November 1, 2024

Eine bemerkenswerte Ehre für einen Amateur

Als 1966 der serbische Großmeister Alexander Matanovic erstmals den Schachinformator herausgab, konnte noch keiner ahnen, wie sehr er die Schachwelt damit revolutionieren sollte. In jeder Ausgabe, die anfangs zweimal pro Jahr erschien, wurden rund 700 Meisterpartien kommentiert, die nach einem Eröffnungsschlüssel sortiert waren, welcher von Braslav Rabar ursprünglich entwickelt und klassifiziert wurde. Anfang der 80er Jahre ging diese Kennzeichnung dann in den heute bekannten ECO-Code auf.

Zu den typischen Merkmalen des Informators zählen unter anderem, dass eröffnungstheoretische Neuerungen speziell gekennzeichnet werden, auf Vorgängerpartien in früheren Bänden immer unter Angabe der Nummer der Vorgängerausgabe und der Partie verwiesen wird.

Um Schachspieler weltweit mit nur einer Ausgabe ansprechen zu können, wurden Sprachsymbole entwickelt, wie zum Beispiel = oder -+, Symbole die heute jeder Schachspieler kennt. So wurde der Informator schnell zum wichtigsten Nachschlagewerk bezüglich der Entwicklung der Schachtheorie und für jeden professionellen Spieler ein Muss.

Mehr als 50 Jahre später lebt der Mythos noch immer, dies ungeachtet der Konkurrenz von New in Chess oder Chessbase, um nur zwei Beispiele zu nennen. Das Format hat sich in den letzten Jahren geändert und die Anzahl der wichtigen Partien ist gesunken. Die heute erwähnte Ausgabe umfasst nur 200 Partien, dafür erscheint der Informator nun viermal im Jahr.

Kürzlich beim Studium älterer Ausgaben, so der letzten 5 Jahre, fand ich in der Ausgabe 127, Partie Nr. 56, einen Spieler, einen lupenreinen Amateur eben, dem es gelungen ist, mit einer seiner Partien, gespielt beim Turnier in Hastings 2015/2016, im Informator aufgenommen zu werden, dies mit einer Wertungszahl von gerade mal 2036 ELO-Punkten.

Es gelang ihm, seinem deutlich stärkeren Gegner eine theoretische Neuerung zu präsentieren, welche die Herausgeber dieses Standardwerkes nachhaltig beeindruckte, vermutlich auch deshalb, weil er danach einen Figurenwirbel im Stile eines Michael Tal folgen ließ und dabei zu keinem Zeitpunkt auf Verlust stand.

Die Rede ist heute von Dr. Marcus ter Steeg, in Essen aufgewachsen, ein promovierter Jurist und Buchautor, welcher als Unternehmensberater tätig ist. Ich wünsche viel Spaß beim Studium der Partie!

[pgn]

[Event „Hastings Masters op 91st“]
[Site „Hastings“]
[Date „2016.01.03“]
[Round „7“]
[White „Anderson, John“]
[Black „Ter Steeg, Marcus“]
[Result „*“]
[ECO „B43“]
[WhiteElo „2247“]
[BlackElo „2036“]
[Annotator „Ritter,Uwe“]
[PlyCount „66“]
[EventDate „2015.12.28“]
[EventType „swiss“]
[EventRounds „9“]
[EventCountry „ENG“]
[SourceTitle „CBM 170 Extra“]
[Source „ChessBase“]
[SourceDate „2016.02.25“]
[SourceVersion „1“]
[SourceVersionDate „2016.02.25“]
[SourceQuality „1“]

