„Mit dem Wochenende bin ich vollauf zufrieden“, kommentierte Teamchef Sven Noppes verständlicherweise die beiden jüngsten Siege der OSG Baden-Baden in der Schachbundesliga und meinte damit vermutlich nicht nur die Spielverläufe, sondern dass man auch den Abstand zu Spitze verringern und damit den Anschluss wahren konnte.
6:2 gegen den SC Remagen Sinzig und 5,5:2,2 gegen Aufsteiger SC Heimbach-Weis-Neuwied lauteten die deutlichen Ergebnisse des vergangenen Wochenendes. Damit machte die OSG in den Runden drei und vier drei Plätze in der Tabelle gut, auf aktuell Position vier. Zwar immer noch einen Mannschaftspunkt Rückstand auf die drei führenden Mannschaften SC Viernheim, SK Kirchweyhe und die Schachfreunde Deizisau, aber mit dem klaren Signal, dass es selbstverständlich weiter um die Titelverteidigung geht.
Erstmals am Spitzenbrett agierte mit zwei Siegen die jetzt neunzehnjährige deutsche Nummer Eins, Vincent Keymer, und es steht zu erwarten, dass man ihn in Zukunft öfter auch als Nummer eins der Mannschaft erleben wird, denn auf der Weltrangliste stehen nur noch zwei Mitglieder des Teams vor ihm: Exweltmeister Viswanathan Anand (Platz 10) und die aktuelle Nummer Zwei der Welt, Fabiano Caruana. Beide stehen nicht immer zur Verfügung. Vincent Keymer ist im Ranking der Weltschachorganisation FIDE inzwischen auf Platz 14 vorgerückt eine unglaubliche, aber nicht unerwartete Entwicklung. Die Qualität seines Spiels drückt es aus: Gegen seinen Widerpart des SC Remagen Sinzig, Großmeister Antonios Pavlidis, gewann er nach offenbar guter Eröffnungsvorbereitung schnell einen Bauern und realisierte den Vorteil mit scheinbar müheloser Leichtigkeit.
Ebenfalls glatt siegte Alexander Donchenko an Brett zwei mit einer Falle, die seinen Gegner eine Figur kostete. Etienne Bacrot hätte an Brett fünf einen Bauern in eine Dame umwandeln können – wenn sein Gegner nicht vorheraufgegeben hätte. Seine enorme Durchschlagskraft in der Schachbundeliga stellte Arkadij Naiditsch einmal mehr unter Beweis, als er mit einer listigen „kleinen Kombination“, wie das der frühere, legendäre Weltmeister Capablanca einmal nannte, Material und damit die Partie gewann. Immer für einen vollen Punkt gut ist auch Sergei Movsesian, der seinen Gegner in einer lange ausgeglichen Stellung mit Geduld und genauen Berechnungen schlicht ausmanövrierte. Radoslaw Wojtaszek und Rustam Kasimdzhanov steuerten jeweils einen halben Punkt bei, lediglich das erst fünfzehnjährige Jungtalent, Schnellschachweltmeister „U 14“ von 2022, Bennet Hagner, musste am achten Brett eine Niederlage quittieren, als er den Schutz seines Königs einen kurzen Augenblick lang vernachlässigte.
Gegen Aufsteiger SC Heimbach-Weis-Neuwied demonstrierte Vincent Keymer, wie er in Stellungen, in denen auf den ersten Blick nicht viel los ist, anscheinend mit Röntgenblick tiefer schaut, Zug um Zug kleine Vorteile aufbaut und mit unwiderstehlichem Schluss vollendet.
Radoslaw Wojtaszek profitierte von einem direkten Fehler seines Gegenübers, Rustam Kazimdzhanov warf seine ganze Erfahrung in die Waagschale, so dass man nach etwas unklarem Beginn zunehmend das Gefühl haben konnte, dass er gewinnen wird. Voller Punkt für die OSG. Arkadij Naiditsch krönte seine überlegene Spielweise erneut mit einer kraftvollen Kombination. Alexander Donchenko, Etienne Bacrot und Sergej Movsesian remisierten, Bennet Hagner am letzten Brett braucht wohl noch ein paar Chancen, um in der ersten Mannschaft zu „zünden“.
Weiter geht es dann am 13.1.24 gegen die beiden Münchener Vereine MSA Zugzwang und Bayern München.
Walter Siemon
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