Von Ralf Mulde – Die Wahlen sind durch, die Ergebnisse stehen fest, die freudige (jawohl!) Arbeit beginnt. Morgen. Deutschlands Figurenschieber erwarten oder hoffen, dass alle Kontrahenten nun aufeinander zugehen, nötigenfalls ein klärendes Gespräch führen, vielleicht auch im Western-Saloon ein Shoot-Out hinlegen und gemeinsam das Beste für das deutsche Schach herbeiführen. Das kriegt Ihr doch hin, oder?
Auf wundersame Weise scheint der DSB inzwischen keine drängenden Finanzprobleme mehr zu haben – alle topp. Klickt man einmal die aktuellen Teams direkt unterhalb der Bundesliga, den Oberligen, durch, so findet man auch dort kaum noch deutsche Namen. Weil man sich aber weitgehend daran gewöhnt hat, dass die Schachbundesliga einen eigenen Planeten bildet, die mit den deutschen Vereinen eigentlich nichts mehr zu tun hat, wurde womöglich auch die Entwicklung der Oberliga übersehen.
Blickt man auf die gemeinhin sehr zuverlässige Seite chessbomb.com, wo man vielleicht eben noch bis zum Abendspaziergang (zum Kühlschrank) total gespannt die Partien der Schachkämpfer Kollars und Huschenbeth verfolgte – dazu später -, mag man nun zurückkehren, um zu erfahren, wer denn nun Deutscher Meister 2018 ist. Beide Genannten hatten 7/9 und schafften es, nicht ohne Kampf – aber der gehört dazu -, auch jeweils ihre Finalpartie zu gewinnen:
Eine tolle Leistung von Beiden! Nun ist es kaum möglich, während eines laufenden, größeren Turniers die Feinwertung vergleichend zu ermitteln bzw. abzuschätzen, weil Spieler … Meyer in Runde 2 oder 3 gegen irgendeinen … Müller gespielt haben mag, der leider noch immer da hinten in der Ecke die letzte Partie des Turniers spielt – und ob er das Turmendspiel gewinnen wird oder, so sieht’s eher aus, doch noch in den Verlust wandelt, mag unklar sein.
Was wir um 22:47 h noch nicht wissen, ist erstaunlich viel:
Die DSAM weist noch immer keine Abschluss-Tabelle auf. Die wurde in jordanisierten Zeiten auch immer stark zeitverzögert veröffentlicht, um die Sieger nicht schon vor ihrer Ehrung bekannt zu geben, aber … Unser innerer Forschungsauftrag führt uns weiter. Wer ist denn nun Deutscher Meister geworden? Nicht Master, sondern normaler Einzelmeister. Zuletzt verfolgten wir atemlos der chessbomb-Übertragung der beiden Über-Spieler GM Kollars und IM Huschenbeth, beide mit unglaublichen sieben aus acht in der Schlusskurve – und beide am Ende mit noch unglaublicheren acht aus neun!!! Wir denken (immer) an Aljechin. San Remo 1930. Bled 1931. Muss so ähnlich gewesen sein.
Wer von diesen zwei beiden (nein, nicht Aljechin) nun feingewerteter Deutscher Meister 2018 ist, werden wir wohl späteren Medien zu entnehmen versuchen. Es war jedenfalls Großes Drama, während der Kongress um die Urne tanzte. Um die Wahlurne. Zu diesem Zeitpunkt: Auf der DSB-Seite noch kein Ergebnis, keine Fotos, erst recht keine Partien, weder von der DSAM noch von der Einzelmeistern, auch nicht vom sog. Masters. Achja, vom Pokal des Emil Dähne, ehemals DSB-Chef, auch nicht.
Aber es wird ja alles besser, denn wir durften der Seite der Deutschen Schachjugend DSJ eine Art allgemein zugängliches Verlaufsprotokoll entnehmen, nach dem der DSB schon ab heute völlig überraschend mit Thomas Cieslik einen neuen Referenten für Öffentlichkeitsarbeit hat! Die DSJ hatte mit so einem Twitter-Dings schon einmal den mit leeren Händen dastehenden DSB überspielt und man denkt sich, zweimal wird Dergleichen wohl nicht vorkommen. War aber so. Womit ja nun auch gleich der erste „Auftrag“ für den Motivator Cieslik ausgemacht wäre.
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Natürlich kann der DSB-Vorstand nicht überall sein. Der wird mit den Wahlen, mit diesem so noch nie dagewesenen Mehrfach-Turnier-Tag, mit allen möglichen Konzepten, Besprechungen und und und … mehr als genug zu tun gehabt haben, zumal das „Turniergebäude“ verwinkelt und also schwer zu überblicken war. Für Schiedsrichter ist so etwas nicht schön, für Figurenaufbauer auch nicht.
Und am Ende, wenn die letzte Uhr abgestellt wurde, möchte so ein ehrenamtlicher Organisator auch ganz gerne mal im Kreis der Mitstreiter entspannen, Mensch sein, dummes Zeug reden und natürlich das Kongress-Ergebnis debattieren. Die Veröffentlichung von diesem oder jenem steht in dieen Stunden nicht an erster Stelle. Dennoch war klar, dass heute Wahlen stattfanden und auch, dass das irgendwie störende „Schachvolk“ wissen mögen würde, wer denn ab heute deutscher Schachkönig sein würde. Warten wir’s also ab.
Ralf Mulde
Zitat aus der Ausschreibung:
„Bei Punktgleichheit entscheidet über die Platzierung der Durchschnitt der Elo-Zahlen der Gegner, ersatzweise deren DWZ, bei erneuter Gleichheit die FIDE-Buchholz-Wertung, zuletzt das Los.“
Für die Feststellung des Deutschen Meisters waren also die Ergebnisse der übrigen Partien uninteressant. Wer im Fall von Punktgleichheit die bessere Wertung (nicht: „Feinwertung“, das ist ein Pleonasmus) haben würde, stand somit schon vor Beginn der letzten Runde fest.