Menschlichkeit als wichtigster und oberster Königs-Wert
Im Vergleich aller Epochen und aller Kulturen der Welt haben wir in Deutschland und großen Teilen Westeuropas in den letzten 75 Jahren die beste aller Zeiten erlebt: Ein solches Maß an Frieden, Wohlstand und Lebensqualität wurde niemals und nirgendwo erreicht!
Da ein so paradiesischer Zustand mit Sicherheit nicht „zufällig“ entstehen kann, ist offenbar zu großen Teilen unser Staat mit seiner demokratischen Verfassung und seiner jeweiligen Regierung dafür verantwortlich.
So wichtig und berechtigt konstruktive Kritik an einzelnen Maßnahmen auch ist, an allererster Stelle sollten ein Gefühl tiefer Dankbarkeit und auch etwas gesunder Stolz stehen! Für alle früheren Generationen und sehr viele andere Nationen wäre eine so lange und so friedvolle Zeit eine wunderbare Vision, für die es sich mit aller Kraft zu kämpfen lohnt.
Nur zu leicht ist es, Kritik zu äußern und strategische Entscheidungen als falsch anzuprangern. Natürlich werden in der Politik auch viele Fehler begangen, soziale Ungerechtigkeiten erzeugt und Machtinteressen in den Vordergrund gestellt. Doch jeder, der sich nur ein wenig mit der Dynamik und den Wechselwirkungen in komplexen Systemen beschäftigt, weiß wie schwer die längerfristigen Auswirkungen einzelner Aktionen in verschiedenen Bereichen einzuschätzen sind. Und in Gesamtsicht ist so viel Positives gelungen, um das uns viele andere beneiden und bewundern!
Doch leider gehört gerade Angst vor dem Verlust des Erreichten zu den mächtigsten menschlichen Antrieben. Je höher wir gestiegen sind, desto tiefer können wir fallen. Nur zu leicht wird diese Angst nach außen projiziert und führt zu Hass, Hetze und Ausgrenzung anderer Menschen.
Nach den im Zuge der Flüchtlingskrise geschürten Ängsten und Aggressionen gegen die humanistische Haltung der Regierung ist es nun die Corona-Krise die heftigste Attacken gegen die Strategie des Staates hervorruft. Ausnahmsweise verbünden sich dazu Gruppierungen der extremen Linken mit extrem Rechten um an Fundamenten unseres Staates zu rütteln.
Natürlich ist es gut und sinnvoll, die getroffenen „Lockdown-Maßnahmen“ auch kritisch zu hinterfragen, haben doch andere Nationen zum (kleinen) Teil ganz andere Lösungen gewählt. Es ist offensichtlich, dass im Dienste des unmittelbaren Schutzes von Menschenleben beträchtliche andere Nachteile im wirtschaftlichen und sozialen Bereich in Kauf genommen werden. Ebenso offensichtlich ist jedoch, dass die gewählte Strategie absolut im Einklang mit dem aktuellen Stand medizinischer Erkenntnisse zum neuen Virus steht. Doch die Forschung steht hier noch am Anfang und vor vielen ungelösten Rätseln, so dass niemand eine „perfekte Lösung“ präsentieren kann.
Doch gilt es, konstruktive Kritik klar von wilden Verschwörungstheorien zu unterscheiden.
So wertvoll ein starker „Freiheits-Reflex“ in Anbetracht umfangreicher, vorübergehender Einschränkungen unserer Grundrechte auch ist, sobald diese Maßnahmen auf der Grundlage eines breiten medizinischen Konsenses als sinnvoll anerkannt werden, können wir dies mit gutem Gefühl mittragen.
Auch unsere Münchener Schachakademie und Münchener Schachstiftung deren Geschäftsführer bzw. Vorstandsvorsitzender ich bin, hat durch die Lockdown-Vorgaben massive und möglicherweise existenzbedrohende wirtschaftliche Nachteile zu verkraften. Doch sollte es selbstverständlich sein, dass im Zweifelsfall die Solidarität mit gefährdeten Mitmenschen an erster Stelle kommt.
Die wirklich große Gefahr für unsere Gesellschaft besteht darin, dass genau jetzt, wo diese für uns neue und überraschende Katastrophe unseren Wohlstand und Lebensstandard vorübergehend bedroht, die dadurch erzeugten, ganz natürlichen Ängste von extremen Kräften instrumentalisiert werden. Kein Konsens über „gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse“ scheint in unserer „postfaktischen“ Zeit mehr möglich, wird doch vielfach nur noch das geglaubt, was zum eigenen Weltbild passt.
