IM Bernd Schneider – Mit großem Interesse habe ich heute in den „Schachgeflüster Podcast“ reingehört, in dem Michael Busse diese Woche IM Patrick Zelbel aus Dortmund zu Gast hatte. Auch wenn ich Patrick mag und ihn als starken Blitz- und Schnellschachgegner sehr schätze, so galt mein Interesse mehr seinen Ausführungen als Pressesprecher der Dortmunder “Sparkassen-Chess-Trophy“. Schachfreund Zelbel wurde dabei u.a. auch zu der aufgekommenen Kritik an der Teilnahme von Vladimir Kramnik befragt. In der Folge möchte ich auf die Aussagen von Patrick eingehen. Vorausschicken möchte ich, wenn ich Aussagen hinterfrage oder gar kritisiere, so gilt dies ausdrücklich dem Dortmunder Pressesprecher und seinen Leitliniengebern, nicht der Person als solche.
Damit sich der geneigte Leser zurechtfinden kann, gebe ich ungefähre Zeiten an, wann das betreffende Thema im Schachgeflüster-Podcast abgehandelt wurde. Es ist somit gar nicht so einfach meinen Ausführungen zu folgen, auch wenn ich mich bemühe, mich verständlich auszudrücken.
Ab ca. Minute 13:00 geht es um das „No Castling-Turnier“. Bei diesem Einladungsturnier werden vier starke Großmeister gegeneinander antreten. Michael Busse fragt nach dem Sinn und Zweck dieser Schachabart, in der es ein Rochadeverbot gibt. Er bevorzuge das traditionelle Schach. Zu hören ist, dass man der Veranstaltung mit dieser Turnierart einen besonderen Anstrich geben möchte und kreative Partien zu einer möglichst geringen Remisquote führen sollen. Es sei eine Art wissenschaftliches Projekt, welche den Anfang mit Analysen von Alpha-Zero nahm. Dies klingt in der Tat innovativ, geht aber aus meiner Sicht am eigentlichen Thema vorbei. Alle Hinweise deuten darauf hin, dass diese Turnierabart nur deshalb veranstaltet wird, weil ansonsten Vladimir Kramnik nicht in Dortmund teilnehmen würde. Der Ex-Weltmeister hat vor einigen Jahren seine aktive Schachkarriere beendet und spielt heute nur noch im Internet oder bestenfalls bei Blitz-, Schnell- oder Showturnieren. Deshalb musste eine auf ihn konzipierte Variante des Schachspiels gefunden werden. Punkt. Dass sich Kramnik auf diese unattraktive Spielform in den letzten Monaten intensiv unter Einsatz von 10 PC´s vorbereitet hat, ist ein offenes Geheimnis. Es dient der Wissenschaft. Dass er sich damit einen enormen Wettbewerbsvorteil durch den erlangten Wissensvorsprung und Eröffnungskenntnis verschafft, sei ihm gegönnt. Schließlich müssen sich seine drei Gegner als amtierende Profis aktuell noch mit den trivialen Problemen und Feinheiten des Normalschachs beschäftigen.
