November 22, 2024

Pressespiegel: Viel Langeweile, aber alle gesund

Die Spielerinnen des SK Schwäbisch Hall sind in ganz Europa verteilt. Sie wissen nicht, ob die zentrale Bundesliga-Endrunde stattfinden kann.
Von Hartmut Ruffer

Das Kandidaten-Turnier zur Weltmeisterschaft war die einzige Sportveranstaltung von höherem Rang, die noch lief. Doch vor wenigen wurde das Turnier in Jekaterinburg, bei dem der  Herausforderer von Weltmeister

Mit Bella Khotenashvili und Nino Batsiashvili

Magnus Carlsen gesucht wird, abgebrochen. Die beiden Schach-Bundesligen sind schon seit Mitte März auf Eis gelegt. Ende April soll die zentrale Endrunde der Männer und Frauen in Berlin stattfinden.

Offiziell abgesagt ist die Veranstaltung im Berliner „Maritim proArte“-Hotel noch nicht. Die Frauen des SK Schwäbisch Hall hätten dort gute Chancen, den deutschen Meistertitel zu holen. Doch eine Vorbereitung findet momentan so gut wie nicht statt. Mannschaftsführer Gregor Krenedics verbringt viel Zeit mit Stornieren und Umbuchen von Flügen, der zweite Vorstand Mario Meinel hält über die sozialen Medien Kontakt. Es seien alle gesund, „das ist erst einmal das Wichtigste“.

Was er von den Spielerinnen erfährt und was diese zumindest teilweise in den Netzwerken mitteilen, ergibt ein Bild, dass in Europa noch sehr uneinheitlich mit dem Coronavirus umgegangen wird. In Georgien hat Präsidentin Salome Surabischwili den Notstand verhängt, es herrscht Ausgangssperre. Betroffen davon sind die für Hall spielenden Nino Batsiashvili und Lela Javakhishvili. Die 33-jährige Batsiashvili sei „voll gefrustet“, so Mario Meinel.

Aktuell hat sie außer dem Schach keinen Job. Die Langeweile sei enorm. Lela Javakhishvili habe schon nach Filmvorschlägen für ihren elfjährigen Sohn gefragt, der ein bisschen Deutsch spricht.

Meinel hat unter anderem „Asterix“ empfohlen. Ana Matnadze, die für das Männerteam des SK Hall spielt, lebt in Barcelona. Dort sei es derzeit schlimm. Das spanische Parlament hat die Regeln der Ausgangssperre nochmals verschärft.

Angestellte „nicht essenzieller Bereiche“ müssen zu Hause bleiben. In Bukarest ist die Situation ähnlich. Dort überwacht das Militär die Ausgangssperre, berichtet Mihaela Sandu. Da viele rumänische Arbeiter aus Italien und Spanien zurückgekehrt sind, befürchten viele Rumänen, dass sich das Virus dadurch schneller verbreiten könnte.

Ekaterina Atalik ist mit ihrer Familie von Istanbul in das Ferienhaus nach Antalya gezogen. Dort sei mehr Platz und außerdem sei die Gefahr einer Ansteckung in Antalya noch nicht so
groß. Karina Ambartsumova hängt auf Las Palmas fest. Sie kann derzeit nicht nach Russland zurückkehren. Flüge sind gestrichen, zudem gibt es starke Einschränkungen bei der Einreise. Sie ist bei der Familie eines ihrer Schachschüler untergekommen. „Immerhin ist das Wetter gut“, meint sie.

Planungen laufen noch weiter

Die starken Reisebeschränkungen und teilweise auch -verbote tangieren natürlich die zentrale Endrunde der Bundesligen in Berlin. Im momentan unwahrscheinlichen Fall, dass die Endrunde ausgetragen wird, könnten wahrscheinlich viele Spielerinnen und Spieler aufgrund der Beschränkungen nicht anreisen. Der Senat in Berlin hat in seiner Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus ein Verbot von Veranstaltungen bis zum 19. April erlassen. Diese Verordnung kann jederzeit verlängert werden, was bisher nicht geschah.

Deshalb mussten die Planungen für die zentrale Endrunde im Hintergrund weiterlaufen. Denn bei einer solchen Großveranstaltung stellt sich letztlich auch die Frage der Haftung bei einer Absage.
Nicht nur für den Veranstalter, auch für die beteiligten Vereine sorgt das für Probleme. SK-Mannschaftsführer Gregor Krenedics muss mit Flügen jonglieren. In normalen Zeiten werden diese
weit im Voraus gebucht. Das sorgt für Planungssicherheit und spart zudem Kosten. Nun versucht er, Flüge zu stornieren. Das ist in Zeiten von Corona keine leichte Aufgabe. „Einige Flüge habe ich nicht direkt bei der Fluggesellschaft, sondern über einen Anbieter gebucht“, berichtet er. Der Anbieter aber will die Tickets nicht so ohne Weiteres stornieren, dazu sei eine Autorisierung der Fluggesellschaft erforderlich. Diese jedoch wisse von nichts und verweise wieder auf den Anbieter. Online lasse sich nicht alles stornieren. „Ich habe es auch über die
Telefon-Hotline versucht. Mehr als eine Stunde war ich in der Warteschleife, dann wurde die Verbindung getrennt“, berichtet Gregor Krenedics.

Er hofft, dass der SK nicht auf Kosten sitzen bleiben wird – von Flügen, die ohnehin nicht stattfinden. Vermutlich wird es erst eine Entscheidung über die zentrale Endrunde geben, wenn der Senat sich entschieden hat, ob die Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus verlängert wird. Bei den Frauen zumindest wäre es möglich, die noch drei ausstehenden Runden dezentral zu spielen. Die Spielerinnen des SK Hall hoffen darauf. Etwas anderes bleibt ihnen derzeit auch nicht übrig.

Quelle: Haller Tagblatt

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