Mit einem strategischen Meisterwerk hat Levon Aronian die Führung bei den WR Chess Masters übernommen. Aronian ließ dem sizilianischen Drachen von Nodirbek Abdusattorov keine Gelegenheit, Feuer zu spucken. Bereits am Ende der Eröffnung hatte der US-Armenier mit den weißen Steinen die Partie in ein aussichtsloses Endspiel für Schwarz überführt.
Mit 2,5/3 führt Turnierältester Levon Aronian (40) die Tabelle an. | Foto: Lennart Ootes
Im Livestream verriet Levon Aronian das Geheimnis seiner Spielfreude: Er schaue sich gerade eine „deprimierende“ TV-Serie von 1979 an, „Berlin Alexanderplatz“. Die Handlung im Berlin der 1920er Jahre sei so traurig, sagte er, „dass es mich glücklich macht, sobald ich wieder an der Tafel sitzen kann. Dann ist alles ganz wunderbar.“ Und das habe sich offensichtlich auf seine Spiele ausgewirkt, sagte er.
Bei seinem Erscheinen 1980 ein Skandal und seiner Zeit voraus, ist Berlin Alexanderplatz von Rainer Werner Fassbinder nach dem gleichnamigen Roman von Alfred Döblin inzwischen ein anerkanntes Meisterwerk.
Mit 2,5 Punkten aus 3 Spielen liegt der US-Großmeister nun alleine vorne. Das andere Ende der Tabelle ziert der einzige Spieler, der Aronian bisher einen halben Punkt abnehmen konnte. Vincent Keymer hat nach seiner Niederlage in der dritten Runde gegen Praggnanandhaa nur diesen halben Punkt auf seinem Konto.
„Pragg“ hingegen stoppte die Serie von zwei Niederlagen mit einem vollen Punkt – und was für einem Punkt. Nachdem Keymer eine gute Gelegenheit verpasste, mit einem zentralen Break zum Gegenspiel zu gelangen und das Spiel nach dem Ruy Lopez vollständig auszugleichen, geriet er nach und nach in einen Königsangriff, der bald nicht mehr zu stoppen war. „Mit einem Punkt auf der Anzeigetafel zu stehen, ist natürlich eine gute Sache“, freute sich der Inder.
Was soll ich tun: Vincent Keymer und Praggnanandhaa besprechen ihr Spiel. | Foto: Lennart Ootes
Das andere Duell der Spieler mit 1,5 Punkten aus zwei Partien neben Aronian-Abdusattorov, Wesley So vs. Gukesh, fand keinen Sieger. Gegen Gukeshs angenommenes Damengambit schien der Supertechniker So eine Position nach seinem Geschmack zu bekommen – etwas mehr Platz, etwas mehr Aktivität – aber es stellte sich heraus, dass nichts Greifbares zu gewinnen war. Nach nur 33 Zügen stand ein symmetrisches Endspiel mit 3 gegen 3 Bauern am Königsflügel auf dem Brett und die Gegner einigten sich auf Remis. So und Gukesh teilen sich nun den zweiten Platz im Ranking mit jeweils 2 Punkten aus 3 Spielen.
Schwarz ist okay: Gukesh überließ gegen Wesley So nichts dem Zufall. | Foto: Lennart Ootes
Der nominelle Turnierfavorit Ian Nepomniachtchi kommt zumindest im ersten Turnierdrittel nicht so richtig in Fahrt. In einer englischen Partie gegen Wijk-Sieger Anish Giri – Nummer zwei gegen Nummer fünf der Welt – musste der kommende WM-Finalist mit den weißen Steinen sogar aufpassen, nicht in einen substanziellen Nachteil zu geraten. Auch hier löste sich die Sache um den 30. Zug in einem Turmendspiel, bei dem beide Seiten nichts zu gewinnen hatten.
Drei Spiele, drei Remis: Anish Giri, solide. | Foto: Lennart Ootes
Jan-Krzysztof Duda sah sich zum zweiten Mal im Turnier mit Schwarz gegen Andrey Esipenko mit einer katalanischen Eröffnung konfrontiert. Er vermied das Missgeschick der ersten Runde, als er gegen Wesley So in eine altbekannte Falle tappte. Dennoch sah es einige Zeit kritisch aus. Während Dudas Dame an der Seitenlinie keine erkennbare Arbeit verrichtete, schien sich über seinem Königsflügel ein Sturm zusammenzubrauen. Doch alle Sorgen der polnischen Beobachter um ihre Nummer eins waren unbegründet. Esipenko gelang höchstens ein Endspiel mit symbolischem Vorteil. Nach 44 Zügen schlossen die Gegner Frieden.
Interviews und Analysen nach Runde 3:
Anish Giri – Interview nach Runde 3 der WR Chess Masters 2023
Wesley So – Interview nach Runde 3 der WR Chess Masters 2023
Levon Aronian analysiert seine Partie gegen Nodirbek Abdusattorov
Rameshbabu Praggnanandhaa analysiert sein Spiel gegen Vincent Keymer
Stand nach Runde 3 :
1. Levon Aronian – 2½; 2-3. Wesley So und Gukesh D – 2; 4-7. Anish Giri, Ian Nepomniachtchi, Andrey Esipenko und Nodirbek Abdusattorov – 1½; 8-9. Jan-Krzysztof Duda und Rameshbabu Praggnanandhaa – 1; 10. Vincent Keymer – ½.
Text: Offizielle Website
Foto: Lennart Ootes
Offizielle Website: wr-chess.com/
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