Heute habe Wilhelm Steinitz Geburtstag, meldete unsere Facebookseite am 14. Mai.
Drei Tage später, am 17. Mai, die kalte Dusche. Der Weltverband FIDE (und dessen Mitarbeiter sollten sich ja eigentlich auskennen) tweetete dieses:
The first world chess champion Wilhelm Steinitz was born on May 17 (in some sources, May 14), 1836.
FIDE honors the legacy of the "father of modern chess" with #SteinitzMemorial that started two days ago and finishes today on @chess24com.
Games: https://t.co/m15S76BWNI pic.twitter.com/ilQYqzAYHB
— International Chess Federation (@FIDE_chess) May 17, 2020
Tatsächlich waren sich die Historiker lange nicht einig, wann der erste offizielle Weltmeister des Schachs geboren wurde, am 14. oder am 17. Mai? Endgültig geklärt ist die Sache immer noch nicht, aber die Indizienlage ist eindeutig. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war es der 14. Mai. Das lässt sich der Website von Edward Winter entnehmen, der in Sachen Schachgeschichte als Instanz gilt.
Zu Ehren Steinitz‘ haben die FIDE und chess24 jetzt zwei Blitzturniere ausgerichtet, eines für Männer, eines für Frauen. Nach seinem Sieg beim Magnus Invitational setzte sich Steinitz-Nachfolger Magnus Carlsen auch bei diesem Steinitz-Memorial durch – und war erstaunt darüber. Nach eigener Aussage spielte Carlsen so schlecht, dass er dringend ins Trainingslager muss. Für einen Zwei-Punkte-Vorsprung vor Daniil Dubov reichte es trotzdem.
Weiterlesen auf „Perlen vom Bodensee“
Steinitz’ Geburtstagsfeier und die Millionentour von Magnus Carlsen
Zumindest steht fest, dass Steinitz nicht mehr unter uns weilt – wen schert sein Geburtstag? Das lenkt den Blick darauf, dass über ihn – und mehr noch über Rubinstein – eine umfassende Biographie plus kommentierter Partien als DVD schmerzlich vermisst wird. Dabei war Steinitz eine historisch interessante Persönlichkeit, zuerst in zwei „Kaiserreichen“ daheim, dann eine Art Engländer, schließlich der mutige Wechsel in die unbekannte Neue Welt, wo er es schaffte, sich zumindest finanziell die meiste Zeit mit Matches, Siumultans und Turnieren mehr oder weniger über Wasser zu halten, bis die Krankheit ihn zerstörte.
Von Atze Rubinstein ist viel weniger bekannt, mit Müh und Not noch Geburtsort plus Datum, aber bei Famiilie, Kindheit, Schulzeit scheint schon Wissens-Ende zu ein. Er war der Architekt gotischer Schach-Kathedralen, unerreicht in seiner Ästhetik. In seiner Klarheit und scheinbaren Einfachheit wurde er nur von Capablanca erreicht, war aber dynamisscher in seiner Spielanlage. Obwohl das Schach seither – und vor allem seit Kasparow – viel dynamischer wurde und auch in unteren Klassen niemand mehr im idealen Stil überspielt werden kann, bilden doch Rubunsteins Partien eine Fundament des Schachs, seine mitreißenden Kombinationen sowieso.