August 15, 2024

Quanten-Schmetterlingseffekt und Quanten-Lawine

 

Quanten-Schmetterlingseffekt und Quanten-Lawine

„…mit einem einzigen Quantenereignis können wir sehr viel auslösen“ Physikprofessor Anton Zeilinger (Nobelpreis 2022) in Einsteins Spuk 2007, S. 338.

Aus aktuellem Anlass:

Der von mir postulierte Quanten-Schmetterlingseffekt (QSE) im Gehirn und evtl. zukünftigen Neuro-Quantencomputern

Schach und Quantenphysik (4) – Denk- und Spielmaterial (VIII): Rückblick & Neues

hat vielleicht eine entfernte Laborvariante mittels Diamanten, Mikrowellen und einer ausgelösten Quantenlawine?

Vom mentalen Hauch zum Gehirnsturm (beim Schachspiel).

Von Neurowissenschaften zur Quantenphysik.

Vom Mikrowellenquant zur Quantenlawine.

Zunächst zum Quanten-Schmetterlings-Effekt: 

Neuronen: „Schmetterlinge der Seele“

Der bahnbrechende Histologe und Nobelpreisträger Ramon y Cajal (1852-1934) bezeichnete Neuronen „poetisch als rätselhafte Schmetterlinge der Seele, deren Flügelschläge eines Tages womöglich das Geheimnis geistigen Lebens enthüllen würden“ (siehe Fischbach 1992, S. 32). Der Neurobiologe Prof. Fischbach betrachtet die elektrischen Impulse, die Nervenzellen aussenden, als jene „Flügelschläge“ (1992, S. 32): „…entsenden alle Nervenzellen ihre Signale in Form kurzer elektrischer Impulse, die sich über das Axon [Nervenfaser] fortpflanzen. Jedes dieser Aktionspotentiale – jeder Flügelschlag der Cajalschen Schmetterlinge – hat eine Amplitude von etwa 100 Millivolt und ungefähr eine Millisekunde Dauer.“


Ich möchte ergänzen, dass bei der Entstehung von Aktionspotentialen und der Ausbreitung von „Erregungswellen“ Quantenprozesse eine wesentliche Rolle spielen. Ausserdem gibt es in Gehirn- und Nervensystem – vor allem in Synapsen – zahlreiche weitere Möglichkeiten für mehr oder weniger geheimnisvolle Quantenprozesse – auch im Schach.


„Der Schmetterlingseffekt“: Sensitive Abhängigkeit von den Ausgangsbedingungen & Beeinflußbarkeit von außen


Auch in der Chaostheorie – ein Ansatz zur Beschreibung und Erklärung dynamischer (nonlinearer) Vorgänge und Systeme (siehe z. B. Gleick 1990) – wird der Schmetterling bemüht. Der „Schmetterlingseffekt“ beschreibt annähernd die allgemeine Erfahrung, dass kleine Ursachen grosse Wirkungen haben können. Ein wesentliches Merkmal chaotischer Systeme ist ihre extreme Abhängikeit vom Ausgangszustand bzw. von den es umgebenden Bedingungen und Einflüssen. 

Dieser Gedanke wurde bereits vom französischen Mathematiker Poincare 1903 geäußert: „Eine sehr kleine Ursache, die wir nicht bemerken, bewirkt einen beachtlichen Effekt, den wir nicht übersehen können, und dann sagen wir, der Effekt sei zufällig“ (zit. nach Crutchfield et al. 1989, S. 10). 

Gleick beschreibt dies in Konzepten der Chaostheorie (1990, S. 18/19): „Geringe Abweichungen beim Input können unversehens zu ungeheuren Verschiebungen im Output führen, ein Phänomen, das man mit der Bezeichnung ’sensitive Abhängigkeit von den Ausgangsbedingungen‘ charakterisierte. Auf die Meteorologie übertragen, versteht man darunter die Erscheinung, die unter dem nur halb scherzhaften Begriff ‚Schmetterlingseffekt‘ bekannt ist: die Vorstellung, wonach ein einzelner Schmetterling, der mit seinen Flügeln in Peking die Luft bewegt, einen Monat später Sturmsysteme über New York beeinflussen kann.“ Man kann den Schmetterlingseffekt gleichermaßen für die Beeinflußbarkeit eines Systems von innen wie von außen postulieren. 

