Die ist die neue Präambel von Sachsen-Anhalt, die vor der Satzung steht. Dies wurde am 16. September beschlossen. Wie findet ihr den Text?
(1) Alle in der Satzung getroffenen Amts- und Funktionsbezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen und stehen zur Anwendung für weibliche, männliche und divers geschlechtliche Personen gleichermaßen zur Verfügung.
==========================================
Das war der alte Artikel
Zuerst einmal besten Dank an Conrad Schormann und die Perlen vom Bodensee, die das Thema aufgegriffen haben.
In Sachsen Anhalt will das Bildungsministerium Sternchen und ähnliche Schreibweisen in Schulen verbieten. Für die Versammlung am 16. September gibt es einen Antrag, der Schachverband Sachsen-Anhalt möge künftig in allen öffentlichen Dokumenten eine geschlechtsneutrale oder gendergerechte Sprache verwenden.
Das ist der Antrag:
Für mich als Verbandsentwickler stellt sich die Sache so da! Ich halte den Antrag für alternativlos, wünsche mir, dass er angenommen wird und erhoffe mir, dass er wie ein Dominostein durch alle Landesverbände und unterregionalen Bezirke sich durchsetzt und natürlich in den Vereinen landet.
Warum?
Ich möchte, dass viele Mädchen und Frauen Schach spielen, weil es ein wunderbarer Sport für alle ist.
Die Me-too-Diskussion hat gezeigt, dass die Schachclubs, der Schachverband an sich arbeiten müssen, um den Schachsport für weibliche Mitglieder attraktiver zu machen.
Wenn wir mehr Mädchen und Frauen im Schach haben wollen, müssen wir ihnen Wertschätzung entgegenbringen und das geht nicht so, wenn wir in Rundbriefen mit „Liebe Schachfreunde“ beginnen, wenn wir Turnierausschreibungen mit „Liebe Teilnehmer“ beginnen, wir müssen uns ändern, das steht für mich außer Frage.
Ein Schachfreund schrieb mir, es gibt wichtigere Diskussionen als diese. Meine Antwort: Die Hälfte der Bevölkerung, (in Wirklichkeit sogar 50,7 Prozent) wird derzeit vom Schachsport zu wenig angesprochen, wenn hier nicht Handlungsbedarf ist, wann dann?
Ich habe Sven Wusterhausen eine Bitte und Fragen gestellt, hier sind seine bemerkenswerten Antworten. Besten Dank für sein Engagement, IHM GEHT ES NUR UM DIE SACHE!
- Sehr geehrter Herr Wusterhausen, bitte stellen sie sich vor!
Es geht hier nicht um „Herrn Wusterhausen“. Es geht überhaupt nicht um Herren oder mich. Es geht um die Betroffenen. Dennoch wollen Sie sofort ein Interview mit mir, der lediglich den Antrag gestellt hat. Ich habe nichts damit zu tun, dass der Antrag sich auf Perlen vom Bodensee ausgebreitet hat und öffentlich sichtbar ist. …..Es gibt nur eins, was für mich zählt, dass der Antrag Aufmerksamkeit bekommen hat. Wenn man mich vorher gefragt hätte, wäre ich damit einverstanden gewesen, wenn mein Name einfach rausgelassen wird.
- Sie haben einen Antrag an den Schachverband Sachsen gestellt, dass im Schachverband und seinen Unterverbänden eine geschlechtsneutrale oder gendergerechte Sprache verwendet werden soll. Warum ist dies ihrer Meinung nach wichtig?
….. Sachsen-Anhalt steht aktuell schon in der Kritik und wenn der Antrag beim Landesschachverband durchgeht ist das ein klares Zeichen aller Vereine an die aktuelle Landesregierung und dass wir alle demokratisch, ungeachtet unserer politischen Gesinnung, für eine geschlechtsneutrale oder gendergerechte Sprache sind, um Inklusion und Gleichberechtigung nicht nur vorzugeben, sondern auch umsetzen. Die Alternative wäre eine Präambel. Das ist auch das, was in ähnlichem Fall im Schachbezirk Halle diskutiert und angenommen wurde. Eine komplette Änderung würde nur funktionieren, wenn es auch auf der Landesebene einheitlich ist. Aktuell haben Magdeburg und Dessau keine so eine Präambel und die Sprache ist immer noch in der Mehrzahl im Generischen Maskulinum. Ohne einen Hinweis darauf, ist das keine Sprache die Inklusion begünstigt. Und um Inklusion geht es gerade im Schach, denn Schach kann von allen gespielt werden und es gibt keine geschlechtsbezogenen psychischen oder physischen Voraussetzungen über den Erfolg oder Misserfolg beim Spielen einer Partie Schach.
