November 22, 2024

«Ich hätte mir in jungen Jahren kein besseres Lehrmittel wünschen können»

Markus Angst – Als erster Schweizer Grossmeister lanciert der 44-jährige Yannick im kommenden September seine eigene Schach-Akademie – die Swiss Masters Chess Academy (SMCA). Wir unterhielten uns mit dem sechsfachen Schweizer Meister über die Zielsetzungen und Module seines interessanten Projekts.

Wie ist die Idee der SMCA entstanden?

Yannick Pelletier: «Die Swiss Masters Chess Academy ist für Spieler(innen) jeden Alters offen.»

Yannick Pelletier: Die Idee ist schon ziemlich alt. Schachtrainer bin ich eigentlich fast schon seit dem Beginn meiner Profikarriere gewesen. Unterrichtet habe ich sowohl in Gruppen (wie beispielsweise von 1998 bis etwa 2002 bei der Jugendgruppe der Romandie im Auftrag des SSB) als auch individuell (wie zum Beispiel mit Florian Jenni von 1997 bis 2000). Als ich zu den Top 100 der Welt gehörte, sagte ich mir dann, ich sollte irgendwann eine Schachschule gründen und leiten. Damals war es natürlich nicht realisierbar, da ich auf hohem Niveau noch intensiv spielte. Aber seitdem ich Vater geworden bin, habe ich mich immer mehr für Fragen der Kindererziehung interessiert, und das Projekt nahm langsam konkrete Formen an.

Was sind die Eckpfeiler und Kernpunkte der SMCA?

Das grundsätzliche Ziel des Projekts besteht darin, die jungen Schweizer Schachspieler(innen) in ihrer Entwicklung zu unterstützen, und ihnen die Mittel zu geben, so weit wie möglich zu gehen. Dabei übermittle ich meine Erfahrung und meine Kenntnisse, die ich im Verlauf meiner 25-jährigen Profikarriere gesammelt habe. Aber die SMCA ist nicht nur für Junior(inn)en reserviert – jeder ist willkommen mitzumachen. Dazu kümmern wir uns auch um wichtige Themen wie Well-Being für Schachspieler(innen) sowie um Fragen, die Eltern bei der Unterstützung ihrer Kinder Sorgen bereiten können. Erziehung in einer positiven Umgebung ist nämlich ein Bereich, der oft vernachlässigt wird, jedoch sehr wichtig für Jugendliche ist. Wir bereiten auch eine Serie von Podcasts vor, in denen solche Themen diskutiert werden und in denen Fragen live gestellt werden können.

Was ist das Besondere an Ihrem Angebot? Oder anders gefragt: Inwiefern unterscheidet sich Ihr Angebot von demjenigen anderer Anbieter?

Ich möchte nicht Vergleiche mit anderen Schachschulen machen. Denn wir verfolgen alle dasselbe Ziel – nämlich das Schachspiel zu verbreiten und populärer zu machen. Ich kann nur beschreiben, wie die SMCA funktioniert. Diese Akademie ist die erste Schachschule in der Schweiz, die von einem Grossmeister gegründet und geleitet wird. Der Inhalt aller unserer Kurse wurde von mir in den letzten beiden Jahren erarbeitet. Eingesetzt habe ich dabei meine Erfahrung als Topspieler, als damaliger Student von mehreren sowjetischen Toptrainern wie Viktor Gawrikow oder Wladimir Tukmakow und natürlich auch als langjähriger Trainer. Die Qualität des Lehrmaterials ist zweifellos ein grosser Trumpf unserer Kurse auf allen Niveaus. Im Übrigen möchte ich andere starke Grossmeister und berühmte Trainer einsetzen. Und mir liegt es auch am Herzen, die besten Schweizer Spieler(innen) beispielsweise bei Workshops mit einzubeziehen. Bei der SMCA pflegen wir vor allem eine positive Erziehung und Bildung der Studenten. Für Druck und Leistungspflicht gibt es keinen Platz, denn das widerspricht die positive Denkweise, die wir verbreiten wollen.

Sie erwähnen auf Ihrer Website ein «Team von Experten». Wer steckt neben Ihnen noch hinter der SMCA?

