Üblicherweise haben Vereine ja kein Gesicht – oder ganz viele. Den Lübecker Schachverein verbindet man aber tatsächlich besonders mit einer Person – oder einem Gesicht. Es ist das von Eckhard Stomprowski. Er ist kein besonders starker Spieler, aber im Lübecker SV ist Eckhard Stomprowski eine Legende. Der inzwischen 77-Jährige ist die Seele des Vereins – seit über 50 Jahren.
Zum Schach ist „Ede“, wie er hier genannt wird, – warum, weiß er auch nicht – wie die „Mutter zum Kinde“ gekommen. Sein Bruder Dietrich spielte recht gut und war zudem mit Joachim Raeder befreundet, einem der besten Talente in Deutschland nach dem Krieg. Raeder war Teilnehmer der deutschen U20-Meisterschaften 1947 in Weidenau, die vom überragenden Lothar Schmid mit 13 aus 13 gewonnen wurden. Auch Stomprowskis Mutter hatte hobbymäßig schon gerne Schach gespielt. Aber auf ihn selber war der Funke (noch) nicht übergesprungen.
Der Lübecker Schachverein wurde 1873 gegründet, ist damit der älteste Schachverein in Schleswig-Holstein und einer der ältesten in Deutschland. Initiator und erster Vorsitzender war seinerzeit Carl Emil Ed, Sohn des Verlegers und Politikers Christoph Marquardt Ed. Dieser war 1865 mit seiner Familie von Hamburg-Bergedorf nach Lübeck gezogen. Die Lübecker Familie Ed brachte einige illustre Persönlichkeiten hervor. Carl Emil Eds Schwester Ida Boy-Ed war zu jener Zeit eine berühmte Schriftstellerin, heute fast vergessen, und pflegte in Lübeck einen Salon. Sie förderte junge Künstler und Schriftsteller, darunter Thomas Mann. Die Familien Ed und Mann pflegten über Jahrzehnte eine enge Freundschaft. Ida Boy-Eds Sohn Karl war in späteren Jahren als Fregattenkapitän und Militärattaché in den USA tätig. Er war dort zunächst sehr beliebt und zählte unter anderem den späteren Präsidenten Franklin D. Roosevelt zu seinem Bekanntenkreis. Nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges stellte sich jedoch heraus, dass Karl Boy-Ed sich für das Deutsche Reich als Agent und Spion betätigte und unter anderem Sabotageaktionen gegen Eisenbahn- und Wasserwege in den USA organisiert hatte, um Lieferungen nach England zu stören. Das nahmen ihm die Amerikaner übel und wiesen ihn 1917 aus.
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