August 14, 2024

Die Geschichte einer “heißen Disconacht

FM Dirk Paulsen – Begeben wir uns zurück ins Jahr 1982. Befleißigen wir uns der fragwürdigen “Ich-Form”. Behaupten wir, es handele sich um eine wahre Begebenheit. Erwarten wir unbedingt

Dirk Paulsen

Einwand der Beteiligten, zwecks Richtigstellung. Erzählen wir dennoch, frisch, fromm, fröhlich, frei, von der Leber weg und wie uns der Schnabel gewachsen ist. Ob sich Interessenten einfinden werden?

Im Jahre 1982 war ich, der Autor, DIrk Paulsen, 23 Jahre alt. Sagt man dann auch: Flausen im Kopf? Die Pflege einer gewissen Andersartigkeit war schon immer ein Thema und blieb auch eines, selbst wenn man es damals noch nicht so ausgedrückt hat. Wie zeigte sich diese “Andersartigkeit” in jenem Sommer? Beispielsweise so: ohne Schuhwerk unterwegs zu sein. Ja, tatsächlich lief ich barfuß durch die Gegend. Man hörte dazu immer irgendeinen Spruch, von dem jeder einzelne diesen Anbringende sicher zu sein schien, dass ausgerechnet DIESER von besondere Originalität geprägt war – womit wohl schon deutlich wird, dass das Gegenteil der Fall war?

Zudem könnte ich von mir behaupten, eine Art “Schachspieler” gewesen zu sein. Immerhin hatte ich in den ersten beiden Jahren der neu gegründeten einteiligen Schachbundesliga von allen Spielern das beste Ergebnis erzielt. Anzahl Spieler: 16*8 = 128, da 16 Mannschaften am Start waren und an 8 Brettern gespielt wurde, und diese Zahl ist das Minimum, wobei der Umstand, dass es wohl wesentlich mehr als 126 waren meine Chancen insofern verbessert, als dadurch jeder einzelne Spieler nicht die volle Partienanzahl gespielt hat, ich hingegen schon. 23 aus 30 standen zu Buche und noch immer gehen die Meinungen (vor allem: meine eigene) auseinander, ob ich mit den schwarzen Steinen nun 14,5 aus 15 oder nur 14 aus 15 erspielt hatte. Meine Lieblingsfarbe ist demnach ähnlich wie meine Seele? Schwarz?

Ach so, und über die Kleinigkeit, dass ich die erste Saison an “nur” Brett 6 und die zweite “nur” an Brett 4 gespielt habe, möge der Leser großzügig bei all dieser eigenen Bauchpinselei außer Acht lassen. Ich bestätige aber hier “offiziell”: ich habe die meisten Punkte erzielt, aber war sicher nicht der beste Spieler, was man heute in Form einer “Performance” ziemlich gut “nachmessen” (?!) könnte.

Dennoch ist es möglich, dass ich dadurch eine gewisse Anerkennung hatte? Die äußere Erscheinung würde man vermutlich insgesamt am ehesten in die Kategorie “Hippie” packen? Besser wohl: Möchtegern-Hippie? Als ich 1982 zum Open-Turnier nach Köln-Porz reiste, kam ich erstaunlicherweise gerade recht zur Siegerehrung der Deutschen Damenmeisterschaft. Gewonnen hatte Barbara

Hund. Auch sie, samt Vater, Mutter, Geschwistern, hatte ich übrigens mal in Leverkusen-Opladen “heimgesucht” in jenen Jahren. Barbara brachte mich sogar am nächsten Morgen zum Zug, als ich irgendwo in der Gegend ein Schachturnier (Bundesligakampf?) zu spielen hatte.

