«Im kommenden Jahr findet ein neues, grosses Turnier der Schweizer Schach Senioren in Bern statt» (Kopie)
Markus Angst – Anton Brugger ist Präsident der Schweizer Schach Senioren (SSS). Wie geht es der Seniorenvereinigung, die bald 600 Mitglieder zählen wird?
Sie haben kürzlich am Seniorenturnier in Pontresina teilgenommen. Sind Sie zufrieden mit Ihrer Leistung am Brett?
Überhaupt nicht. Ich habe keine einzige gute Partie gespielt und teilweise unglaubliche Fehler gemacht.
Kein Wunder. Sie hatten ja auch die Verantwortung als Turnierorganisator.
Das stimmt. Ich war Turnierorganisator und auch Turnierleiter. Dies aber gilt nicht als Entschuldigung für die schlechte spielerische Leistung. Der Turnierverlauf war – wie immer bei den Schweizer Schach Senioren – perfekt. Kein einziger kritischer Fall. Während dem Turnier herrschte eine grossartige, kameradschaftliche Atmosphäre.
Diese spezielle Atmosphäre ist bei den Schach Senioren Turnieren bekannt. Gilt dies denn auch am Brett?
Ja, das ist wirklich wahr. Ein persönliches Erlebnis von mir: Mein Gegner offeriert in einer kompletten Verlust-Stellung mit einem Lachen Remis. Auf meine Ablehnung sagt er: «Dann gebe ich halt auf.» Oder es folgt ein schriftliches Remisangebot auf der Rückseite des Partieformulars. Die Rückantwort ebenfalls auf diesem Formular, wiederum schriftlich: «Ich habe es gehört.»
Wie viele Turniere pro Jahr organisieren die Schweizer Schach Senioren?
Insgesamt zehn – davon sieben in Hotels.
Und wie sieht es in Zukunft aus? Gibt es Neuerungen?
Ja, bisher hatten wir zwei grosse Turniere mit je rund 100 Teilnehmer(inne)n Anfang Jahr in Zürich. Ab 2024 wird im November ein solches Turnier auch in Bern stattfinden.
Und bei den Online-Turnieren sind die SSS auch dabei. Wie läuft denn dies konkret ab?
Jeweils ein paar Tage vorher erhalten alle in Lichess registrierten Senior(innen)en – das sind zurzeit 160 – eine Einladung mit dem entsprechenden Link. Dies sowohl für das «eigene» Turnier als auch für den Wettkampf in der Swiss Team Battle. Allerdings ist die Spielbeteiligung eher gering. Ich denke, es herrscht eine gewisse Müdigkeit im Online-Schach.
Es scheint auch kritische Senioren und Seniorinnen zu geben. Sie wollen beispielsweise, dass sich die Resultate der Seniorenturniere auch auf die Führungsliste auswirken.
Es gibt hier immer unterschiedliche Meinungen. Der Vorstand hat sich eingehend damit beschäftigt. Einige Senioren spielen nur Turniere, welche nicht gewertet werden. Im kommenden Jahr werden sechs von zehn Turnieren gewertet.
Beim 50-Jahr-Jubiläum der Schweizer Schach Senioren im Jahr 2016 sprach man von einer Erfolgsgeschichte der Seniorenvereinigung. Ist das immer noch der Fall?
Ja, das trifft zu 100 Prozent zu. In jedem Jahr wächst unser Verein um rund zehn Mitglieder. Die Anzahl Turniere und das – in aller Bescheidenheit gesagt – ausserordentlich hochstehende, informative Bulletin nach jedem Turnier werden sehr geschätzt. Dank der kostenlosen Arbeit des Vorstandes kann der Mitgliederbeitrag von 40 Franken pro Jahr beibehalten werden. Wir stellen auch fest, dass das ELO-Niveau der Zugänge relativ hoch ist. Dies spricht für die Attraktivität unseres Vereins.
Wie sehen denn die Zahlen aus bei der Anzahl Mitglieder?
Wir erreichen bald die Marke von 600 Mitgliedern. Der Eintritt ist ab dem 60. Altersjahr möglich.