- Wie kamen sie auf diese Idee? Was erwarten sie davon?
Ich selbst nutze eine geschlechtsneutrale Sprache, wenn es mir einfällt, ansonsten nutze ich eine Form der Gendersprache. Sowohl beim Schreiben als auch beim Sprechen. Indem ich gendere, werde ich mir auch bewusster darüber, was ich überhaupt sagen will. Mit anderen Worten: Ich denke nach, bevor ich spreche. Viele können das vielleicht auch ohne Gendern, diese Menschen gendern dann aber dennoch, weil sie halt so gut nachdenken können und es Sinn macht.
- Was sind ihrer Meinung nach weitere Aktivitäten, mit denen mehr Mädchen und Frauen zum Schach bringen kann?
Diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich führe keine Agenda, ich bin selbst ein Mann, nicht betroffen. Diese Frage beantworten am besten Betroffene. Ich kann es nur vermuten. Ich will einfach nur Ungerechtigkeiten loswerden und das fängt bei mir in der Kommunikation an. Ich bin mir auch sicher, dass der Antrag angenommen wird, da es inhaltlich keine Änderungen für den Landesschachverband Sachsen-Anhalt geben wird. Die Frage, die sich die Abstimmenden stellen sollten, ist einfach nur: Möchte ich einen Antrag ablehnen, der mich nicht betrifft und der inhaltlich nichts ändert, was mich stören könnte oder annehmen um nicht allzuviel Zeit in einer Debatte zu verlieren für ein Thema, was mich bisher nicht interessiert hat. Schöner wäre es natürlich, wenn sich alle Abstimmenden sehr ausführlich mit dem Thema auseinandersetzen würden und vielleicht sogar intensiver als ich es selbst tue, denn für mich ist es keine aktivistische Aktion, sondern einfach nur ein logischer Schritt, den bisher niemand auf dem Schirm hatte. Es ist zumindest meine Hoffnung, dass einfach alle sagen: „Danke für den Antrag, ich denke nicht, dass irgendjemand dagegen ist, wenn doch, bitte Hand hoch? Keiner, danke. Dann noch mal Gegenprobe: Wer ist dafür? Alle. Super. Damit ist der Antrag angenommen. Wer die Aufgaben übernimmt, wird dann später geklärt. Nächster Antrag …“ Es ist eigentlich absurd, dass wir dem Thema so viel Aufmerksamkeit geben, dass dafür extra Anträge gestellt werden müssen und die Verbände das nicht einfach selbstständig ändern, ohne dass es auch nur ansatzweise medial verfolgt wird. Denn tatsächlich ist es keine Maßnahme, die das Benehmen oder Verhalten der Nicht-Betroffenen so verändern kann, dass sich andere Geschlechter im Schach genauso wohlfühlen wie das aktuell Dominierende.
Sehr geehrter Herr Wusterhausen,
vor etwa 30 Jahren sagte ein Kollege zu mir: „Warum kommst du nicht im Röckchen, wenn du so für die Weiber bist?“ Ich setzte mich also schon für Gleichberechtigung ein, lange, bevor es „cool“ war. Wenn Ihre Vorstellung von Gerechtigkeit der Geschlechter über die Sprache sinnvoll wären, hätten Sie in mir einen Mitstreiter. Doch die Instrumentalisierung der Sprache ist falsch, da Sprache, genau wie Musik oder Mathematik, ein Medium zur Vermittlung von Inhalten ist und keine eigene Politisierung erfahren sollte. Das ist nicht die Funktion der Sprache.
Ein weiteres Problem ist, dass ausländische Bürger mit dem „Gendern“ (warum eigentlich ein englischer Begriff?) überhaupt nicht klarkommen, genauso wie Menschen mit sprachlicher Einschränkung. Sollen all diese Menschen ausgegrenzt werden, nur um vermeintlich geschlechtergerecht sein zu wollen?
