Dezember 3, 2024

Kantersiege für die Grenke-Teams

Zwei ordentliche Klatschen setzte es in Aachen, wo Meister und Vizemeister es mit zwei potenziellen Kellerkindern zu tun bekamen. Anderswo mussten die Favoriten hart und lange für ihre Punkte arbeiten – in den meisten Fällen erfolgreich. Schachbundesliga, dritter Spieltag:

Deizisau versus Düsseldorf: Vincent Keymer hatte einen langen Tag im Büro, Europameister Matthias Blübaum kam schneller zum Punkt. | Foto: Jan Werner

Aachener SV – OSG Baden-Baden 1:7

Eigentlich gilt Jan Gustafsson als Eröffnungskoryphäe, aber gegen den vezögerten Stonewall von Felix Klein war davon nichts zu sehen. 6.g4 mag noch eine giftige Idee sein, aber drei Züge später drohte Weiß am eigenen Gift zu ersticken.

9…Sa6, und Weiß steht sehr, sehr früh sehr, sehr schlecht.

Zwar setzte Klein nicht ideal fort, trotzdem ließ sich nicht nur an diesem Brett die Chose gut an für Aachen. Oscar Lemmers sprang Arkadij Naiditsch mit einem Königsgambit an, Gabor Nagy ließ gegen Michael Adams nichts zu, und selbst der um mehr als 650 Elo nach oben spielende Ralf Rache war bis tief ins Mittelspiel okay gegen Fabian Döttling.

Und dann kam es doch, wie es zu erwarten war. Ein Außenseiter nach dem anderen strauchelte, und die mit der zweiten Garnitur aufgelaufenen Baden-Badener fuhren den standesgemäßen Sieg ein.

Düsseldorfer SK – SF Deizisau 0,5:7,5

Anders als nebenan bei Aachen vs. Baden-Baden ließ es sich für Außenseiter Düsseldorf nicht gut an. Das gilt insbesondere für Guntram Hainke, der Deizisaus Routinier Michal Krasenkow zu ersten Sieger des Tages machte. „Züge verwechselt“, ärgerte sich Hainke.

Derweil zeichnete sich schon ab, das am „Jugendbrett“ (DSK-Vorsitzender Jan Werner) Paul Wiedenbruch Schiffbruch erleiden würde, und auch der vierfache Seniorenweltmeister Anatoli Vaisser geriet früh gegen Dmitrij Kollars in Schwierigkeiten.

Bei den beiden Deizisauern, auf denen am ehesten der Fokus der Beobachter lag, war anfangs nicht viel los. Am ersten Brett suchte Vincent Keymer gegen Ravi Haria lange vergeblich nach Zielen, während daneben Matthias Blübaum in seiner ersten Partie als Europameister von Felix Levin in ein Lavieren ohne Feindberührung gezwungen worden war.

Am Ende dasselbe Szenario wie nebenan: Die Außenseiter wehrten sich wacker, zwangen die Favoriten zu harter Kopfarbeit – und unterlagen letztlich doch standesgemäß.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Die Düsseldorfer hecken eine Strategie aus, mit der sie am Sonntag Baden-Baden besiegen können.

BCA Augsburg – Werder Bremen 4,5:3,5

Nikola Nestorovic kam im frühen Mittelspiel in Vorteil, aber da war noch längst nicht abzusehen, dass er der Augsburger Matchwinner beim überraschenden Triumph über Werder Bremen sein würde.

23.f5? lässt die Partie zugunsten von Schwarz kippen. Schwarz nimmt auf f5, besetzt die g-Linie, und dann sind die schwarzen Türme stark und die weißen Bauern schwach. Das folgende Spiel auf ein Tor sollte zwar 46 Züge dauern, aber Nestorovic verwertete seinen Vorteil.

Während Nestorovic seinen Vorteil verwaltete, endete eine Partie nach der anderen friedlich, beginnend mit dem schnellen Remis zwischen Gregory Pitl und Collin Colbow. Am Ende oblag es dem Bremer Finnen Tomi Nyback, seiner Mannschaft zumindest einen Punkt zu retten. Nyback versuchte sein möglichstes, erarbeitete sich sogar einen Mehrbauern, aber sein Endspiel erwies sich als ungewinnbar. Für Augsburg im ersten Heimkampf nach zwei Jahren zwei „Big Points“ im Kampf gegen den Abstieg.

Notierenswert: Nachdem die Bremer zum Saisonauftakt zwei „ukrainische Bretter“ freigelassen hatten, um ein Zeichen zu setzen (dass einige mediale Beachtung fand), war diesmal einer ihrer Ukrainer dabei. Aber auch Alexander Areshchenko, nominell deutlich favorisiert gegen Michael Prusikin, kam nicht über einen halben Punkt hinaus.

Postny Fressinet Areshchenko Alexander Areshchenko und Carlsen-Sekundant Laurent Fressinet (v.r.) verschafften den Bremern ein substanzielles Elo-Übergewicht am ersten und zweiten Brett, kamen aber nicht über Punkteteilungen hinaus. | Foto: Martin Hahn

USV TU Dresden – SV Mülheim Nord 3,5:4,5

Ein ganz anderes Gesicht bzw. eine Reihe anderer Gesichter als zum Saisonauftakt zeigten die Mülheimer. Schon zu Saisonbeginn unter Druck stehend, haben sie sich offenbar vorgenommen, nun so gut wie möglich zu punkten. Nur Alexander Moiseenko war offenbar nicht recht in Kampfeslaune. Sein schneller Friedensschluss gegen Alexander Moiseenko war die zweite beendete Partie des Tages, kurz nachdem in Aachen Mihal Krasenkow gewonnen hatte.

