Stellen wir uns vor, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft kommt ins Finale der Europameisterschaft. Das Spiel wogt hin und her, auf Fußalldeutschland TV fachkundig begleitet von Kommentator Béla Réthy. Nach 90 Minuten steht es unentschieden, Verlängerung. Béla Réthy kommentiert weiter, merkt aber an, er kommentiere ja nun schon sehr lange, und sein Magen knurre. Nach 120 Minuten steht es immer noch unentschieden – Elfmeterschießen. Diese schnelle Schießerei könne er nun nicht auch noch kommentieren, sagt Réthy, außerdem stehe das Abendessen auf dem Tisch. Réthy beendet die Übertragung. Statt Elfmeterschießen sehen die Zuschauer – nichts. Wer Europameister wird, erfahren sie nicht.
Unvorstellbar? Natürlich – beim Fußball. Fußballdeutschland TV würde nie dann die Sendung beenden, wenn es auf dem Platz erst richtig dramatisch wird.
Die Zuschauersportart Schach steht als solche, zumal in Deutschland, noch ganz am Anfang. Es ist noch gar nicht lange her, da mussten wir an dieser Stelle die Absurdität dokumentieren, dass ein deutscher Spitzenverein unter Ausschluss der Öffentlichkeit am Europapokal teilnimmt. Weder erzeugten die SF Deizisau vorher Spannung, noch waren sie während des laufenden Wettberwebs daran interessiert, dass jemand mitfiebert. Der Aufbau einer Fangemeinde ist beim Europapokalsieger kein Faktor, Außendarstellung generell nicht. Die Profis sind gesichts- und seelenlose Zugmaschinen mit dem einzigen Auftrag, ihrem Mäzen möglichst viele Titel für die persönliche Sammlung zu bescheren.
Ein fürsorglicher Vereinssponsor würde mit diesen Profis über Markenmanagement sprechen, er würde helfen, den Spielern mediale Sichtbarkeit zu verschaffen. Wie viele der existenziell wichtigen Einladungen zu Turnieren diese Spieler bekommen, ob sich ein Sponsor für sie interessiert, hängt in erheblichem Maße von dieser Sichtbarkeit ab.
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