DER QUANTEN-SCHMETTERLINGSEFFEKT 

Im Folgenden möchte ich die Metaphern bzw. Konzepte „Schmetterlinge der Seele“ und „Schmetterlingseffekt“ zusammenbringen, was bisher meines Wissens nicht geschehen ist, und auf mögliche Quantenprozesse im Gehirn übertragen. Um im Bilde zu bleiben, spreche ich vom „Quanten-Schmetterlingseffekt“. Unser mentales Zentrum ist ein ganzheitliches System, auf das es viele Einwirkungsmöglichkeiten gibt – von innen und außen. Beispielsweise können geringste Unterschiede in den Anfangs- und/oder Randbedingungen von Neuronen und neuronalen 
Netzen zu grossen Unterschieden in Verlauf und Ergebnis von Hirnprozessen, Aktivitäten und Handlungen führen. Solche geringsten Unterschiede können durch Quanteneffekte entstehen. 

Bohr erklärte bereits 1927 (nach Heisenberg 1988, S. 112): „Wir haben allen Grund anzunehmen, dass eine Nachprüfung der quantenmechanischen Gesetze in einem lebendigen Organismus diese Gesetze dort genauso bestätigen würde wie in der toten Materie.“ 

Hawking bemerkt direkt aufs Hirn bezogen: „Doch auch das menschliche Gehirn ist dem Unbestimmtheitsprinzip unterworfen. Also gibt es in unserem Verhalten ein aus der Quantenmechanik folgendes Zufallselement. Allerdings sind die an der Hirntätigkeit beteiligten Energien nicht sehr gross. Deshalb wirkt sich die Unbestimmheit der Quantenmechanik nur geringfügig aus“ (1996, S. 91-92).

Auch hier kommt der von mir postulierte Quanten-Schmetterlingseffekt ins Spiel. 

Hawking hat Recht mit dem relativ geringen Energieaufwand von (einzelnen) gehirnphysiologischen und mentalen Vorgängen, dennoch ergibt sich allein durch die astronomische Zahl von Neuronen und ihren Verknüpfungen genügend Spielraum für (anscheinend) zufällige Quantenprozesse.

(Wahrscheinlichkeitstheoretiker sprechen in ähnlichen Kontexten vom Gesetz der grossen Zahl.) Auch ohne Input von aussen finden im Gehirn ständig millionenfach Quantenprozesse statt. 

Spontane Quanteneffekte können durchaus im Gehirn z. B. bei Wahrnehmungen, schnellen Reaktionen, Versprechern, raschen Entscheidungen usw. relevant sein Ausserdem bei mental aktiv hervorgerufene Quantenvorgängen.

Auch an den mittlerweile bekannten häufigen Spontanentladungen im Gehirn dürften Quantenfluktuationen beteiligt sein. Die von mir beschriebenen Basismechanismen des „psychischen Betriebssystems“ des Menschen (Munzert 1998, S. 101,  2000) wären ohne permanente herkömmliche Quantenprozesse überhaupt nicht möglich

Der Quantenschmetterlings-Effekt könnte sogar in Gehirn und Nervensystem bei der Umwandlung von Energie in Information und umgekehrt von Bedeutung sein. 

Schon hier sei auch festgehalten: Ebenso wie ich durch Betätigung eines Lichtschalters aktiv Quantenprozesse (LIcht) hervorrufen kann, vermag ich durch interne Vorgänge absichtlich Quantenprozesse auszulösen, z.B. durch inneres Reden und Selbstaufforderungen (Munzert 2000).

Dr. Reinhard Munzert

Copyright Dr. R. Munzert, 2023

Und jetzt zu Diamanten, Mikrowellen und der Quantenlawine, wenn man nicht gleich Alles versteht, ist das ein gutes Zeichen.

Glückwunsch, sieht nach Durchbruch aus!