Ab Minute 15:20 spricht Busse seinen Gesprächspartner auf die zunehmende Kritik an der Teilnahme von Kramnik an. Dabei zitiert er, zu meiner Überraschung, stellvertretend meinen Facebook-Post vom 18. März, der wie folgt lautete: „Sehr gerne bin ich in den vergangenen Jahren im Sommer nach Dortmund gefahren, um den Schachmeistern beim dortigen Großmeisterturnier zuzuschauen. In diesem Jahr werde ich auf einen Besuch verzichten. Keinesfalls werde ich einem Spieler (Vladimir Kramnik) huldigen, der sich ein überaus schwammiges Statement zum russischen Angriffskrieg abgerungen hat und nun sogar dem Kuratorium des Russischen Schachverbandes angehört. Präsident dieses Kuratorium ist der unsägliche Kremlsprecher Dmitri Peskow. Zahlreiche Mitglieder dieses Kuratoriums sind hochrangige Banken- und Wirtschaftsvertreter, sowie Politiker aus Russland, die allesamt den Kriegsapparat von Vladimir Putin stützen. Einer Person, die vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen Kriegsverbrechen per Haftbefehl gesucht wird! Kramnik sprach im Zusammenhang des peinlichen, nichtssagenden Statements von einer „Hexenjagd“ (gegen Putin!). Im Aufsichtsrat des russischen Schachverbandes sitzt übrigens mit Sergei Schoigu der „Verteidigungs“Minister der Russischen Föderation, der ebenfalls als Kriegsverbrecher einzustufen ist. Ich kann zwar verstehen, dass der Dortmunder Strippenzieher Carsten Hensel seinen alten Kumpel Vladimir mit einer Einladung nach Dortmund (wieder einmal) belohnen möchte und exklusiv für den Ex-Weltmeister sogar Turnierpartien mit dem alternativen 960-Schach (richtig „No Castling“) spielen lässt. Aber ich halte es im Jahr 2023 für ein verheerendes Zeichen, wenn Putinunterstützer als Ehrengäste nach Deutschland eingeladen werden. Stattdessen wäre es ein echtes Zeichen gegen den russischen Angriffskrieg gewesen, zu den „Dortmunder Schachtagen 2023“ ukrainische Schachmeister einzuladen. Den mehr als 1 Mio Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in Deutschland hätte man so sicherlich besser in die geschundenen Gesichter schauen können.“
Dieser Beitrag wurde von der großen Mehrheit der Leser (über 90%) positiv bewertet, darunter mehrere Großmeister und sogar von einem Gegner Kramniks aus den Dortmunder GM-Turnieren 2016 + 2017. Ebenso sprachen sich bei einer vom Schach-Ticker veranstalteten Umfrage 75% der (ca. 100) Teilnehmer dafür aus, dass Kramnik nicht in Dortmund spielen solle.
Ab Minute 17:10 wird der Dortmunder Pressesprecher um eine Stellungnahme gebeten, die in etwa wie folgt ausfällt: 1.) Wir haben ja extra mit Eljanov einen ukrainischen Spieler im Feld, der keine Einwände hat, dass Kramnik am Turnier teilnimmt. 2.) Darf man es als Turnierveranstalter einem russischen Spieler, der unter neutraler Flagge antritt, gar nicht verbieten an einem Turnier teilzunehmen. 3.) Die Stellungnahme von Kramnik zum Ukraine-Krieg sei relativ vernünftig gewesen, dies sollen aber andere kommentieren. 4.) Sport (Schach) und Politik sollen nicht miteinander vermischt werden. 5.) Es ist positiv, dass unterschiedliche Nationen (hier u.a. ein Russe und ein Ukrainer) an einem Tisch sitzen. Auch hier habe ich jeweils gänzlich andere Auffassungen.
Zu 1.) Pavel Eljanov gewann vor einem Jahr das Dortmunder Großmeisterturnier und bekam dadurch das Startrecht am „No Castling-Turnier“. Entsprechend unterschrieb er einen Kontrakt, er stand somit als erster Teilnehmer fest. Nun sind seitdem viele Monate vergangen, der russische Angriffskrieg läuft mit unverminderter Härte weiter. Dass sich Kramnik in das Kuratorium des russischen Schachverbandes mit einer „ehrenwerten“ Gesellschaft begeben hat, war Eljanov zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Dem ukrainischen Großmeister ist es wohlbekannt, dass es in der Ukraine einen bindenden Beschluss gibt, dass man in keinem Wettbewerb gegen Russen antreten soll. Dies gilt insbesondere für Showveranstaltungen. Dagegen zu verstoßen sei überhaupt nicht populär und die meisten ukrainischen Schachspieler sind strikt gegen derartige Begegnungen. Dies dürfte auch den Dortmunder Organisatoren wohlbekannt sein. Warum bringen Sie den ukrainischen Spieler in eine solche Zwickmühle? Einerseits hat er einen Vertrag in Dortmund, andererseits würde er nach seinem Zusammentreffen mit Kramnik in der geliebten Heimat gebrandmarkt werden. Es macht ihm also sehr wohl etwas aus, gegen einen exponierten Russen spielen zu müssen.