Eure Website kommt auch gepflegt daher. Gibt es da trotzdem Ideen oder Pläne?
Wir sind stolz auf unsere Webseite. Ideen und Pläne sind eigentlich immer vorhanden. Unser Credo: Die Webseite muss immer aktuell sein. Beiträge, Resultate müssen jeweils sehr schnell erscheinen.
Was bereitet dem Vorstand der SSS denn noch Bauchschmerzen?
Eigentliche Bauchschmerzen haben wir keine. Die sehr schwierige Situation ist jeweils die Nachricht vom Todesfall eines Mitglieds. Dies kommt bei uns pro Jahr leider zirka zehnmal vor.
Eine alte Problematik ist das Einbinden der Romandie und der Tessiner ins Jahresprogramm der SSS. Gibt es dazu Neues?
Das Tessin ist eigentlich gut integriert. Bis zu diesem Jahr fand jeweils ein Turnier in Ascona statt. Dies wird ab 2024 nicht mehr der Fall sein, da im gleichen Monat, im November, neu ein grosses Turnier in Bern durchgeführt wird. Damit hoffen wir, für unsere Westschweizer Kollegen eine weitere attraktive Spielmöglichkeit zu bieten.
Die Tessiner werden aber nicht frohlocken.
Das stimmt. Wir haben dies im Vorstand eingehend diskutiert. Unsere Tessiner Kameraden spielen auch an den anderen Hotelturnieren in Bad Ragaz, Laax und Pontresina eifrig mit. Am Ascona-Turnier waren bisher viele Spieler aus der übrigen Schweiz dabei.
Wir dürfen sicherlich auch übers Geld reden. Wie sieht in dieser Hinsicht die Situation bei den Schweizer Schach Senioren aus?
Finanziell sind wir in einer sehr guten Situation. Die Gründe: Erstens runden viele Schachsenior(inn)en den Jahresbeitrag zum Teil massiv auf. Das freut uns sehr, betrachten wir dies doch als Anerkennung für die Arbeit des Vorstands. Zweitens arbeitet der Vorstand vollständig unentgeltlich – einzig die Spesen werden vergütet. Ich bin darüber mächtig stolz. Hoffentlich bleibt das auch in Zukunft so.
Können Sie uns Ihr schlaues «Kickback-System» erklären?
Ich zitiere aus der «Schweizerischen Schachzeitung», Ausgabe 3 des Jahres 2016. Auf der Seite 18 steht am Schluss eine Erklärung: (…) «Zu den clever ausgehandelten Deals – sehr günstige Hotelpreise – mit den Hoteliers gehört auch, dass diese einen Prozentsatz der von den Spielern bezahlten Hotelkosten in die Kasse der Schweizer Schach Senioren zurückvergüten. Dieses ‚Kickback‘-Abkommen ist für die Seniorenvereinigung überaus attraktiv, trägt es doch zu gut einem Drittel des Jahresbudgets bei. Wir sind stolz auf dieses System. Es hat sich sehr bewährt und bleibt weiterhin in Kraft. Die Spieler müssen andererseits keinen Turnierbeitrag leisten.»
Interessant ist auch, dass die Schweizer Schach Senioren nach einem Turnier auch ein Bulletin erstellen. Können Sie uns das auch noch präzisieren?
Nach jedem Turnier wird tatsächlich ein umfangreiches Bulletin erstellt. Gelegentlich erfolgt bei kleiner Beteiligung ein Bulletin für zwei Turniere. Es wird farbig in Glanzpapier gedruckt und jeweils allen Mitgliedern zugestellt. Auch unsere Mitglieder im Ausland erhalten ein Exemplar.
Was enthält das Bulletin, und kommt es sowohl layouterisch als auch inhaltlich professionell daher?