Die Siegerehrung steht sicher für eine Menge Ausgelassenheit. Möglich, dass sogar Alkohol im Spiel war? Jedenfalls schritt der Abend voran, ich war mittendrin, zwischen all den netten jungen Damen, aber auch sicher eine Vielzahl anderer gutgelaunter (anwachsend..) Damen und Herren hatten sich eingefunden. Zwei höchst imposante Gestalten waren ebenfalls unter den Feiernden: der eine Wilfried Hilgert, derjenige, der dort alles geregelt hat, finanzkräftig und über viele Jahre derjenige, der die SG Porz zu einem der größten und erfolgreichsten Schachclubs machte, aber auch sonst von seiner Ausstrahlung und von seinem Auftreten her deutlich machte, dass er das Sagen hatte. Über WIlfried Hilgert muss man eigentlich nicht mehr so viel sagen, was der Leser nicht eh schon wüsste und ihm gilt auf jeden Fall eine Menge Ehre (wie mir mein elektronisches Gedächtnis eben verriet, verstarb er im Jahre 2016, mit gut über 80 Jahren) und Dank, da er viel auf die Beine gestellt hat.

Der andere war Vlastimil Hort. Eine ebenfalls imposante Erscheinung, der natürlich überall sehr beliebt war dank seiner kauzigen Art, aber auch seiner Sprache und Ausdrucksweise, seines Akzents – und natürlich dank seines überragenden Schachverständnisses. Er spielte lange dort bei der SG Porz, meist am ersten Brett, so meine ich, wobei auch andere Top-Großmeister sich hier die Klinke in die Hand gaben – falls sie nicht gemeinsam um höchste Ehren stritten.

Wilfried Hilgert hatte nun zu fortgeschrittener Stunde eine Idee: eine Auswahl der Damen sollte ihn, Vlastimil Hort und noch einen mir nicht mehr bekannten Herren noch zur Ausfahrt in eine Disko begleiten. Nun sagt man heute ohnehin nicht mehr “Disko”, sondern “Club” dazu, aber diese Disko, in welche es die Herren (samt Begleitung) zog, verdiente auch damals schon die Bezeichnung “Club”. Dazu gleich mehr…

Ob nun die Auswahl auf die Herren zurückging, ob Wilfried Hilgert eine Umfrage gestartet hat, ob die Anzahl auf vier Damen beschränkt war oder sich “nur” genau vier einfanden: alles nicht mehr aus dem eigenen Gedächtnis abrufbar. Jedenfalls waren es vier, die sich bereit fanden. Es sollten Taxis (Taxen?) bestellt werden, zwei an der Zahl, Geld spielte bei Hilgert eh keine Rolle.

Die vier Damen jedoch stellten eine winzige, kleine Bedingung: ja, klar wären sie gerne dabei und freuten sich auf den Abend. Aber sie führen nur mit, wenn ich, Dirk Paulsen, dabei sein dürfte.

Zu viel der Ehre und zu viel der “Geschichtsfälschung”? Jedenfalls fuhren alsbald die zwei Taxen (einigen wir uns darauf…) vor und die acht Personen wurden “gut verteilt” auf diese, wobei in meinem Auto komischerweise ausschließlich Damen waren – außer Fahrer und mir?!

Nun gut. Wir fuhren zu dem Club. Es war irgendwie alles weiß und alles unheimlich exklusiv. Und als wir alle acht versammelt vor der Tür standen, öffnete sich ein kleines Sichtfenster in der weißen Tür. Als sie dort Herrn Hilgert erblickten, öffnete sich diese sofort. Ich wüsste nur, was geschehen wäre, hätte ich dort geklingelt… spätestens nach dem Öffnen der Tür wäre sie wieder ins Schloss gefallen. Noch immer waren meine Füße nämlich bar jeder Bekleidung. Und ob man so in eine Disko, geschweige denn einen „Club“ käme?

Jedenfalls hatten wir eine Menge Spaß. Es wurde getanzt und es gab Whiskey-Cola. Das hatte ich vorher wirklich noch nie getrunken, war aber für diese Nacht eine exzellente Wahl. Aus der Erinnerung gesagt: die anderen Herren hatten eher untereinander ein sicher sehr angeregtes Plauderstündchen. Um die Damen und deren Vergnügung musste ich mich alleine bemühen?! Ein echt harter Job – aber ich bin mir keiner besonderer Versäumnisse bewusst.