Zu 2.) Klingt auf den ersten Blick logisch. Aber es geht hier um ein Einladungsturnier, zu dem man sich nicht einfach unter neutraler Flagge anmelden kann. Man benötigt eine Einladung und diese kann der Veranstalter nach eigenem Ermessen vergeben (muss aber in Kriegszeiten damit rechnen, dass Unterstützer Putin’s nicht unbedingt für die beste Wahl gehalten werden. Ebenfalls dagegen spricht, dass am 10.04.2023 folgende Nachricht publiziert wurde: „Innenministerin Faeser will russischen Sportlern bei internationalen Wettbewerben die Einreise nach Deutschland verbieten. Putin solle keine Propaganda-Bühne geboten werden.“ In Dortmund scheint man es anders zu sehen.
Zu 3.) In der Tat möge jeder selber entscheiden, ob Putin einer Hexenjagd ausgesetzt ist und ob das wachsweiche Gesülze des Herrn Kramnik eine vernünftige Stellungnahme zum Angriffskrieg der Russen war. Ich vergleiche dieses ausweichende „Nichtssagende“ mit der ebenso unsäglichen Stellungnahme von Antoli Karpov gegenüber der französischen Europe-Echecs im letzten Jahr. Wie erfrischend bringt es hingegen Garri Kasparov auf den Punkt, ohne sich nur im Ansatz verbiegen zu müssen.
Zu 4.) Das Sport – hier Schach – und Politik untrennbar sind, erkennt man alleine schon an der Besetzung des Kuratorium des russischen Schachverbandes. Der Vorsitzende ist Pressesprecher des Kremls, Mitglied Schoigu ist russischer Verteidigungsminister, Dvorkovich war Vizepräsident der russischen Föderation und ist nun das russische U-Boot im Weltschach. Kudrin war Finanzminister, Sobjanin ist Bürgermeister von Moskau, Kloponin war stellvertretender Ministerpräsident der Russischen Föderation, Shaimiev ist ehemaliger Präsident der Republik Tatarstan. Neben einigen Gazpromlern, Bankern, Zeitungsherausgebern und Wirtschaftslenkern gesellt sich noch Kramnik zur illustren, unpolitischen Schachrunde.
Zu 5.) Positiv? Als potentielles Friedenszeichen? Oder ist es eine Demütigung des ukrainischen Großmeisters, den man unnötigerweise in eine unmögliche Lage gebracht hat.
Ich bin gespannt, wie sich Eljanov bis zum Sommer positionieren wird. Ebenso bin ich sehr daran interessiert zu erfahren, wie der Namensgeber / der Hauptsponsor der Veranstaltung, die Stadtsparkasse Dortmund diese Situation bewertet. Während von der Stadt Dortmund über 7.000 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen wurden, erhält ein russischer Staatsbürger (mit engen Kontakten zu Personen, gegen die EU-Sanktionen verhängt wurden) von der örtlichen Stadtsparkasse ein sattes Honorar dafür, dass er auf der Turnierbühne Partien ohne Rochade u.a. gegen einen Ukrainer spielt. Mir persönlich gefällt die Verteilung der Gelder nicht, aber vielleicht bin ich ja auch zu naiv. Business as usual.
Es gibt keine Causa Kramnik !
Kramnik gehört selbstverständlich eingeladen, der Name Kramnik ist mit den Dortmunder Schachtagen seit mehr als 3 Jahrzehnten untrennbar verbunden kein anderer Spieler hat das Turnier so geprägt wie er.
Mit viel Unverständnis habe ich die Beiträge gelesen, wenn Deutschland ein Wettbewerb in Sachen Doppelmoral ausrufen würde, wäre der erste Platz sicher . Wo waren den 2003 die Forderungen britische bzw. amerikanische Sportler für den verbrecherischen Irakkrieg auszuschließen , derren 1.5 Millionen Zivilisten zum Opfer fielen?