Für uns alle, die wir an den obersten „Königswert“ der Menschlichkeit glauben und die wir für eine demokratische, freie und gerechte Gesellschaft stehen ist jetzt die Zeit gekommen, Mut zu zeigen und für unsere Werte einzustehen! Verteidigen wir Menschenwürde und Freiheit gegen Hass, Hetze und Ausgrenzung. Geben wir destruktiven Kräften keinen Raum.
Jetzt ist es Zeit, zeigen wir Mut!
Text: Großmeister Stefan Kindermann
Kompliment Herr Kindermann!
Ihnen ist ein wunderbarer Artikel gelungen. In fast allen Punkten finden sie meine ungeteilte Zustimmung.
Es sollte aber auch nicht vergessen werden, zu welchem Preis wir den Wohlstand erarbeitet haben.
Über die drohende Klimakatastrophe will ich gar nicht sprechen.
Mir ist ein anderer Aspekt ebenso wichtig. Damit meine ich unser tägliches Miteinander. Für viele unserer Zeitgenossen
zählt nur noch „schneller, weiter, besser, mehr“! Ein Bitte oder Danke schön gehören zu aussterbenden Begriffen. Nicht
umsonst spricht man von der Ellbogen-Gesellschaft.
Als Beispiel möchte ich den Schach-Ticker anführen. Dessen Verfasser, Franz Jittenmeier, bemüht sich seit Jahrzehnten
den Schachliebhabern mit aktuellen Artikeln aus dem In- und Ausland ein bisschen Freude zu bereiten. Seine kostenfreien
Beiträge werden von den vielen tausend Usern kommentarlos und wie selbstverständlich konsumiert.
Wo bleibt die Anerkennung? Stattdessen muss er sich häufig Kritik gefallen lassen.
Man sagt: In schweren Zeiten rücken die Menschen näher zueinander. Ich hoffe sehr, dass die Corona Krise zu mehr
Solidarität, Hilsbereitschaft und Dankbarkeit führt!
Hallo Herr Jittenmeier,
ich äußere mich selten zu Artikeln und oft haben Sie wirklich gute Berichte geschrieben. Aber das empfand ich als äußerst dünn und kommentierungswürdig. Der Meinung von Karsten kann ich mich inhaltlich in keinster Weise anschließen. Was war da denn los?
Nun aber zu Ihrem Artikel: Als wären Sie gerade auf einer Wolke der moralischen Erhabenheit und zeigen mit Ihren Finger angewiedert auf die Andersdenkenden.
Ein etwas konstruierter Bericht. Ein „Königs-Wert“ in der Überschrift macht noch lange keinen Schachartikel. Aber es muss ja auch nicht immer Schach sein. Ich fasse das Geschriebene kurz zusammen: Jeder der die Maßnahmen für nicht sinnvoll hält und auf die wirtschaftlichen Folgen hinweist, geschweige denn diese miteinander aufwiegt, kennt nicht den „Königswert der Menschlichkeit“. Die Maßnahmen schützen Menschenleben und geben den medizinischen aktuell anerkannten Stand der Wissenschaft wieder.
Das unterstellt allen Andersdenkenden: Wer es anders sieht dem fehlt die Menschlichkeit (Das ist populistischer firlevanz). Machen Sie es sich bitte nicht so einfach in Ihrem Coronaweltbild. Ob es wirklich Menschenleben schützt wird sich erst noch zeigen. Das der Lockdown in jeder Lebenslage Menschenleben bewahrt ist klar: Weniger Verkehrstote, Infektionen, Unfälle etc. Aber so wollen wir doch nicht leben. Menschlichkeit gibt es nicht nur im Bezug auf die Risikogruppen, sondern auch auf die Kinder, die Wochenlang nicht auf Spielplätze konnten, auf die Ladenbesitzer die Ihrer Existenz beraubt werden, auf die ganzen auf Grund von Isolation psychisch erkrankten… usw.
Wie Sie bestimmt wissen gibt es nicht „den“ Stand der Wissenschaft. Und wie Sie auch sicher wissen, sind sich selbst die Virologen in Ihren Maßnahmen nicht einig.
Meinungspluralismus ist in Deutschland nicht sonderlich hoch angesehen. Eine andere Meinung war aber schon immer eine Chance die eigenen Ansichten zu reflektieren und zu optimieren.
Ich hoffe, dass Sie meine Zeilen nicht mit einem „solchen Blödsinn“ kommentieren und danke Ihnen, trotz anderer Ansicht, für die Zeit, die Sie sich zum verfassen dieses Artikels genommen haben.
Besonders diejenigen, die ihren vollen Namen nicht angeben und die Zeit haben einen solchen Blödsinn zu schreiben, sind besonders gefährdet.