Aktueller Artikel TU Wien

7. August 2023

Die Quanten-Lawine

 

An der TU Wien gelang es, ein eigentlich sehr instabiles System aus vielen Quantenteilchen stabil zu halten und dann seine Energie gezielt auf einmal freizusetzen. Auszüge

https://www.tuwien.at/tu-wien/aktuelles/news/news/die-quanten-lawine

Atom-Spins und Mikrowellen

„..Die Defekte im Diamant haben einen Spin – einen Drehimpuls, der entweder nach oben oder nach unten zeigt. Das sind die zwei möglichen Zustände, in denen sie sich befinden können“, sagt Wenzel Kersten, Erstautor der aktuellen Publikation, der in der Forschungsgruppe von Prof. Jörg Schmiedmayer (Atominstitut, TU Wien) derzeit an seiner Dissertation arbeitet.

 

Mit Hilfe eines Magnetfelds kann man erreichen, dass zum Beispiel der Zustand „Spin nach oben“ einer höheren Energie entspricht als „Spin nach unten“. In diesem Fall werden sich die meisten Atome im Zustand „Spin nach unten“ befinden – sie streben normalerweise in den Zustand niedriger Energie, wie eine Kugel in einer Schüssel, die normalerweise nach unten rollt.

 

Mit ausgeklügelten technischen Tricks kann man aber eine sognannte „Inversion“ erzeugen – man bringt die Defekte dazu, sich alle im Zustand höherer Energie einzufinden. „Man verwendet dafür Mikrowellenstrahlung, durch die man die Spins zunächst in den gewünschten Zustand bringt, dann verändert man das äußere Magnetfeld so, dass die Spins gewissermaßen in diesem Zustand eingefroren werden“, erklärt Prof. Stefan Rotter (Institut für Theoretische Physik, TU Wien), der den theoretischen Teil der Forschungsarbeit leitete.

 

Eine solche „Inversion“ ist instabil. Die Atome könnten prinzipiell spontan ihren Zustand wechseln – ähnlich als würde man einen Besenstiel balancieren, der prinzipiell spontan in irgendeine Richtung umkippen kann. Aber das Forschungsteam konnte zeigen: Durch die extrem präzise Kontrolle, die durch an der TU Wien entwickelte Chiptechnologie möglich wurde, kann man die Spins der Atome für etwa 20 Millisekunden stabil halten. „Für quantenphysikalische Verhältnisse ist das eine gewaltige Zeitspanne. Das ist ungefähr hunderttausendmal so lange wie es dauert, diesen energiereichen Zustand zu erzeugen oder ihn wieder zu entladen. Das ist, als hätte man einen Handyakku, der in einer Stunde aufgeladen wird und dann zehn Jahre lang seine Energie vollständig hält“, sagt Jörg Schmiedmayer.

Winzige Ursache – großer Effekt

Man kann während dieser Zeit die Zustandsänderung aber gezielt herbeiführen – und zwar durch eine sehr kleine, schwache Ursache, etwa einen Mikrowellenpuls von minimaler Intensität. „Er bringt ein Atom dazu, seinen Spin zu wechseln, woraufhin benachbarte Atome ebenfalls ihren Spin wechseln – so entsteht ein Lawineneffekt. Die gesamte Energie wird freigesetzt, und zwar in Form eines Mikrowellenpulses, der rund hundert Milliarden mal stärker ist als jener, mit dem man den Effekt ursprünglich ausgelöst hat“, erklärt Stefan Rotter. „Das ist im Verhältnis so, als würde eine einzige Schneeflocke ein Schneebrett mit einigen hundert Tonnen Gewicht auslösen.“

 

Das bietet viele interessante Möglichkeiten: Man kann auf diese Weise etwa schwache elektromagnetische Pulse verstärken, man könnte das für spezielle Sensoren nutzen, man kann damit eine Art „Quanten-Batterie“ herstellen, mit der sich auf Quantenebene eine gewisse Energiemenge aufbewahren und gezielt freisetzen lässt. „

Originalpublikation

W. Kersten et al., Triggered Superradiance and Spin Inversion Storage in a Hybrid Quantum System, Phys. Rev. Lett. 131, 043601