Hartmut Metz – Das Münchner Derby am Samstag in der Schach-Bundesliga erinnert stark an den Klassiker im Fußball: Die „Sechzger“ als krasser Außenseiter, der FC Bayern München in der haushohen Favoritenrolle, auch wenn die große Zeit der Bayern als Schach-Serienmeister schon mehr als ein Vierteljahrhundert her ist. „Die Situation ist mit 1860 vergleichbar, wir sind auch traditionsreich“, meint Michael Reiß vom Münchener Schachclub 1836, der bis in die 60er Jahre mit Wolfgang Unzicker das bundesdeutsche Schach beherrschte. Aber, betont der Vorsitzende des MSC 1836 im nächsten Atemzug: „Heutzutage haben wir keine Chance gegen die Bayern! Die haben eine tolle Mannschaft. Diesbezüglich muss ich ihnen Respekt zollen.“
Außer im Derby erwartet der Vereinschef auch sonst wenig von seiner Truppe bei der Bundesliga-Schlussrunde, die Werder Bremen von Donnerstag bis Sonntag (7. bis 10. Juli) mit allen Teams ausrichtet. „Wir wollen mitschwimmen und bringen eine moderate Mannschaft ans Brett“, verweist Reiß auf die Sparzwänge beim Aufsteiger, „wir können nicht so in die Vollen gehen!“ Mit zwei, drei Punkten aus den letzten fünf Spielen wäre der Tabellenachte daher sehr zufrieden. Ansonsten hofft der achtfache bundesdeutsche Meister, dass die bisher eroberten 10:10 Punkte bereits zum Klassenerhalt reichen. Die vier letzten Teams der 16er-Liga liegen schließlich mindestens sechs Zähler zurück.
Wesentlich ambitionierter fahren die Bayern an die Weser. Sie wollen nicht nur das Derby gegen den MSC am Samstagmorgen um 10 Uhr für sich entscheiden. Mit derzeit 13:7 Punkten könnte der neunfache deutsche Champion seine Bilanz so positiv gestalten wie noch nie seit der Neuformierung. „Wir sind als Team auf jeden Fall schon zufrieden, wie die Saison für uns bis jetzt läuft. Ergebnistechnisch und vom Mannschaftsklima her ist alles super. Ich denke, es würde uns bestimmt sehr freuen, wenn wir dieses Jahr noch unsere Mannschaftspunkte vom letzten Mal übertreffen könnten und das ist definitiv kein unrealistisches Ziel“, betont Valentin Dragnev mit Blick auf die 15:13 Punkte im Vorjahr.
Nun treffen die Münchner Vereine auf durchweg im Mittelfeld liegende und damit schlagbare Rivalen: Der 23-jährige österreichische Großmeister sieht daher in den Duellen gegen den Tabellennachbarn Doppelbauer Turm Kiel (13:7), Gastgeber Bremen (11:9), den MSC, den Hamburger SK (10:10) und den SV Mülheim-Nord (8:12) gute Chancen, die gute Saisonbilanz des FC Bayern weiter zu verbessern.
Meisterschaftsfavorit Baden-Baden
Für den Titel reicht das noch lange nicht. Der SC Viernheim und Serienmeister OSG Baden-Baden weisen 20:0 Zähler auf. Auch wenn beide noch auf andere Spitzenteams treffen, dürfte das direkte Duell am Samstag, an dem um 17 Uhr die einzige Doppelrunde der Bundesliga ansteht, die Entscheidung bringen.
Dragnev sieht den Herausforderer Viernheim nicht chancenlos gegen die Weltauswahl aus der Kurstadt: „Ich gehe davon aus, dass die Baden-Badener mit einer gewohnt starken Aufstellung zum Bundesliga-Finale kommen werden, was ihnen wohl die etwas besseren Chancen gibt. Allerdings kann man nie Überraschungen ausschließen – und es wird sicherlich spannend werden.“ Was den MSC 1836 anlangt, setzt der Wiener Großmeister darauf, dass es weiter zwei Bundesliga-Klubs aus München in der neuen Saison geben wird: „Ich denke, dass der Klassenerhalt für den MSC 1836 kein Problem sein sollte.“
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