Auch die Dresdner waren mit einer veritablen Truppe angetreten, und so wogte das Geschehen lange her, ohne dass sich ein Ergebnis abzeichnete. Eine Tendenz hatte sich allerdings recht früh abgezeichnet, die nämlich, dass Uwe Bönsch gegen Igor Novikov im Duell der Routiniers ums Überleben kämpft.

Nach gut vier Stunden stand es 3,5:3,5, und Bönsch kämpfte immer noch. Zwar hatte er sich in ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern gerettet, sah sich aber einem gegnerischen Freibauern gegenüber, der unaufhaltsam seiner Verwandlung entgegenstrebte.

SK König Tegel – SK Doppelbauer Turm Kiel 2:6

Ohne ihre Dänen (die spielen dänische Meisterschaft), dafür mit ihrem bulgarischen Spitzenbrett untermauerten die Kieler, dass der gute Saisonstart nur der Anfang gewesen sein soll. Der Kampf gegen die Gastgeber dauerte lange, war aber früh entschieden. Auf der Basis einer 4,5:0,5-Führung fuhr Kiel den Kantersieg ein.

SF Berlin – Hamburger SK 4,5:3,5

Das hatten sich die Hamburger anders vorgestellt – beginnend mit der Formation der Gastgeber, die vor heimischen Publikum ihre nominelle Nummer eins und zwei aufboten, also auch den an diesem Spieltag einzigen Russen: Alexey Sarana spielte unter FIDE-Flagge – und hatte keine Probleme, gegen Rasmus Svanes London-System auszugleichen.

Obwohl die Hamburger eher nicht in Bestbesetzung angereist waren, ließ sich der Kampf gut an. Frederik Svane am fünften Brett war gegen Marco Baldaufs leichtfertigen Eröffnungsvortrag schnell in Vorteil gekommen. Um tatsächlich seinen dritten Punkt in Folge in der Bundesliga zu verbuchen, musste der U16-Weltmeister allerdings die Partie zweimal gewinnen. Baldauf verteidigte sich zäh, war plötzlich nahe am Ausgleich, und geriet dann doch in einem Doppelturmendspiel mit ungleichfarbigen Läufern unter anhaltenden Druck, der nach 68 Zügen die Partie zugunsten des jungen Hamburgers entschied.

In der Zwischenzeit hatten sich allerdings eine ganze Reihe von Partien zugunsten der Berliner gewendet, die diese beiden Punkte dringender brauchen als Hamburg.

Die Fans sind nicht einverstanden mit Rasmus Svanes londonlastigem Weißrepertoire

Münchener SC 1836 – SG Solingen 2,5:5,5

Das einzige Duell zwischen 2700ern am dritten Spieltag war in München zu sehen. Zwar ist dem Aufsteiger MSC Alireza Firouzja vor Saisonbeginn abhanden gekommen, aber stattdessen sitzt jetzt ein anderer iranischer Wunderknabe am Spitzenbrett. Parham Maghsoodloo, vom Mannschaftkapitän Michael Reiß „Grizzly“ getauft, sollte die elostärkste Partie des Tages für sich entscheiden.

Parham „Grizzly“ Maghsoodloos Punkt am Spitzenbrett reichte den Münchenern nicht. Das hing unter anderem damit zusammen, dass sich einen Stuhl weiter Aleksandar Indjic gegen Jorden van Foreest schwer tat. | Foto: Michael Reiß

Das reichte allerdings nicht. Ein Brett weiter war Alexander Indjic schnell in Schwierigkeiten geraten und handelte sich eine Null ein. Nach zwei Punkteteilungen an Brett drei und sieben ließ die verrückte Partie zwischen Georg Fröwis und Florian Handke (Nachspieltipp!) das Pendel zugunsten der Gäste ausschlagen.

FC Bayern München – SC Viernheim 2,5:5,5

Dasselbe Ergebnis wie beim Münchner Lokalrivalen, ein ähnlicher Verlauf. Gegen den stark gestarteten FC Bayern mussten die favorisierten Gäste aus Viernheim (inklusive zweier ihrer Ukrainer) hart arbeiten, um die Punkte zu bekommen. Anfangs sah es aus, als würden die Gastgeber Viernheim an beiden Spitzenbrettern neutralisieren können. Miguel Santos Ruiz knöpfte Yuriy Kryvoruchko ein bequemes Weißremis ab, und ganz oben schien Jaime Santos Latasa keine Schwierigkeiten zu haben, die Partie gegen den Top-Ten-Spieler Shakhriyar Mamedyarov in der Waage zu halten.

Kurz vor der Zeitkontrolle verpasste der Spanier die Notwendigkeit, Gegenspiel aufzuziehen, und geriet in der Folge in eine anhaltende Massage. Letztlich entschied Viernheim den Vergleich der beiden verlustpunktfreien Teams deutlich für sich.

Viernheims Top-Ten-Spieler Shakhriyar Mamedyarov inspiziert die Lage auf den anderen Brettern. | Foto: Michael Reiß