November 24, 2024

2. Internationale Fränkische Grossmeistertage 18. bis 28.2. 2004

Fünf entschiedene Partien. Bezold und Gustafsson setzen sich ab – Achtungserfolge für Stellwagen und Naiditsch

Der vorletzte Spieltag der 2. Internationalen Fränkischen Großmeistertage war durch Kampfgeist und Siegeswillen der Spieler geprägt. Es gab kein einziges Remis, das erste Mal im ganzen Turnier. An der Spitze des Feldes haben sich die Großmeister Gustafsson und Bezold mit einem Sieg abgesetzt. Die Entscheidung über den Turniersieg fällt jetzt am letzten Spieltag im Fernduell zwischen den beiden Mannschaftskollegen vom Hamburger Schachclub Gustafsson und Bezold.

Gespannt war man auf das Abschneiden der am Vortag an der Großmeisternorm gescheiterten Prusikin und Baramidze. Beide mussten gegen die im Gesamtklassement führenden Gustafsson und Bezold antreten und hatten damit wichtigen Einfluss auf das Turnierergebnis. In der Partie Gustafsson gegen Prusikin kam die Igel-Variante auf´s Brett, in der Gustafsson bestens präpariert war. Nach 1,5 Stunden und ohne große Gegenwehr wurde der Forchheimer Spitzenspieler an die Wand gespielt. Der Frust über die verpasste Großmeisternorm war ihm stark anzumerken und hatte offensichtlich seine Kampfbereitschaft beschädigt. GM Michael Bezold spielte mit Schwarz gegen seinen ehemaligen Kaderspieler IM David Baramidze, den er in seiner Zeit als hauptamtlicher Bundesnachwuchstrainer selbst an internationales Niveau herangeführt hat. In der Pirc-Verteidigung wählte Baramidze eine aggressive Spielanlage, um seinen ehemaligen Trainer unter Druck zu setzen. Allerdings leistete er sich eine ungenaue Zugfolge im Mittelspiel, die „Altmeister“ Bezold sofort mit einem Kontor nebst Bauerngewinn bestrafte. Danach hatte Schwarz das Spiel unter Kontrolle und konnte den Sieg einfahren.

Das längste Match des Tages war wieder GM Jonny Hector vorbehalten. Über die volle Distanz von sechs Stunden ging der Kampf mit dem Holländer IM Daniel Stellwagen, der große Moral bewies. Nach zähem positionellem Ringen mit Chancen auf beiden Seiten setze sich im Endspiel der starke Springer Stellwagens durch und die Niederlage Hectors war acht Sekunden vor Ablauf der Spielzeit besiegelt.

Nationalspieler GM Klaus Bischoff unterschätze in der Partie gegen GM Fabian Döttling einen Königangriff. Das kostete ihn einen Bauern. Er konnte sich zwar noch in ein ungleichfarbiges Läuferendspiel retten, aber Döttling führte die Partie mit präziser Technik zum vollen Punktgewinn.

In der Partie des ELO stärksten GM Arkadij Naiditsch gegen die Französin Almira Skripchenko lies Arkadij endlich einmal seine große Klasse aufblitzen und überspielte die Großmeisterin mit einem vorübergehenden Springeropfer. Almira Skripchenko stand den vielen Drohungen gegen ihren geschwächten König am Ende machtlos gegenüber.

Damit liegen vor der letzen Runde GM Jan Gustafsson und GM Michael Bezold punktgleich mit 6,5 Zählern uneinholbar an der Spitze. Die Entscheidung fällt am letzten Spieltag. In den Partien Gustafsson gegen Jonny Hector, der noch Chancen auf den dritten Platz hat, und Michael Bezold gegen Daniel Stellwagen fällt die Entscheidung um den Turniersieg. Ambitionen auf den dritten Platz darf man ebenfalls GM Stuart Conquest unterstellen. Ein Sieg gegen GM Arkadij Naiditsch ist dafür die Voraussetzung. Für den ELO-Favoriten Naiditsch ist diese Partie die letzte Möglichkeit, die rote Laterne im Gesamtklassement doch noch abzugeben.

Qualifikations-Cup
Nach 2,5 Stundenspielzeit kam es in der letzen Partie Zwischen den Internationalen Meistern Arik Braun und Jan Markos zu einem ausgeglichenen Remis, nachdem die Entscheidung schon am Vortag gefallen war. Das Endergebnis lautet 5:3 für den Bindlacher Spitzenspieler, der sich über eine Einladung zu den 3. Internationalen Fränkischen Großmeistertagen freuen darf.