Darin liegt auch eine Stärke der SMCA. Neben Individual- und Gruppenkursen werden auch Pro- und Pro-plus-Programme angeboten. Diese eignen sich für starke Spieler(innen), die eine Profikarriere im Visier haben oder sich ein Jahr lang dem Schachstudium widmen möchten, um beispielsweise Internationaler Meister oder Grossmeister zu werden. Dabei werde nicht nur ich für das Schachtraining sorgen, sondern je nach Stärken und Schwächen des Studenten auch andere Trainer eingesetzt. Das Pro-plus-Programm unterscheidet sich ausserdem darin, dass neben dem professionellen Schachtraining auch im physischen und mentalen Bereich sowie auch bei der Ernährung Spezialisten eingesetzt werden. All diesen Spezialisten bin ich im Verlauf meiner Karriere begegnet und pflege mit ihnen eine besondere Beziehung.

In welcher Sprache geben Sie die Kurse?

Geplant sind in erster Linie Kurse auf Deutsch, Englisch und Französisch. Falls es genügend Interessenten gibt, können wir aber Gruppen auch in anderen Sprachen errichten.

Können Sie etwas zur Struktur Ihrer Kurse verraten?

In unseren Gruppenkursen gibt es wöchentlich zwei Kursteile. Der erste Teil besteht aus rund einer Stunde aufgenommener Videos, die Studenten als Basis des Lernmaterials in aller Ruhe studieren können. Der zweite Teil ist dann eine Live-Stunde auf Zoom, um das Erlernte zu befestigen und Fragen zu beantworten. Meines Wissens gibt es sowas noch nicht. Das innovative Konzept der Lernplattform auf der Webseite erarbeitete meine Frau Marie, die sich bei Multimedia, Foto- und Filmproduktion sowie vielen anderen technischen Bereichen bestens auskennt. Unsere Online-Plattform bietet den Student(inn)en bzw. deren Eltern ein soziales Netzwerk, ähnlich zu Facebook, damit sie miteinander interagieren und sich austauschen können. Natürlich können sie auch mit uns ständig kommunizieren, was das Erlernen stimuliert. Somit werden sie auch schneller und einfacher abmachen können, wenn sie gegeneinander Trainingspartien spielen oder die erlernten Themen miteinander üben möchten. Auf der Plattform gibt es auch eine «Gamification», um die Motivation zu steigern, und wir bieten auch eine App an.

An Spieler(innen) welcher ELO-Stärke richten sich Ihre Kurse – Amateure und Meisterspieler(innen)?

Die Gruppenkurse werden in vier Kategorien verteilt. Die Bronze-Gruppe eignet sich für Anfänger(innen) bis einer ungefähren ELO-Stärke von 1400. Die Silver-Gruppe ist für Spieler(innen) von rund 1400 bis 1700 gedacht, die Gold-Gruppe für Spieler(innen) mit rund 1700 bis 2000. Schliesslich ist die Platinum-Gruppe für Spieler(innen) ab 2000 bis etwa 2200 gedacht, obwohl ich überzeugt bin, dass auch stärkere Spieler(innen) von diesem Material einiges lernen könnten. Für sie haben wir ausserdem die beiden Pro-Programme entwickelt. Alle Informationen über die Programme und deren Inhalt entnehmen Sie am besten auf der Website.

An welche Altersgruppen richten sich Ihre Kurse?

Obwohl ich vorhin erwähnt habe, dass ich dies für Jugendliche mache, ist die SMCA für Spieler(innen) jedes Alters offen. Hauptsache man kennt die Regeln und hat Spass am Schachspielen!

Gibt es Individual- und Gruppenkurse?

Der Kern der SMCA liegt in den Gruppenkursen, aber wir bieten auf Wunsch für Spieler(innen) aller Niveau natürlich auch Individualtrainings an. Zudem werden wir auch Workshops und Webinars anbieten, zu denen Topspieler der Weltelite und der Schweiz eingeladen werde.

Wie gross ist eine Gruppe?

Es ist uns wichtig, ein positives und freundliches Lernklima zu schaffen. Die Gruppengrösse beträgt daher nicht mehr als zehn Schüler(innen), damit wir uns intensiv um sie kümmern und sie optimal betreuen können.

Gibt es Online- und Onsite-Kurse?

Anfang 2020 waren wir kurz davor, für ein Lokal im Zentrum von Zürich zu unterschreiben. Dann kam Corona, und das Ganze verzögerte sich bzw. wandelte sich um. Derzeit gibt es also nur Online-Kurse. Mittelfristig bleibt aber das Ziel, die SMCA vor Ort in Zürich zu eröffnen. Die Qualität und die Grösse der Räumlichkeiten ist uns wichtig, denn wir planen, dort nicht nur Kurse, sondern auch Workshops und Turniere zu organisieren. Das ganze Projekt beinhaltet neben Schach auch andere kulturelle Aktivitäten für Kinder. Wir werden also auf jeden Fall warten, bis sich die Situation um Corona klärt oder zumindest stabilisiert.

