Magnus Carlsen, der fünfmalige Schachweltmeister, beendete heute monatelange Spekulationen , indem er über seinen Sponsor Unibet ankündigte , dass er seinen Titel nicht verteidigen werde. Der 31-jährige Norweger geht nicht in den Ruhestand und schwört, „der Beste der Welt zu sein und sich nicht um die Weltmeisterschaft zu kümmern!“ Das bedeutet chinesische Weltnr. 2 Ding Lirens Sieg beim Kandidatenturnier in der letzten Runde gegen Hikaru Nakamura hat ihm ein lukratives Match gegen Ian Nepomniachtchi eingebracht.
Ein Kommentar dazu schrieb GM Gerry Hertneck:
Liebe Freunde,
ich möchte an dieser Stelle ganz klar betonen, dass diese Entscheidung von Magnus in keinster Weise überraschend kommt. Betrachten wir doch einfach die Fakten:
1. Magnus ist seit über 10 Jahren Nummer 1 der Weltrangliste und muss nichts mehr beweisen. Sein Vorsprung auf den Zweiten liegt bei etwa 70 Punkten. Er hat der Schachwelt so viel gegeben!
2. Er hat in 10 Jahren volle fünf WM-Kämpfe gespielt. Solche Wettkämpfe sind sehr anstrengend und kosten mehrere Lebensmonate.
3. Ausgerechnet sollte er nun noch mal gegen Nepo antreten, den er im letzten WM-Kampf vernichtet hat. Selbst wenn Nepo stärker gespielt hätte, wäre es trotzdem kein spannendes Match geworden.
4. Finanziell hat er es nun definitiv nicht mehr nötig, denn er ist schon Multimillionär.
5. Seinen Status als stärkster Spieler der Welt würde er erst dann verlieren, wenn er sich ganz vom Schach zurückzieht.
6. Man sah ihn im letzter Zeit sogar beim Pokern, und vielleicht möchte er jetzt einfach neue Erfahrungen in seinem Leben machen. Vielleicht hat er Angst, sich nicht mehr zu entwickeln.
7. Auch seine kruden bzw. provokativen Eröffnungsexperimente der letzten Monate zeigen ganz klar, dass er schachlich übersättigt ist.
8. Ich bin überzeugt, dass er keinster Weise mit der Entscheidung hadert, sondern sich jetzt wieder als freier Mann fühlt.
Schade ist es trotzdem.
Es wäre schön, wenn sich Magnus und die stärksten Spieler der Welt auf einen spannenden Modus verständigen würden, bei dem auch Magnus wieder mitspielt. Daran sollte auch der FIDE gelegen sein.
Martin Wolff
Ich verstehe ihn absolut!
Klaus Beckmann
Die Entscheidung verstehe ich. Trotzdem bedaure ich diese sehr.
Ulrich Geilmann
Diese Entscheidung war angesichts des Vorspiels wohl leider zu erwarten. Ich bedauere, dass Carlsen seinen wohl verdienten und hart erkämpften Titel nicht mehr sportlich verteidigen möchte. Dabei ist mir durchaus bewusst, dass fast alle Schachweltmeister dem Vernehmen nach ähnliche Motivationsprobleme hatten, wie Carlsen jetzt. Aber wenn nicht der stärkste Spieler seiner Zeit auch Weltmeister ist, wird der Titel dadurch entwertet. Aber vielleicht habe ich auch einfach viel zu romantische Vorstellungen.
Martin Erik Lerch
Liebe Schachfreunde!
Ich kann ihn sehr gut verstehen.
Ein Weltmeisterschaftskampf dauert nicht drei Wochen: Wenn er spielt, nimmt er es ernst und muss sich mindestens drei Monate vorbereiten.
Ich denke weiterhin, dass es ein Fehler war, von dem angestammten und akzeptierten Drei-Jahres-Turnus abzugehen. Gegen Anand musste Carlsen zweimal innerhalb eines Jahres antreten!
Und – wie schon an anderer Stelle bemerkt:
Er muss nichts mehr beweisen. Seit elf Jahren Weltrangliste Nummer Eins.
Ob der Titelkampf an Attraktivität einbüßt? M. E. nicht: Die Fußball-WM kann auch ohne den Titelverteidiger stattfinden – aktuell die nächste ohne den Europameister.
Vielleicht wird ein Match Nepomnjaschtschi – Ding Liren sogar spannender: Gegen Carlsen kam es mir manchmal vor wie in der ersten Runde eines Opens: Hauptsache nicht untergehen – ist schon ein Erfolg.
Und dass Dödels dumme Kommentare en masse geben werden ist leider in allen Lebensbereichen Normalität geworden. Eine „Normalität“, die mir nicht in dem Geringsten gefällt.
Danke für’s Zuhören,
Martin Erik