November 25, 2024

Watson wie ein Löwe, aber: Münchener Clubs lassen Federn

Hartmut Metz – Die beiden Münchner Schach-Bundesligisten sind wie die deutsche Fußball-Nationalmannschaft am Wochenende zu einem Remis gekommen. Zufrieden sind aber damit weder der FC Bayern noch der Münchener Schachclub (MSC) 1836. Beide müssen dadurch ein Auge auf den Klassenverbleib richten: Die Schach-Abteilung des FCB hat nun 3:7 Punkte und liegt nur dank der besseren Brettpunkte fern eines Abstiegsplatzes. Der MSC 1836 (4:6 Punkte) verfügt derzeit auch nur über einen minimalen Puffer, auch wenn er als Siebter optisch gut liegt in dem 16 Teams umfassenden Oberhaus.

MSC-Allergie? Pentala Harikrishna beim Prager Schachfestival. | Foto: Petr Vrabec/Prager Schachfestival

„Das Wochenende lief nicht ganz zufriedenstellend“, konstatiert Bayern-Chef Jörg Wengler angesichts der 3:5-Niederlage gegen den schwäbischen Gastgeber SF Deizisau (8:2) und des „zu hoch ausgefallenen“ 1,5:6,5 im Duell mit Meisteranwärter SC Viernheim (8:0), in dem nur drei Unentschieden gelangen. Das 4:4 gegen Aufsteiger Remagen Sinzig (2:6) war zu wenig, um sich unten abzusetzen. Gegen den Tabellenvorletzten sorgte der Iraner Seyed Mohammad Amin Tabatabei an Brett zwei gegen Vojtech Plat für den einzigen Bayern-Sieg des Wochenendes. Makan Rafiee musste gegen Alexandre Dgebuadze den Ausgleich zulassen. „Das 4:4 war leistungsgerecht“, räumt Wengler ein.

Rafiee unterlag ebenso wie Peter Meister gegen die hinten deutlich besser besetzten SF Deizisau. Der Tabellenzweite setzte sich dank der Erfolge von Rustem Dautov und Adam Zoltan Kozak in dem vorgezogenen Match der siebten Runde durch. Am Spitzenbrett trotzte dabei Nationalspieler Matthias Blübaum dem iranischen Topspieler Parham Maghsoodloo. Im Spitzenspiel der Bundesliga konnte danach Deizisau der OSG Baden-Baden keine Schützenhilfe leisten: Viernheim setzte sich bei sieben Remis hauchdünn mit 4,5:3,5 durch. David Anton Guijarro machte den Unterschied. Der Spanier bezwang Andreas Heimann.

Nerven aus Stahl

„William Watson kämpfte wie ein Löwe“, meint MSC-Boss Michael Reiß. Doch der englische Großmeister verdarb am Samstag gegen seinen ehemaligen Castrop-Rauxler Vereinskameraden Volkmar Dinstuhl eine ausgeglichene Stellung. Letzterer rettete durch einen Mattangriff seinem neuen Klub SV Mülheim Nord ein 4:4. Das Duell der einstigen Klubkollegen war laut Reiß auch aus einem weiteren Grund brisant: Watson sollte mit seiner Anwaltskanzlei für Schach-Sponsor Tata Steel den deutschen Stahlriesen Thyssenkrupp übernehmen – doch Dinstuhl wehrte die Übernahme ab. Der gebürtige Oberhausener gilt laut „Handelsblatt“ auch als der große Macher, der den 17-Milliarden-Deal einfädelte, mit dem Thyssenkrupp seine Aufzugssparte unerwartet teuer an ein Konsortium verkaufte. Jetzt bewies der Manager wieder Nerven aus Stahl und kam dank eines Damenschwenks auf der dritten Reihe samt undeckbarem Matt zum Ausgleich.

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Volkmar Dinstuhl im Handelsblatt.

Für die Münchner Führung hatte Aleksandar Indjic gesorgt, der den russischen Großmeister Alexander Moiseenko schlug. „Der Punktverlust kann sich am Saisonende rächen“, fürchtet Reiß angesichts der eng zusammengerückten Teams vor den vier Abstiegsplätzen, „alle liegen hinten eng beisammen. Die Aufsteiger sind diese Saison durchweg stark.“ Beim 3:5 am Sonntag gegen Spitzenreiter Solingen (10:0) durfte sich der Vorsitzende des MSC 1836 nur über den Sieg von Gawain Jones freuen. Der Spitzenspieler, der zuletzt Aufwind durch einen Erfolg über Weltmeister Magnus Carlsen bekam, schlug nach einem achtbaren Remis gegen den Mülheimer David Navara den indischen Weltklasse-Großmeister Pentala Harikrishna an Position eins.

Doch die Niederlagen von Sasa Martinovic, Dominik Horvath und Lev Yankelevich sorgten für klare Verhältnisse zugunsten des Tabellenführers. „Erwin L’Ami und Loek van Wely sind wie die Doppel-Sechs im Fußball und laufen alles für Solingen ab“, preist Reiß mit seinem Vergleich während der Fußball-WM die Achse der Holländer. Auch wenn der Traditionsverein aus der bayrischen Landeshauptstadt dagegen noch kein Mittel gefunden hat, sieht er Harikrishna „langsam davor, eine MSC-Allergie zu entwickeln“, scherzt Reiß angesichts der erneuten Null gegen die 1836er. In der vergangenen Saison hatte ihn Maghsoodloo bezwungen.