Schach ist ein großer Gewinner in der Corona-Pandemie – auch dank einer Netflix-Serie. Schachgroßmeister und Kommentator Jan Gustafsson sucht im Interview Erklärungen dafür.
VON JAKOB STADLER (Augsburger Allgemeine)
Seit Herbst gibt es Berichte über ausverkaufte Holz-Schachbretter. Der Wikipedia-Artikel zum Thema Schach wird jetzt drei- bis vier Mal so oft aufgerufen wie vor einem Jahr. Sie sind Großmeister, Schach-Moderator, Schach-Kommentator und einer der Gründer der Schach-Plattform Chess24. Sie haben den Schach-Boom wahrscheinlich auch bemerkt?
Jan Gustafsson: Ich bin nicht der große Zahlenmensch. Aber natürlich bekommt man das mit. Auf Twitter oder wo ich mich sonst rumtreibe. Auch in der Welt da draußen werde ich öfter angesprochen, von Leuten, die vorher nichts mit Schach zu tun hatten. Die fragen: Was für ein Schachbrett soll ich mir kaufen? Was sind die richtigen Schachfiguren? So kriege ich auch ganz ohne Statistik mit, dass das Interesse an Schach seit „Damengambit“ viel größer geworden ist.
Wenn man sich neue gute scharfe Küchenmesser zulegt ( was täglich tausendfach in Deutschland passiert) will man auch nicht gleich Koch oder Messerwerfer im Zirkus werden.
Die Verbände sehen keinen Boom anhand von Anmeldungen bisher eher massive Abmeldungen in gleichen Anteilen von Senioren und Jugendlichen mit steigender Tendenz.
Die Abmeldungen werden noch massiver wenn wir 2021(3.Welle Pandemie/Mutationen) nicht zum Spielbetrieb kommen. Die Mitglieder fragen schon massiv nach ob man für eine nicht erbrachte Verbandsleistung 100% Beitrag zahlen muss.
Viele Senioren werden nach einer langen Auszeit den wieder einstieg nicht vollziehen. Wie viele Mitglieder werden bereit sein die nicht unbeträchtlichen Beitragsverluste durch die zu erwartenden Beitragserhöhungen zu tragen. Die Verbände sind nicht flexibel genug ihren Haushalt auf die Situation um zu Stellen.