Nach neun Kampagnentagen stand fest: Klettern und Surfen werden olympisch, Schach nicht. Leider hatte das beim DSB niemand mitbekommen. Nachdem die Olympia-Kampagne der FIDE gescheitert war, begann der Deutsche Schachbund, sie zu unterstützen. Der DSB machte Ullrich Krause zum Gesicht seines verspäteten Annäherungsversuchs an den Weltverband unter dessen neuen Chef Arkadi Dvorkovich. „Schach kann das Olympia-Publikum begeistern“, ließ der DSB seinen Präsidenten verkünden, als längst feststand, dass Olympia Schach nicht will.
Bei der FIDE haben sie diese Peinlichkeit nicht bemerkt oder geflissentlich übersehen. Einige Wochen später traf Krause Arkadi Dvorkovich tatsächlich. Und er hörte Erfreuliches. Dvorkovich war bereit, noch etwas anderes zu übersehen, den Umstand nämlich, dass die Deutschen bei der FIDE-Präsidentenwahl seinen Gegner unterstützt hatten. Zusammenarbeit mit dem deutschen Verband sei ihm wichtig, sagte Dvorkovich. Der Russe stellte in Aussicht, Turniere mit WM-Flair nach Deutschland zu vergeben. Gedankenaustausch mit Dvorkovich! Zusammenarbeit mit der FIDE! Weltklasseturniere in Deutschland! Kurz vor der deutschen Präsidentenwahl zwischen Krause und seinem Herausforderer Uwe Pfenning waren Dvorkovichs Zusagen eine glänzende Gelegenheit, den DSB-Präsidenten zum Gesicht eines Erfolgs zu machen.
Anstatt Krause gut aussehen zu lassen und ihm Wahlhilfe zu leisten, verschwieg der DSB die Begegnung seines Präsidenten mit dem Weltschach-Chef. Es bedurfte einer Anfrage dieser Seite, was denn bei dem Treffen mit Dvorkovich herausgekommen sei, um die frohe Botschaft ans Tageslicht zu befördern. In der DSB-Geschäftsstelle hatte niemand die Gelegenheit gesehen, geschweige denn etwas daraus gemacht.
Natürlich will Olympia Schach nicht, Briefmarkensammeln ist ja auch nicht olympisch. Dass sich die an den Haaren der Steuerzahler herbei gezogenen „Argumente“, wieso der Satz „Sport ist, wenn Du hinterher duschen musst“, nicht bewähren konnten, überrascht niemanden, der sich einen normalen, unterklassigen Wettkampf auch nur eine halbe Stunde lange zumutet. Nein, Schach ist kein Sport. Es mag ein Wettkampf sein, eine Wissenschaft, es mag ästhetische Anklänge zum Kunsthandwerk haben (Kunst ist wieder etwas Anderes), aber Sport?
Der Geiz der Vereinsfunktionäre und die Gier der Präsiden führte zur Fixation auf die die scheinbar leicht zu erhaschenden Fördermittel des DOSB und seiner Begleiter; dass daraus fatale Abhängigkeiten, gewissermaßen Fesselungen, entstehen mussten, wäre erkennbar gewwesen, wurdeaber hier und da auch aus privatem Interesse verdrängt. So ist das Schach also weiter flehende Sklavin seiner Geldgeber.
Die eigenen Kräfte des Schachs würden bei einem angemessenen Beitragsvolumen (ja, Erhöhung!) ausreichen, diese Ketten der Abhängigkeit zu sprengen. Aber diese Tatkraft ist zu viel erwartet. Vielleicht diente ja die Vertuschung der wahrhaft glänzenden Finanzlage des DSB zur Vorbereitung, die weichen Ketten der wohlsorgenden Ministerien etc. abzuschütteln? So viel Voraussicht wäre bei anderen Verbänden durchaus möglich.
… zu viel Karl Marx gelesen.