Wann beginnen die Kurse?

Die Gruppen-Kurse beginnen am Montag, 13. September, und passen sich dann an den Schulrhythmus an. Während der Schulferien sind Aktivitäten wie Workshops und Turniere geplant. A propos Turniere: Die SMCA hat bis Ende 2021 einige Veranstaltungen im Programm. Am kommenden Freitag findet bereits ein erstes Online-Blitzturnier auf Lichess statt, wo einige schöne Preise zu gewinnen sind. Alle Details dazu finden Sie hier. Am 16. Oktober organisieren wir in Pfäffikon/SZ ein Jugendturnier – am guten alten Schachbrett!

Was sind die Zielsetzung Ihrer Kurse?

Wenn ein Schachspieler oder eine Schachspielerin Kurse nimmt, erhofft er/sie sich in der Regel, Fortschritte zu erzielen. Mit unseren Kursen geben wir unseren Student(inn)en die besten Karten, um sich zu verbessern. Zudem machen wir das in einer freundlichen Atmosphäre. Andererseits möchte ich hier nicht missverstanden werden. Selbständiges Training – will heissen: eine selbständige Arbeit am angebotenen Lernmaterial – ist ein wesentlicher Teil des Fortschritts. Keiner wurde je Grossmeister ausschliesslich durch äussere Hilfe.

Können Sie uns etwas zu den Kurskosten sagen?

Das Bronze-Programm kostet 2100 Franken pro Jahr, was 30 Franken pro Stunde entspricht. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Hälfte der Stunden aus Video-Kursen bestehen. Der fleissige Student wird sich also sicher wöchentlich einige Stunden mit diesem hochwertigen Material befassen können. Die Vorbereitung der Kurse und die Videoaufnahmen bedeuten für uns natürlich einigen Aufwand. Das Silver-Programm kostet 2450 Franken pro Jahr (35/Stunde), das Gold-Programm 2800 Franken pro Jahr (40/Stunde) und das Platinum-Programm 3100 Franken pro Jahr (45/Stunde). Dabei liegen wir ungefähr auf dem gleichen Verhältnis wie die in der Schweiz bereits bestehenden Schachschulen. Für Voranmeldungen bis 31. August gibt es einen Rabatt von 20 Prozent für alle vier Gruppen – und zwar lebenslang, also für alle kommenden Jahre. Damit werden diejenigen belohnt, die das Projekt frühzeitig unterstützen. Was individuelles Training anbelangt, wendet man sich am besten an uns. Der Preis kann nämlich je nach Alter und Menge der gewünschten Stunden variieren.

Welches Potenzial haben solche Angebote insbesondere für Hobby- und Amateurspieler?

Das Lernpotenzial des angebotenen Materials ist gross für alle Spieler(innen), die motiviert und bereit sind, einige Stunden pro Woche fürs Schach zu investieren. Aber es ist natürlich immer schwer einzuschätzen, inwiefern ein innovatives Projekt dem Publikum gefallen wird. Ich selbst bin von diesem Projekt begeistert, denn ich hätte mir in jungen Jahren kein besseres Lehrmittel wünschen können. Stellen Sie sich vor, sie nehmen an einem Workshop mit einem Top-Grossmeister teil!

Welchen Stellenwert hat für Sie diese ergänzende Kurstätigkeit in Relation zu Ihrer schachspielerischen Tätigkeit? Oder anders gefragt: Werden Sie weiterhin aktiv an Turnieren spielen?

Seit der Geburt unseres ersten Kindes 2015 habe ich meine Aktivitäten als Spieler stark reduziert. Ich begnüge mich bereits seit einigen Jahren mit einigen (aus meiner Sicht) «Major-Events» und möchte diesbezüglich nicht zu viel ändern. Ich habe immer noch viel Spass am Spielen, auch wenn die Schwankungen bei meinen Ergebnissen grösser geworden sind. Solange ich jedoch für die Nationalmannschaft immer noch etwas bringen kann und den jungen Talenten nicht im Wege stehe, werde ich weiterhin spielen. Aber klar: Der Wandel ist bereits im Gange, und die SMCA sowie einige andere angehörige Projekte, die ich mit meiner Frau im Ofen backe, werden vermehrt Zeit und Energie benötigen.

Hier finden Sie alle Infos zur Swiss Masters Chess Academy.