Ich halte mit Stolz fest, dass dies absolut zutrifft. Es ist jedoch mit grossem Aufwand verbunden. Unser Chefredaktor Heinrich Scherrer und seine Mitarbeiter Jürg Morf und Matthias Rüfenacht leisten diese Arbeit mit sehr grossem Engagement. Die Beiträge sind sehr an die Wünsche und Ansprüche unserer Mitglieder angepasst. Wir legen Wert auf ein Bulletin mit Unterhaltungswert und nicht unbedingt auf eine Schach-Fachzeitschrift. Die Bulletins sind auf unserer Webseite unter «Dokumente» ersichtlich und sehr zu empfehlen.
Neben dem Schach spielt bei den SSS ja auch das Rahmenprogramm eine wichtige Rolle. Können Sie uns dazu auch etwas Konkretes schildern?
Bei unseren Hotelturnieren werden zusätzliche Anlässe durchgeführt. Vorträge jeglicher Art von Mitgliedern über Hobbies und die Berufswelt sind immer sehr willkommen. Am spielfreien Samstag werden nach Möglichkeit Ausflüge, Wanderungen oder Besichtigungen organisiert. Schachlich werden Blitzturniere, Simultanvorstellungen und Problemlösungsturniere durchgeführt.
Die Schweizer Schach Senioren sind ja seit 2017 beim Schweizerischen Schachbund integriert. Fühlen Sie sich wohl?
Wir fühlen uns beim SSB sehr gut aufgehoben. Die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen ist ausgezeichnet und sehr freundschaftlich – dafür vielen Dank!
Und was könnte man noch verbessern?
Dazu fällt mir gegenwärtig nichts ein. Wir erhalten jedoch sehr viele Vorschläge von unseren Mitgliedern. Über diese Vorschläge sind wir sehr froh, können sie doch teilweise sehr rasch umgesetzt werden.
Was motiviert Sie persönlich, Präsident der Schweizer Schach Senioren zu sein?
Die Nachfolge unseres lieben Kameraden Karl Eggmann war für mich sehr arbeitsintensiv. Ich bin sehr motiviert und habe mächtig Spass. «Schuld daran» ist die ausgezeichnete und perfekte Zusammenarbeit im Vorstand. Jeder macht einfach und äusserst zuverlässig seinen Job. Ein Dankeschön sei hier angebracht. Die vielen Komplimente an uns sind einfach wunderbar.
Und aus welchem Hauptgrund spielen Sie denn noch Schach abgesehen von der Tatsache, dass es geistig fit hält?
Obwohl meine schachliche Leistung in letzter Zeit für mich nicht zufriedenstellend ist, macht mir das Schach immer noch mächtig Freude. Turniere bei uns Schweizer Schach Senioren sind immer ein richtiger «Aufsteller». Im Übrigen darf ich mit den Junioren des Schachklubs Cham jeweils SMM und SGM spielen. Das ehrt mich sehr.
Interview: Graziano Orsi
Facts & Figures zu Anton Brugger
Wohnort: Steinhausen/ZG.
Alter: 75.
Beruf: Heute natürlich pensioniert. Früher eidg. dipl. Versicherungsfachmann.
Hobbys: Bergsteigen (früher Haupthobby), heute Schach und Velofahren.
ELO (Schweiz): 1866 (Liste 4/23, an drei Seniorenturnieren um 120 Punkte getaucht).
Klubs: Schachclub Cham und Schweizer Schach Senioren.
Lieblingsschachspieler: Magnus Carlsen. Der Typ muss mental unwahrscheinlich stark sein. Ich glaube, die mentale Stärke ist im Schach ein sehr wichtiger Faktor.
Schach-Buchtipp: Ich erwähne hier «Mein System» von Nimzowitsch, obwohl ich eigentlich viele Endspielbücher studiert habe.
Weblink
Vorstandsmitglieder der Schweizer Schach Senioren
Anton Brugger, Präsident und Turnierleiter
Jürg Morf, Vizepräsident, Schachredaktion
Josef Germann, Mitgliederverwalter
Jutta Sobernheim, Finanzen, Frauenschach
Eugen Fleischer, Aktuar, Turnierleiter
Bernhard Erb, Turnierleiter
Matthias Rüfenacht, Schachredaktion
Renzo Guarisco, Webmaster
Beat Binder, Delegierter für die Romandie
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