Wenn Frauen extra erwähnt werden, stilisiert man sie zur Randgruppe. Wir alle haben gelernt, dass der Plural geschlechtlos ist. Oder, wie ein Gericht 2018 festlegte „geschlechtsblind“. Ein Ausdruck wie „Teilnehmer und Teilnehmerinnen“ erwähnt somit zunächst alle und dann nochmal die Damen extra, wodurch diese dann zu Randgruppen werden. Und für weibliche Substantive gibt es keine männlichen Gegenstücke. Somit bestünden „Vier-Personen-Haushalte“ ausschließlich aus Frauen. Gendern ist im höchsten Grade ungerecht und nutzt keinem.
Auch substantivierte Partizipien funktionieren nicht. Wenn ein Student seine Freizeit verbringt, studiert er nicht, ist somit kein „Studierender“. Andererseits bin ich, wenn ich im Restaurant die Speisekarte studiere, ein Studierender, aber gewiss kein Student. Die Gleichsetzung dieser Begriffe ist ein sprachlicher Fehlgriff.
Einen Sinn hat Gendern auf keinen Fall, aber leider eine üble „Nebenwirkung“: Sie entzweit die Menschen. Aus beiden Lagern kommen aggressive und bevormundende Töne. Und lenkt dies nicht in fataler Weise vom eigentlichen Ziel, nämlich der Gleichberechtigung aller Geschlechter, ab? Ich werde weiterhin für Gleichberechtigung stehen und eintreten – und weiterhin jede Petition gegen das Gendern unterschreiben. Daher lässt sich die Frage, ob Sie und ich dem gleichen oder unterschiedlichen Lagern angehören, nur noch philosophisch klären (;-). Nichts für Ungut!
Mit freundlichen Grüßen
Thomas
Das substantivierte Partizip funktioniert, weil es eben auch in diesem speziellen Kontext eingesetzt wird. Wenn ich von Schachspielenden und Teilnehmenden rede, dann weil sie Schach spielen und teilnehmen. Diese Menschen sind nicht angesprochen, wenn sie das eben nicht tun. Kontext ist also wichtig. Eine Ausschreibung zum einem Schachturnier spricht ja keine Person an, die in der Küche das Mittagessen kocht.
Zu ihrem Ausdruck „Teilnehmer und Teilnehmerinnen“ sei erwähnt, dass diese Doppelnennung beim Lesen übersprungen wird, ohne dass es ignoriert wird. Allerdings werden in dieser Schreibweise nur zwei Geschlechter benannt. Es ist also nicht so sinnvoll, außer wenn bekannt ist, dass nur zwei Geschlechter anwesend sind.
Wenn Sie ständig vorangehend erklären, dass Sie mit der Verwendung des generischen Maskulinums alle Geschlechter einbeziehen, dann machen Sie auch von vornherein klar, dass Ihnen Gleichberechtigung und die „richtige“ Verwendung der Sprache wichtig ist. Stattdessen könnten Sie auch direkt eine inklusive Sprache verwenden, ohne sich ständig erklären zu müssen.
Kein Mensch wird sich nicht angesprochen fühlen, wenn sie eine geschlechtsneutrale Sprache verwenden und falls doch, dann ist diese Person eindeutig nicht für eine Gleichberechtigung, sondern für eine mindestens individuell bevorzugte Behandlung und ja, dann bin ich dagegen.
Sven Wusterhausen
Wenn Sie wirklich etwas für die Rechte der Frauen tun wollen, ich hätte da was!
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“
Damit wäre sehr vielen Frauen sofort geholfen.
Mir fällt oft auf, daß die meisten Befürworter dieses „Genderns“ Männer sind. Meine Kolleginnen im Handel haben keine Probleme mit der Sprache sondern mit dem Lohn.
Leider bin ich nicht dafür verantwortlich den Lohn anzupassen und habe auch keine Möglichkeit einen Antrag zu stellen, damit die Löhne angepasst werden. Wenn ich die Möglichkeit habe, dann werde ich das auch machen.
Mir fällt auch auf, dass die meisten Kritisierenden von Gendern Männer sind. Was wollen Sie also mit Ihrer Aussage bewirken?
Und wenn es keine Probleme mit der Sprache gibt, dann sollte eine inklusive Sprache auch kein Problem für ihre Kolleginnen darstellen.