Im übrigen ist Deutschland der denkbar schlechteste Moralapostel 28 Millionen Sowjetrussen fielen dem Agressor Deutschland zum Opfer im 2 Weltkrieg scheinbar haben das einige schon vergessen.
Politik hat nichts mit Sport zu tun, wäre es so , dann gäbe es zu keiner Zeit olympische Spiele.
Wenn überhaupt hätten ukrainische Spieler das Recht zu entscheiden ob sie mit Kramnik spielen wollen oder nicht. Sollte Kramnik von den Organisatoren ausgeladen werden, so würde ich das bedauern.
Im übrigen schlage ich dann den Internationalen Meister Bernd Schneider als Ersatzspieler dann vor ,sein Publikum hätte sicherlich kein
Problem den Eintritt dann zu entrichten , um Ihn in Aktion zu sehen sei es ihm gegönnt !
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Eigentümer der Mailadresse ist Anatoly Naumkin. Welcher Name stimmt denn nun?
Vielleicht sollten solche Kommentare, die ganz offensichtlich aus einer Trollfabrik des Kremls stammen, gar nicht erst freigeschaltet werden… (oder zumindest mit einem Korrekturhinweis versehen werden, denn der besagte Kommentar ist nicht nur purer Whataboutismus, sondern strotzt nur so von sachlichen Fehlern:
1. Es gab 2003 sehr wohl erhebliche Kritik und große Demonstrationen gegen den Irakkrieg – was es damals freilich nicht gab, waren Whataboutismus-Trolle, die versucht haben, mit Hinweis auf die zahlreichen sowjetischen/russischen Angriffskriege davon abzulenken.
2. Laut Wikipedia sind dem 2. Weltkrieg 27 Millionen Sowjetbürger zum Opfer gefallen – bitte beachten: Sowjetbürger, nicht Russen! Unter den sowjetischen Todesopfer sind zahlreiche aus anderen Sowjetrepubliken, insbesondere natürlich aus der Ukraine, aus Belarus, aus dem zwangssowjetisierten Baltikum. (Letzteres verweist noch auf einen weiteren Punkt: Nicht alle sowjetischen Todesopfer des 2. Weltkriegs fielen dem deutschen Überfall die UdSSR zum Opfer, natürlich sind auch bei den sowjetischen Angriffskriegen gegen Estland, Lettland, Litauen, Finnland und Polen (habe ich noch weitere vergessen, Herr Naumkim/Sonderberg?) sowjetische Soldaten zu Tode gekommen.))
das zum thema meinunungsfreiheit in deutschland , weil ihnen die meinung nicht passt wird diskreditiert
trollfabrik so ein blödsinn. 27 millionen sind im 2 weltkrieg ums leben gekommen es über einzelne nationalitäten zu relativieren macht es ja nicht besser.
Danke, lieber Bernd, für den wirklich guten Beitrag. Du hast dir nicht nur viel Mühe gegeben, dich verständlich auszudrücken, es ist dir auch gelungen. Es ist halt nur der Moment, in dem du von „wachsweichem Gesülze“ sprichst, der dann doch ein wenig polemisiert. Es mag zwar sein, dass er keine klare Position bezogen hat oder das einiges unschlüssig blieb oder so etwas, aber so wird der Leser im Prinzip von dir „gezwungen“ (oder er soll es werden…) sich dem anzuschließen. Das wäre einfach nicht nötig gewesen. Die Argumente sprechen alle für deine Sichtweise.
