Hartmut Metz – „Es ist unten brutal eng!“ So beschreibt Michael Reiß die Situation im Abstiegskampf der Schach-Bundesliga. „Die Vereine trennt bei sechs Punkten teilweise nur einen halben Brettpunkt“, sagt der Vorsitzende des Münchener Schachclubs 1836. Dank eines „sehr, sehr wichtigen 4,5:3,5“ über den Schlusslicht TSV Schönaich (2:16) hielt der Traditionsverein nicht nur die Gastgeber auf Distanz, sondern steht nach 9 der 15 Spiele mit 6:12 Zählern und 32:40 Brettpunkten hauchdünn vor dem SV Werder Bremen (31,5:40,5) und Lokalrivale Bayern München (31:41).
Tatsächlich stehen nach neun Spieltagen die beiden mit Abstand größten Marken des Vereinsschachs auf den Abstiegsplätzen. Oben geht es derweil seinen geregelten Gang. Titelverteidiger Baden-Baden gewann zweimal, Konkurrent Viernheim sogar dreimal (inklusive Nachholpartie). Beide erfreuen sich an 18:0 Punkten. Sollte nicht überraschend ein „Kleiner“ dazwischenfunken, werden sie am letzten Spieltag im direkten Vergleich die Meisterschaft unter sich ausmachen.
Münchens Leo Costa überrollte Baden-Badens Alexej Schirow, den „Hexer von Riga“, in dessen Angriffsstil. | Foto: Michael Reiß/Münchener SC 1836
Der FC Bayern rutschte durch ein 2,5:5,5 gegen die Hanseaten auf den Abstiegsplatz. Auch wenn die Gäste in Bremen Pech hatten, weil der Schwede Philip Lindgren kurzfristig gesundheitlich ausfiel und am Samstag im Hotelzimmer blieb, unterstreicht Jörg Wengler: „Werder war stärker und hat verdient gewonnen.“ Immerhin durfte sich der Bayern-Abteilungsleiter am Sonntag über ein 4:4 gegen den SK Kirchweyhe freuen. „Jeder Punkt ist wichtig“, betont Wengler. Nach sechs interessanten Remis, die teilweise bis über sechs Stunden gingen, besiegelten Linus Johansson und Zoran Jovanovic mit einem Friedensschluss das Mannschafts-Unentschieden.
Auch Kirchweyhe (8:10) muss wohl wie selbst der Tabellensechste Doppelbauer Turm Kiel (9:9) bange nach unten blicken. Alvar Alonso Rosell hielt die Bayern im Spiel und schlug Ante Brkic, Makan Rafiee gratulierte am letzten Brett Robert Zelcic. Werder setzte sich beim klaren 5,5:2,5 durch Zahar Efimenko Sieg am fünften Brett über Martin Lokander und den Punkt von Spartak Grigorian über Michael Fedorovsky weiter ab, nachdem Nikolas Wachinger nur hatte warten müssen für seinen kampflosen Erfolg.
FC Bayern braucht „großes Besteck“
Der FCB muss wohl in den restlichen sechs Begegnungen das große Besteck herausholen und wie Kirchweyhe acht Großmeister aufbieten, um dem Abstieg zu entrinnen. Diesmal fehlten sechs der acht Topleute im Kader! Bei voller Kapelle spielt der bisher ungeschlagene Topscorer Valentin Dragnev (4/7) an Brett acht. Auch Niclas Huschenbeth muss nach seinem langen Bali-Trip zurück ans Brett. „Dieses Jahr hat er noch gar nicht in der Bundesliga gespielt“, sagt Wengler und hofft auf die Verstärkung aus Hamburg.
Beim MSC 1836 holten der ukrainische Spitzenspieler Pawel Eljanow, Ivan Saric und Sasa Martinovic die entscheidenden Siege gegen Schönaich, während Aleksandar Indjic und Andreas Ciolek verloren. Held des Wochenendes war jedoch Leonardo Costa. Beim 2,5:5,5 gegen Serienmeister OSG Baden-Baden hielt der Amateur am Sonntag die Niederlage in Grenzen. Er schlug nicht nur den ehemaligen Vizeweltmeister Alexej Schirow, sondern den „Hexer von Riga“ in dessen typischem Opferstil! Trotz horrender Zeitnot behielt das Talent Costa, das 2021 bereits mit 13 FIDE-Meister wurde, die Übersicht und freute sich hernach über seinen „bisher größten Erfolg“.
Die MSC-Nachwuchshoffnung mit einer Elo-Zahl von 2340 hatte sich „im Vorfeld keinen allzu großen Gedanken gemacht über das Ergebnis gegen den großen Namen“, der ihm gegenübersaß. Er freute sich einfach auf die Partie. Trotz der Zeitnot, die ihm teilweise nur elf Sekunden übrig ließ, opferte Costa in schirow’schem Stile eine Figur für zwei Bauern und Initiative. Der Baden-Badener verlor als erster die Übersicht, so dass der Youngster mit Weiß die Figur zurückgewann – und im 36. Zug war sogar ein Springerverlust im Endspiel unabwendbar, weshalb Schirow die hoffnungslose Position aufgab. „Wir freuen uns über den Prestigeerfolg“, zeigte sich Reiß von seinem Nachwuchsspieler besonders angetan und fieberte die ganze Partie mit. Costa hielt durch seinen ersten Bundesliga-Überraschungssieg nach vier Niederlagen und zwei Remis seine Farben fern von den Abstiegsplätzen. Schwer wird es aber für den MSC 1836 aber trotzdem bleiben.
Für den Meister Baden-Baden, der die Spitze vor Viernheim (beide 18:0) verteidigte, schlug Richard Rapport an vorderster Front Eljanow. Nichts anbrennen ließen überdies Michael Adams gegen Indjic, Alexander Donchenko gegen Ciolek und Etienne Bacrot, der Altmeister Jonathan Speelman in Schach hielt.
More Stories
Hamburger SK besiegt Viernheim (2. Spieltag)
Und jetzt der zweite Stern?
Junge Badener, starke Sachsen und die Frage, ob Bartosz hält (1. Spieltag)
Die OSG Baden-Baden und der Dreikampf
Spätes Glück per Telefon: SV Deggendorf, Gastgeber der zentralen Endrunde im April 2025
Platz 3 und Europacup – Saisonziele übertroffen!