Angelika Valkova schrieb auf Facebook:
Die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft der Frauen in Braunfels war für mich immer ein Ereignis, das mir in guter Erinnerung geblieben ist. Aber dieses Jahr nicht…
Wir können nicht so leben, als ob nichts passiert, der Krieg nimmt unschuldigen Menschen in der Ukraine grausam das Leben. Diese Leben werden von russischen Soldaten genommen. Die Raketen schlagen auf ukrainischem Boden nicht nur von russischem Territorium, sondern auch von Weißrussland aus ein.
Es sollten sofortige Maßnahmen in allen Lebensbereichen ergriffen werden, so auch im Schach. So verbietet das ukrainische Sportministerium ukrainischen Schachspielern, sich mit Spielern aus den Schachverbänden Russlands und Weißrusslands am Brett zu messen.
Kehren wir nun zum Turnier zurück. Am ersten Brett meiner württembergischen Mannschaft steht WGM Evgeniya Doluhanova, die aus Charkiw kommt, einer der Städte, die am meisten unter der unprovozierten russischen Aggression gelitten haben. Übrigens, in unserer Mannschaft sind 4 Ukrainerinnen: Evgeniya (Brett 1), WFM Tatyana Kostak (Brett 3), WIM Halyna Timofeeva (Brett 6) und ich (Brett 4).
Heute vor der ersten Runde überprüfte Evgeniya die Spieler an den ersten Brettern – ihre potenziellen Gegner an Brett 1 – und fand eine Person, deren Föderation mit „FID“ (=FIDE) angegeben war. Aber interessanterweise, als sie auf die FIDE-ID klickte, war dort ganz klar die Flagge von Weiß zu sehen.
Die Schiedsrichter warnten uns nicht vor den möglichen Problemen und versuchten auch nicht wirklich, eine Lösung zu finden, als wir das Problem erwähnten und anboten, die Bretter für eine Runde gegen diese Mannschaft zu tauschen. Im Grunde genommen war es ihnen egal. „Es ist euer Problem“, wurde Evgeniya gesagt.
Natürlich war es zu spät, aber wir versuchten trotzdem, unser erstes und zweites Brett für die gesamte Veranstaltung zu tauschen. Wieder hieß es, es sei zu spät und sie seien beschäftigt. Nach einem weiteren Versuch, darum zu bitten, sagte der Schiedsrichter, ich solle ihn in Ruhe lassen.
Heute haben wir unsere erste Partie mit Evgeniya an Brett 1 gewonnen und in der zweiten Runde, die morgen früh stattfindet, stehen wir diesem Team gegenüber.
Was wird an Brett 1 passieren? Ich habe keine Ahnung.
Aber eines weiß ich. Es ist nicht „unser Problem“.
Und ich spreche hier nicht nur vom Schach…
Bild: Deutsche Mannschaftsmeisterschaft der Frauen 2021
Ehrlich gesagt, hat der Schiedsrichter alles richtig gemacht. Er kann als oberster Regelhüter keine Ausnahmen machen. Es ist die alleinige Entscheidung der Ukrainer gegen diese Länder nicht anzutreten. Dieses Problem kann man meines Erachtens auch nicht auf andere übertragen und damit ist und bleibt leider ihr Problem.
Team Württemberg weiß es vielleicht nicht, aber ich weiß, dass Marharyta Khrapko wohl in München studiert oder jedenfalls regelmäßig bei Münchner Turnieren mitspielte: vor Corona (und das ist nun schon eine Weile her) hatte ich zweimal im Schnellschach gegen sie verloren.
Da ist dann guter Rat teuer: aus meiner Sicht kann man weder sie zu einem Verbandswechsel zwingen (wäre wohl eine Option, aber was sind ihre mittelfristigen Pläne – vielleicht zurück nach Weißrussland?) noch Bayern zum Verzicht auf dieses Spitzenbrett.
Was dann an Brett 1 passierte: Khrapko-Doluhanova 1.e4 1-0 – dafür kann man Verständnis haben oder nicht, je nachdem ob man Weißrussinnen oder auch Russinnen in Kollektivschuld nimmt.