Mir ist nicht klar, ob Bernd Schneider mit Pavel Eljanov über seine geplante Stellungnahme sprach. Letztes Jahr schloss sich der Großmeister nicht der Forderung nach Ausschluss der russischen Schachspieler an. Am 22.03.2022, 4 Wochen nach Kriegsbeginn, kann in der Süddeutschen Zeitung folgendes gelesen werden:
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„In einem offenen Brief forderten 28 Großmeister aus der Ukraine den vollständigen Ausschluss Russlands – und den Rücktritt Dworkowitschs. Auch der ukrainische Schachverband fordert das. Eljanow schloss sich dem Brief nicht an: „Ich finde die Standpunkte von ECU und Fide sehr ausgewogen. In anderen Sportarten dürfen Russen ja auch noch spielen“, begründet er die Entscheidung. Die ECU, die Europäische Schachvereinigung, hatte schon früher den Ausschluss aller Russen bekannt gegeben, auch für die Europameisterschaft, die am Sonntag startet. Das Mittelmaß zwischen Fide und ECU gefällt dem Ukrainer Eljanow. Grundsätzlich tue aber auch er sich schwer mit der Frage, welche Sanktionen die besten wären. Er kenne einige Russen, die sich schon öffentlich gegen Putin positioniert hatten. „Das ist nicht wirklich sicher in Russland, deshalb finde ich das sehr mutig“, sagt Eljanow.“
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Link: https://www.sueddeutsche.de/sport/schach-russland-turnier-berlin-1.5552606
Hallo Bernd,
FullAck! Gerade weil es sich um ein Einladungs- und nicht um ein „traditionelles“ Schachturnier handelt, stinkt die Sache gewaltig. Die „Nicht“haltung Kramniks zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine war mir vorher gar nicht bekannt. Ich hatte überlegt, ob ich eventuell am Open teilnehmen werde, so wird mir die Entscheidung leicht gemacht. Danke für Dein deutliches Statement.
Pavel Eljanov wird anlässlich der Aufnahme von Vladimir Kramnik in den FIDE-Beirat zitert – auf dem Telegram-Kanal von „Schach unzensiert“ ( Chess-News Шахматы без цензуры) wurde am 15.08.2022 folgender Beitrag veröffentlicht:
(Link: https://t.me/chessnewslive/3609 )
Übersetzung aus dem Russischen (aus Zeitgründen) mittels Übersetzungssoftware:
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Anlässlich der Aufnahme von Vladimir Kramnik in den FIDE-Beirat erinnerte Pavel Pavel Eljanov an eine Aussage des ehemaligen Weltmeisters Vladimir Kramnik aus dem Jahr 2015:
(Anmerkung: 2014 war die Besetzung der Krim und der Einmarsch in den Donbass)
„Um ehrlich zu sein, bin ich sehr besorgt. Es gab einen erbitterten Kampf zwischen der westlichen und der östlichen Zivilisation. Nach dem Krieg gab es eine klare Dominanz des Westens, und jetzt bricht dieses System zusammen. Ich habe den Eindruck, dass sich die USA des beginnenden Verlustes an China und potenziell an Russland, Indien und den gesamten Osten bewusst sind. Und jeder Schachspieler wird Ihnen sagen: Wenn die Dinge sich nicht zu Ihren Gunsten entwickeln und Sie dabei sind, zu verlieren, dann müssen Sie ein schmutziges Spiel spielen – bluffen, die Situation aus ihrem bisherigen Lauf bringen. Genau das geschieht jetzt.
Meiner Meinung nach ist Russland nicht das Hauptziel in diesem Spiel. Wir stehen einfach in der ersten Reihe. Denn im Moment ist Russland wahrscheinlich das einzige Land, das offen versucht, sich dem US-Diktat zu widersetzen. Deshalb stehen wir so sehr unter Druck. Dieser Druck wird sich verstärken, egal was in der Ukraine passiert. Die Ukraine ist nur ein Vorwand. Der Westen will seine Führungsposition nicht an den Osten abgeben und scheint einen massiven Feldzug zur Aufrechterhaltung seiner Vorherrschaft zu starten.
Ich denke, wir sollten uns auf eine lange Belagerung einstellen, so leicht werden sie uns nicht im Stich lassen. Und ich hoffe wirklich, dass wir durchhalten werden. Eine unipolare Welt, unabhängig davon, wer am Ruder ist, ist von Natur aus destruktiv.
Dies wurde in einer abscheulichen Propagandazeitung, Argumenty i Fakty, veröffentlicht.