Eine der jungen Damen – und eigentlich sogar Anlass für die Niederschrift der gesamten Geschichte – hatte am nächsten Morgen “Termin” am Bahnhof Köln. Der Zug sollte sie Richtung Heimat bringen. Ich, ganz Gentleman, bot mich sofort als Begleiter an. Ob da mehr dahinter steckte? Da muss man den Leser denn doch zunächst vertrösten… aber ihn an dieser Stelle durchaus mal für seine Ausdauer belobigen. So viel Text, so wenig Gehalt, und noch immer hier?

Am Bahnhof angekommen hatten wir, außer der noch immer fortgeführten angeregten Unterhaltung (ein Schelm, wer Anderes vermutet?!), die dadurch glücklicherweise etwas verlängert werden konnte, eine kleine Wartezeit zu überbrücken. Diese nutzte ich, um eine Postkarte zu besorgen, welche adressiert wurde an einen meiner – damals wie heute – besten Freunde, Christian Maier nämlich. Ein paar Zeilen notierte ich darauf, von denen eine jedenfalls in etwa diesen Wortlaut hatte: “Rate mal, mit wem ich hier gerade am Bahnhof Köln sitze. Ihre Initialen sind I.L. und sie hat mitgespielt bei der Deutschen Damenmeisterschaft.”

Ob er das Rätsel gelöst hat oder nicht spielt an dieser Stelle kaum eine Rolle. Ob es der Leser lösen kann oder überhaupt ein Interesse daran hat? Verraten hat sie mir damals ihr Geburtsdatum, welches ich mir, nicht allein dank dieser Erwähnung, sondern auch dank der von ihr mitgesandten “Eselsbrücke” eingeprägt habe. Die “Eselsbrücke” war die: “Es ist ganz einfach. Es ist der 1.6.xx.”

An dieser Stelle kann ich nun leider/zum Glück nicht über meinen Schatten springen, aber das mit den beiden x-en gekennzeichnete Jahr bildet den Teil, der zur Einfachheit des Merkens beitragen sollte, andererseits kann man dies ja hier nun nicht eintragen, da man über das Alter von damals-wie-heute-jungen Damen eben nicht spricht.

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Falls den Leser denn doch eine kleine Fortsetzung der Geschichte interessiert: es kam schon im August 1982 zu einer weiteren Begegnung mit der nur andeutungsweise genannten Dame. Das war im Italienischen Chiusa/Klausen, Südtirol eben. Dort war ebenfalls ein Schachturnier, über welches es einen eigenen Bericht gibt – weil es dieses auch verdient, aus ganz anderen Gründen.

Erwähnenswert aus peinlichem Anlass dennoch deshalb, weil ich gegen die junge Dame eine Wette verloren habe. Ich hatte in den Jahren wirklich alle Autokennzeichen gelernt. Dies hatte ich zwar nicht ganz bewusst getan, hatte aber bei jedem mir unbekanntem Autokennzeichen nachgeschaut und es mir gemerkt, bei meinen sehr zahlreichen Reisen durch Deutsche Lande, welche ich damals so gut wie sämtlichst per Anhalter bewältigte und somit reichlich auf deutschen Autobahnen unterwegs war. Überprüft wurden meine Kenntnisse ebenfalls hier und da von “Ungläubigen”, die dann aber bald einsehen mussten, dass mein Wissen “lückenlos” war – bis auf diese Ausnahme?! Jedenfalls fuhr ein Auto mit dem Kennzeichen PAN vorbei. Jeder weiß bestimmt, was das ist – nur ich damals nicht, wie es aussieht. Ich behauptete auf einmal, dass es das Kennzeichen von Pfaffenhofen wäre, ich Narr. I.L. “wusste besser”. Sie meinte: “Pfaffenhofen hat das Kennzeichen PAF.” Ich wettet um 10 DM mit ihr – und musste kurz darauf in die Tasche greifen. PAN war (und ist?) Pfarrkirchen. Pfaffenhofen hat PAF, wie sie unzweifelhaft richtig behauptete. 10 DM ärmer – an Erfahrung in vergleichbarem Ausmaß gereift? Na ja, nicht nur hier passte der Ausdruck “Milchmädchenrechnung”..