aus der hinteren Tabellenhälfte zu tun, sodass es möglicherweise zu einem Fernduell kommen könnte. In Lauerstellung liegen Daniel Fridman und Rasmus Svane (je 4,5).
Bei den Frauen war die siebte Runde eine völlig verrückte Runde. Ein kapitaler Aussetzer im 6. Zug, zwei Stellungen die sich komplett drehten, ein Turmendspiel mit vier gegen drei Bauern an einem Flügel, das gewonnen wurde. Und die längste Partie des Tages war die Einzige, die Remis ausging.

Pl. Titel Name DWZ Pkt SoBe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
1. GM Alexander Donchenko 2694 5,0 17,25 * ½ ½ ½ 1 ½   1 1  
2. GM Dennis Wagner 2592 5,0 15,25 ½ * ½ ½   ½ 1 1   1
3. GM Daniel Fridman 2566 4,5 14,25 ½ ½ * ½   1 ½   ½ 1
4. GM Rasmus Svane 2631 4,5 13,75 ½ ½ ½ * ½   ½   1 1
5. GM Matthias Blübaum 2664 4,0 10,50 0     ½ * ½ ½ 1 1 ½
6. FM Leonardo Costa 2361 3,5 11,75 ½ ½ 0   ½ * ½ ½ 1  
7. GM Frederik Svane 2627 3,0 10,00   0 ½ ½ ½ ½ * ½   ½
8. IM Christopher Noe 2506 2,5 5,25 0 0     0 ½ ½ * ½ 1
9. GM Michael Prusikin 2497 2,0 4,50 0   ½ 0 0 0   ½ * 1
10. IM Jonas Roseneck 2378 1,0 3,50   0 0 0 ½   ½ 0 0 *

Bei Josefine Heinemann sah es schon früh nach einem siegreichen Tag aus. Fiona Sieber war im 6. Zug bereits in eine Falle getappt, die einen Figurenverlust zur Folge hatte. Es wurde zwar noch etwas gekämpft, aber zu holen war da nichts mehr. Im Interview blickt Josefine auf die Partie, ihr Turnier und den Kampf um die Plätze in der Nationalmannschaft.

Zoya Schleining hatte gute Chancen, Jana Schneider von der Tabellenspitze zu stoßen. Objektiv gerechtfertigt war Janas Qualitätsopfer im 12. Zug nicht. Aber einfach war die Stellung auch nicht, auch wenn Zoya lange gut stand. Im 28. Zug übersah sie die Gelegenheit mit Dd6 gefolgt von Td1 den Sack zuzumachen. Nach dieser verpassten Gelegenheit fand Zoya nicht mehr die richtigen Wege, dem gegnerischen König zu Leibe zu rücken. Das Kampfesglück drehte sich und auf einmal jagte Jana Zoyas König übers halbe Brett, bis dieser nach einer Reise von g1 bis c6 im Mattnetz zappelte!

Hanna Marie Klek hatte ähnliche Probleme wie Jana. Sarah Papp riss Hanna Maries Königsstellung auseinander, stellt Drohungen an beiden Flügeln auf und war kurz davor, den Tag mit einem ganzen Punkt zu beenden. Aber auch sie fand nicht den „Ausmacher“ und ließ Hanna Marie in die Partie zurückkommen. Hanna Maries König war auf einmal irgendwie sicher und plötzlich entschied ihr Freibauer in der d-Linie die Partie zu ihren Gunsten.

Dinara Wagner stand nie schlechter, sondern konnte sich gegen Lara Schulze sogar ein Turmendspiel mit Mehrbauern erarbeiten. Das Problem: vier gegen drei Bauern am selben Flügel im Turmendspiel sind nur schwer zu gewinnen. Aber auch hier kam es anders. Geduldig stellte Dinara immer wieder neue Fragen, bis Lara im 67. Zug tatsächlich den einzigen Zug finden musste, der nicht verliert und diesen eben nicht fand. So konnte sie mit einem heraus gekneteten ganzen Punkt zu den Jana und Hanna Marie aufschließen.

Zwischen Melanie Lubbe und Luisa Bashylina wurde ein Kampf mit beidseitig offenem Visier geführt. Gegen Luisas sizilianische Verteidigung rochierte Melanie zwar klassisch kurz – doch das hielt sie nicht davor ab, ihre f- und g-Bauern für einen gefährlichen Angriff nach vorn zu schieben. Das Schlachtenglück wechselte dabei zwischendurch und hüben wie drüben wurden in komplizierter Stellungen Möglichkeiten ausgelassen, die Partie womöglich zu den eigenen Gunsten zu entscheiden. Melanie gelang es zwar noch, mit einem Mehrbauern ins Endspiel zu kommen. Doch aufgrund des reduzierten Materials war am Ende nicht mehr als ein Remis zu holen, da Luisa ihre letzte Figur für Melanies Bauern opfern konnte. Eine spannende Partie fand damit keine Siegerin.

Bei den Frauen führen Dinara Wagner, Jana Schneider und Hanna Marie Klek alle mit 5,5 Punkten aus sieben Partien. Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass eine dieser drei Spielerinnen das Masters gewinnen wird.

l. Titel Name DWZ Pkt DV SoBe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
1. WGM Jana Schneider 2302 5,5   17,75 * ½ ½   1 1 1 1   ½
2. WGM Dinara Wagner 2510 5,5   16,75 ½ *   ½ 1 1 1 ½ 1  
3. WGM Hanna Marie Klek 2340 5,5   15,00 ½   * ½ 1   1 1 1 ½
4. WGM Josefine Heinemann 2310 4,0   11,25   ½ ½ * 0 ½   ½ 1 1
5. IM Zoya Schleining 2332 3,5   8,25 0 0 0 1 *   ½   1 1
6. FM Lara Schulze 2305 3,5   7,00 0 0   ½   * 0 1 1 1
7. WFM Luisa Bashylina 2183 2,5   7,00 0 0 0   ½ 1 * ½ ½  
8. WGM Sarah Papp 2276 2,0   6,75 0 ½ 0 ½   0 ½ *   ½
9. WGM Melanie Lubbe 2278 1,5 1 2,75   0 0 0 0 0 ½   * 1
10. WGM Fiona Sieber 2294 1,5 0 6,50 ½   ½ 0 0 0   ½ 0  

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