GM Noël Studer spielt in Magdeburg – und steht vor einer schwierigen Aufgabe
Markus Angst – Als einziger Schweizer bestreitet Grossmeister Noël Studer ab kommendem Montag das von der Europäischen Schachunion (ECU) organisierte europäische Hybrid-Qualifikationsturnier für den FIDE World Cup in Sotschi. Um sich dafür zu qualifizieren, müsste der amtierende Schweizer Meister in der 3. Runde den ELO-stärksten russischen Grossmeister Wladislaw Artemjew bezwingen.
Zwar hätte die Schweiz acht Plätze für das europäische Quali-Turnier zugute gehabt. Doch einzig Noël Studer nimmt die Chance wahr, sich für Sotschi zu qualifizieren. Die auf den Rängen 3 bis 6
des Schweizer Quali-Turniers in Magglingen gelandeten IM Oliver Kurmann, IM Gabriel Gähwiler, IM Fabian Bänziger und FM Noah Fecker verzichten – wie wir bereits gemeldet haben – ebenso wie GM Yannick Pelletier.
Vorteil: die coole Ambiance – Nachteil: die Reiserei
Deshalb gibt es keinen Schweizer Spielort für das europäische Quali-Turnier, sondern Noël Studer spielt zusammen mit elf Deutschen in der ostdeutschen Stadt Magdeburg. Zwar findet es der 24-jährige Berner schade, dass er nicht im eigenen Land spielen kann. «Aber ganz alleine in einem Raum zu sitzen, wäre auch nicht besonders lustig. Ich finde es cool, in Magdeburg einige starke Spieler um mich zu haben, das motiviert mich zusätzlich.»
Ausserdem sieht Noël Studer für sich auch einen kleinen Vorteil darin, dass er vom Mitropa-Cup her Hybrid-Turnier-Erfahrung mit nach Magdeburg bringt. «Das bringt mir vor allem in der Startrunde etwas.»
Weniger begeistert ist Noël Studer, der am Samstag mit dem Zug nach Magdeburg fährt, hingegen von der wegen der Corona-Vorschriften immer noch umständlichen Reiserei.
Am europäischen Quali-Turnier kämpfen 264 Spieler aus 35 Nationen – darunter 164 Grossmeister – an mehreren Orten unter Aufsicht von Schiedsrichtern um 36 zusätzliche Plätze für Sotschi. Das Turnier wird – wie auch der World Cup – im K.o.-System gespielt. Steht es nach zwei Partien mit klassischer Bedenkzeit und Farbwechsel 1:1, folgen zwei Rapid-Partien und allenfalls ein Armageddon-Blitz. Die ECU hat die Spieler dafür in 36 Pools mit maximal acht Spielern eingeteilt. Die Pool-Sieger bekommen einen Platz für den World Cup.
Erinnerungen an die Coupe Suisse 2011
Für Noël Studer ist es das erste K.o.-Turnier seit der Coupe Suisse 2011, als er als damals 14-Jähriger den Final gegen Daniel Borner verloren hat. «K.o.-Turniere sind eine besondere Herausforderung mit spezieller Ausgangslage», sagt Noël Studer. «Einerseits hat man im Gegensatz zu Rundenturnieren, wo man mit zu vielen Unentschieden nicht vorne mitspielen kann, keinen Druck, zu gewinnen. Andererseits darf man nicht verlieren. Als Vorbereitung checke ich vor allem das Eröffnungsrepertoire aller potenziellen Gegner.»
In der 1. Runde bekommt es Noël Studer (2584 ELO) – wie er seit der Auslosung am vergangenen Montag weiss – mit dem 20-jährigen bulgarischen FIDE-Meister Lachezar Yordanow (2325) zu tun. «Noch nie gehört», gibt er offen zu, wenn man ihn auf seinen Erstrunden-Gegner anspricht.
Nur 7,5 Prozent Quali-Chance – «aber nichts ist unmöglich»
Sollte er diesen eliminieren, würde er in der 2. Runde gemäss Papierform auf den israelischen GM Ilja Smirin (2595) und im finalen Durchgang auf den russischen GM Wladislaw Artemjew (2709), den ELO-stärksten aller 264 Spieler und die Nummer 30 der FIDE-Weltrangliste, treffen. «Da wird es natürlich sehr schwierig, die Qualifikation zu schaffen – aber nichts ist unmöglich.»
Mit Blick auf die Mathematik rechnet sich Studer 75 Prozent Chancen gegen Yordanow («das Überstehen der 1. Runde ist mein Minimalziel»), 50 Prozent gegen Smirin und 20 Prozent gegen Artemjew aus. Das ergibt nach Adam Riese über alle drei Runden gerechnet eine Quali-Chance von 7,5 Prozent.
Der FIDE World Cup findet vom 10. Juli bis 6. August (parallel zu den Schweizer Einzelmeisterschaften in Flims und dem Bieler Schachfestival) im russischen Sotschi statt, wird ebenfalls im K.o.-Modus ausgetragen und sieht 206 Spieler(innen) am Start – darunter GM Sebastian Bogner als Sieger von Magglingen. Er wird deshalb an der SEM nicht mitspielen können.
Hier finden Sie alle Paarungen des Quali-Turniers in Magdeburg – und Sie können ab kommendem Montag sämtliche Partien live mitverfolgen.
Hier finden Sie Noël Studers Paarungs-Baum über alle drei Runden.
Hier finden Sie die Resultate des Quali-Turniers in Magdeburg.
Website von Noël Studer.
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