37. Das ist die Zahl der Spieler, die nach zwei Runden der 24. Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaft mit einer weißen Weste dastehen. Gleichwohl hat schon der eine oder andere Favorit halbe Punkte lassen müssen. Nachdem in der ersten Runde Großmeister Dimitrios Mastrovasilis (Elo 2614) gegen Martin Böhm (Elo 2137) froh sein konnte, mit einem halben Punkt davonzukommen, ereilte dieses Schicksal nun Großmeister Sandipan Chanda (Elo 2543).
Mit den weißen Steinen gegen den polnischen FM Michal Redzisz (Elo 2257) hatte Chanda zwar Druck, vermochte aber die hartnäckige Verteidigung des Schwarzen nicht zu durchbrechen. Dann, kurz vor der Zeitkontrolle, wendete sich das Blatt – beinahe.
Ob ein voller Punkt herausspränge, ist reichlich unklar, aber Schwarz hat mit seinem entfernten Freibauern Anlass, dem Weißen eine Reihe Probleme zu stellen und ihn leiden zu lassen. Stattdessen forcierte Redzsiz den Gang der Dinge: 37…a5?!.
Diesen Bauern nahm Chanda nur zu gerne weg, es folgte ein Springertausch auf e4, schließlich stand ein symmetrisches, beiderseits ungewinnbares Damenendspiel auf dem Brett. Redzisz, immerhin, hatte mit Schwarz einen ungefährdeten halben Punkt gegen einen der Turnierfavoriten eingeheimst – und bekommt zur Belohnung in der dritten Runde den nächsten Großmeister vorgesetzt: Gerald Hertneck (Elo 2492), dessen Weißaufschlag in der zweiten Runde gegen FM Damir Majer (Elo 2222) vollständig verpuffte: Remis nach 24 Zügen.
Ob auch Sandipan Chanda sein Drittrundenlos als Belohnung empfindet? Ihm steht eine Auseinandersetzung mit einem Vertreter der großen Gruppe der deutschen Normjäger bevor: FM Marius Deuer, 13 Jahre jung, hat Ende 2020 beim Open in Krakau schon Erfahrungen im Großmeisterbesiegen gesammelt.
FM Andreas Ciolek vom SC Unterhaching setzte in der zweiten Runde alles daran, der Gruppe der GM bei 1,5/2 den Namen Ori Kobo hinzuzufügen. Gegen den Israeli (Elo 2498) wehrte sich Ciolek Stunde um Stunde. Nach 90 Zügen hätte er sich hier belohnen können: 90.Kf3! ist laut Schachfreund Computer der einzige Zug, der den weißen auf Remiskurs hält. Nach 90.Tb8? Th6 91.Kg2 h3+ 92.Kh2 Kg6 verabschiedete sich bald der weiße Bauer f4, und nach 111 Zügen beendeten die beiden Schachfreunde ihre Nachtschicht mit einen hart erkämpften Schwarzsieg.
Mit Dimitrios Mastrovasilis, Sandipan Chanda und Gerald Hertneck sind drei der Großmeister genannt, die schon einen halben Punkt gelassen haben. Dazu kommen Michael Hoffmann (Elo 2441) sowie Oscar De la Riva Aguado (Elo 2466), einziger Großmeister im Fürstentum Andorra, den es schon in der ersten Runde gegen Ralf Grüttner (Elo 2112) vom SK Freising erwischt hatte.
De La Riva Aguado hat allerdings eine gute Ausrede: Er muss ja neben seinen eigenen Partien dem andorranischen Nachwuchs über die Schultern schauen. Mit einer ganzen Delegation andorranischer Talente ist er an den Tegernsee gereist, damit die Junioren sich hier im internationalen Wettkampf stählen – auf dass Oscar De la Riva Aguado nicht auf ewig der einzige große Meister im kleinen Staat zwischen Spanien und Frankreich bleibt.
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