Anmerkung: Argumenty i Fakty, abgekürzt AIF ist die meistgelesene russische Wochenzeitung (Wikipedia)
Link zu dem genannten Artikel in Argumenty i Fakty (01.07.2015): https://aif.ru/sport/person/kto_blefuet – Antwort auf letzte Frage „Und wie sehen Sie das, was heute in der Welt geschieht?“ (И каково же ваше видение происходящего сегодня в мире?)
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Kramnik sollte am Turnier teilnehmen. Es wäre eine Schande und ein großer Verlust für den Sport, wenn man ihn nur deshalb ausschließt, weil er Russe ist. Gleiches gilt für die Entscheidung, gegen ihn zu spielen. Weltweit gibt es Empörung, wenn Iraner nicht gegen Israelis spielen. Für seine Herkunft kann er nichts. Er tritt nicht mit russischer Flagge an. Anders als Karjakin, der völlig zu Recht disqualifiziert wurde aufgrund seiner indiskutablen Äußerungen hat sich Kramnik nicht auf eine solche Art geäußert. Es war zwar differenzierter als die deutliche Positionierung gegen Putin/Krieg seitens anderer Spieler (Kasparow, Dubov, Nepo, Svidler,..), mehr kann man allerdings auch nicht erwarten. Nur weil Ihnen sein Statement nicht radikal genug war und nicht deutlich ihrer persönlichen Meinung entspricht, muss man Kramnik nicht ausschließen. Sein Statement sollten Sie im Übrigen noch einmal genau lesen, insbesondere den Abschnitt mit der Hexenjagd. Denn Ihr Text beweist unfreiwillig, dass er Recht hat. Spoiler: Putin ist nicht gemeint.
Man sollte ihn nicht ausschließen, weil er Russe ist, sondern weil er mit keinem Wort erwähnt hat, dass er Mitglied im Kuratorium des russischen Schachverbandes ist.
Es wäre wünschenswert, dass Kramnik tatsächlich kein Visum erhält, dann erledigten sich doch alle Probleme. Aber ist das realistisch? Braucht er unter Umständen gar kein Visum?
Hallo Herr Schneider,
ich teile Ihre Sichtweise zu 100 Prozent. Obwohl ich immer ein Fan des Spiels von Ex-Weltmeisters Kramnik war, bin ich entsetzt, dass er zur „Ehrenwerten Gesellschaft“ in Russland gehört. Er sollte ausgeladen werden. Er hat in einem deutschen Turnier mit GM Eljanov nichts zu suchen, weder Gage noch Punkte.
Meine Handlung. Ich werde den sponsor per Papierpost anschreiben
Sind wir schon wieder soweit?
Kommentare auf Facebook:
Rafael Müdder
Ich finde besonders deine Anmerkung zum Sponsor und der Geldverteilung sehr gut.
Roman Universum
Da muss ich dir Recht geben, es ist absolut die richtige Sichtweise. Alle die sich nicht eindeutig gegen den Krieg positionieren sollten keine Einladungen zu Turnieren erhalten. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Russen oder Spieler anderer Nationen handelt.
Markus Müller
Der hat wohl gemeint, dass er mit so einem Wischiwaschi-Geschwurbel durchkommt. Er hat sich damit noch tiefer reingeritten (also Warpiggymir Kramnik)
Olaf Peters
Applaus, Applaus. Du hast mit deinen Worten den Nagel auf den Kopf getroffen. Sicher ist dem Veranstalter bereits vorher klar gewesen, dass er sich mit der Personalie Kramnik auf einem schmalen Grat befindet. Möglicherweise ist es inzwischen aber extrem schwierig, noch einen für alle Beteiligten akzeptablen Ausweg zu finden. Es scheint aber auf jeden Fall sinnvoll, das Thema von Seiten des Veranstalters noch einmal kritisch zu betrachten. Deine Worte sollten hierfür ausreichend fruchtbaren Boden geboten haben.
Bernhard Röckle
Sehr gut – Vielen Dank Bernd!