1. e4 c5 2. Nf3 e6 3. Nc3 a6 4. d4 cxd4 5. Nxd4 Qc7 6. g3 b5 7. a3 (7. Bg2)
7… Bb7 8. Bg2 d6 9. O-O Nf6 10. f4 Be7 11. g4 h6 12. Kh1 Nbd7 13. h3 g5 {
laut Informator 127 eine Neuerung – im Grunde eine typische sizilianische Idee,
der Bauer auf f4 wird beseitigt, so dass sich der schwarze Springer bequem auf
e5 einnisten kann – dergleichen kennen wir z. B. auch aus der Najdorf Variante
der sizilianische Verteidigung} (13… Nc5) 14. fxg5 hxg5 15. Bxg5 O-O-O {
überrascht von 13… g5 trifft Weiss nun die falsche Entscheidung} 16. Ndxb5
$2 ({im Informator finden wir folgende Anmerkungen} 16. Bxf6 Nxf6 (16… Bxf6
$6 17. Ndxb5 axb5 18. Nxb5 Rxh3+ 19. Bxh3 Bxe4+ 20. Rf3 Bxf3+ 21. Qxf3 Qb6 $13
{unklar}) 17. g5 Nxe4 18. Nxe4 Bxe4 19. Bxe4 $2 (19. Qg4 $1 f5 20. gxf6 Bxg2+
21. Qxg2 Rdg8 22. fxe7 Rxg2 23. Rf8+ Kb7 24. e8=Q Rh2+ 25. Kxh2 (25. Kg1 Qg7+
26. Kxh2 Qe5+ $11) 25… d5+ 26. Kg2 Qg7+ 27. Kh2 Qe5+ $11) 19… Rxh3+ 20. Kg2
d5 21. Kxh3 Rh8+ 22. Kg4 Qh2 23. Nf3 f5+ ({zu beachten ist auch} 23… Qh3+ 24.
Kf4 dxe4 25. Kxe4 Qg4+ 26. Ke3 (26. Kd3 Rd8+ 27. Ke2 Rxd1 28. Raxd1 e5 29. Ke1
Bc5 30. Rd3 (30. Rd2 e4 31. Nh2 Qg3+ 32. Kd1 Be3 33. Re2 Bxg5 $19) 30… e4 $19
) 26… Bc5+ 27. Kd2 Rd8+ 28. Kc1 Rxd1+ 29. Kxd1 Qg2 $19) 24. gxf6 (24. Bxf5
exf5+ 25. Kxf5 Rf8+ 26. Kg6 Qd6+ 27. Kh5 Rh8+ 28. Kg4 Qe6+ 29. Kg3 Rh3+ 30. Kg2
Qg4+ 31. Kf2 Rh2+ 32. Nxh2 Bc5+ 33. Ke1 Qg3+ 34. Ke2 Qe3#) 24… Qh3+ 25. Kf4
Qh6+ 26. Kg3 Bc5 27. f7 Qh3+ 28. Kf4 e5+ 29. Nxe5 (29. Kxe5 Qg3+ 30. Ke6 Rh6+
31. Kf5 Rh5+ 32. Kf6 Qd6+ 33. Kg7 Qh6+ 34. Kg8 Qh8#) 29… Be3#) 16… axb5 17.
Nxb5 Qc5 18. Bxf6 Nxf6 19. Qe2 Rxh3+ $3 {in der Tat, dies funktioniert, 19…
Le4 hätte aber auch genügt} (19… Bxe4 20. Bxe4 Rxh3+ 21. Kg2 Re3 22. Na7+
Kc7 23. Qb5 Rxe4 $19) 20. Bxh3 Bxe4+ 21. Kh2 Qe5+ 22. Kg1 Qg3+ $6 (22… Rh8
23. Bg2 (23. Rxf6 Rxh3 $19) (23. Qc4+ Kd7 24. Qc7+ Ke8 25. Qb8+ Bd8 26. Nxd6+
Kd7 27. Qb5+ (27. Qa7+ Kxd6 28. Qb8+ Bc7 $19) 27… Kxd6 28. Qb8+ (28. Rad1+
Nd5 $19) (28. Qxe5+ Kxe5 29. Rae1 (29. Rxf6 Rxh3 {Idee Th1 und Lb6}) 29… Rxh3
30. Rxe4+ Kxe4 $19) 28… Bc7 $19) 23… Qh2+ $19) 23. Bg2 Nxg4 24. Rxf7 $4 (
24. Rf3 {hätte die schwarze Ungenauigkeit im 22. Zug ausgenutzt} Bxf3 25. Qxf3
Qxf3 26. Bxf3 Rg8 $15) 24… Qh2+ {jetzt läuft alles im Sinne von Schwarz} 25.
Kf1 Bxg2+ 26. Ke1 (26. Qxg2 Ne3+ $19) 26… Qg1+ 27. Kd2 Bg5+ {alle Figuren
nehmen am Angriff teil} 28. Kc3 Qc5+ (28… Qxa1 $4 29. Qc4+ $18 {und Weiss
gewinnt}) 29. Kb3 Bd5+ 30. c4 (30. Ka4 Bc4 31. Rc7+ Qxc7 32. Nxc7 Bxe2 $19)
30… Qxb5+ 31. Kc3 Qxc4+ 32. Qxc4+ Bxc4 33. Kxc4 (33. Rg1 Ne5 $19) (33. Rg7
Bf6+ 34. Kxc4 Bxg7 35. Rg1 Ne5+ $19) 33… Ne5+ {Was für ein Finale! Weiss
gab auf! 0:1 – Im Schachinformator erwähnt zu werden ist aller Ehren wert,
finden sich doch hier die Ideen und die dazugehörigen Partien der besten
Schachspieler der Welt.} *

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