Das Ergebnis ist für Arik Braun, eine der großen Nachwuchshoffnung des deutschen Schachbundes, nach dem Auftaktsieg sicherlich eine kleine Enttäuschung.

Gustafsson und Bezold punktgleich an Tabellenspitze – Großmeistertage wieder ein großer Erfolg

Das spannende Rennen um den Turniersieg wurde auf die letzte Runde vertagt. GM Jan Gustafsson und GM Michael Bezold lagen mit jeweils 6,5 Punkten aus 9 Partien punktgleich an der Tabellenspitze. Der Lokalmatador hatte die scheinbar leichtere Aufgabe, denn er hatte es mit jungen Holländer IM Daniel Stellwagen zu tun. Dieser ließ allerdings mit zwei zuvor schön herausgespielten Siegen aufhorchen. In der Partie versuchte Bezold mit positionellen Mitteln die Initiative an sich zu reißen. Der Holländer ging ebenfalls aggressiv zu Werke und nach gut drei Stunden einigte man sich Unentschieden. Damit war die Ausgangslage für den Hamburger Gustafsson klar. Ein Remis würde zum Turniersieg reichen. Ihm stand mit GM Jonny Hector ein großer Kämpfer gegenüber, der sich mit einem Sieg noch den dritten Platz hätte sichern können. Er lehnte auch sehr mutig ein Remisangebot ab , obwohl er die schlechtere Position hatte. Als er dann überhaupt keine Chance auf einen Sieg hatte, vereinbarten die beiden auch eine Punkteteilung. Den dritten Platz behauptete GM Fabian Döttling, der in der letzten Runde seinen spielfreien Tag hatte, und das Geschehen als Kommentator verfolgte. Dabei musste er mit ansehen, wie GM Arkadij Naiditsch zu Normalform zurückfand und den Konkurrenten um Bronze, GM Stuart Conquest, überspielte. Ein schöner Abschluss nach seinem katastrophalen Start. Die beiden anderen Partien GM Klaus Bischoff gegen IM Michael Prusikin und IM David Baramidze gegen WGM Almira Skripchenko spielten für die vorderen Platzierungen keine Rolle mehr. Sie endeten beide Remis.

Der Lokalmatador schaffte mit diesem geteilten 1. Platz ein sensationelles Ergebnis, war er doch nach der ELO-Rangliste auf Startplatz 11 gesetzt. Mit einer Turnierperformens von 2670 Punkten erreichte er eines seiner besten Turnierleistungen überhaupt. Nach dem dritten Platz in der ersten Auflage schaffte er dieses mal sogar noch eine Steigerung.

Bei der Siegerehrung betonte der Turnierorganisator Prof. Dr. Thomas Bezold den lobenswerten Kampfgeist und den unbändigen Siegeswillen der 11 Akteure. Dies drückte sich in einer großen Zahl an entschiedenen Partien aus. Die Remisquote lag bei 50%, wobei viele über die volle Distanz von sechs Stunden ausgetragen wurden. Als besonders gelungen, wurde von den Experten der Internetauftritt und die Live-Übertragung, die in den bewährten Händen des Pegnitzers Klaus Steffan lagen, beurteilt. Mit 50.000 Zugriffen aus 60 Ländern während der Großmeistertage wurden in diesem Bereich neue Maßstäbe gesetzt.

Täglich verfolgten rund 50 Personen die Partien der Großmeister hautnah in der Pulvermühle. Einem Dank an die Sponsoren folgten bei der feierlichen Siegerehrung Glückwünsche des Großmeisters Lothar Schmid aus Bamberg und des oberfränkischen Schachpräsidenten Hans Blinzler aus Kronach. Im Namen aller Spieler bedankte sich der Turniersieger Jan Gustafsson für das vorzügliche Essen und die herzliche Gastfreundschaft beim Chef des Hauses, Christian Bezold. Alle Spieler würden sehr gerne zur dritten Auflage der Internationalen Fränkischen Großmeistertage in die Pulvermühle zurückkehren.

Foto: Klaus Steffan

Partien

Rangliste: Stand nach der 11. Runde
Nr. Teilnehmer TWZ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Punkte SoBerg
1. Gustafsson,Jan 2572 ** 1 ½ ½ ½ ½ 1 1 1 ½ ½ 7.0 34.25
2. Bezold,Michael 2456 0 ** ½ ½ 1 1 ½ 1 1 ½ 1 7.0 31.50
3. Döttling,Fabian 2532 ½ ½ ** 0 0 1 1 ½ ½ 1 ½ 5.5 26.50
4. Hector,Johnny 2518 ½ ½ 1 ** ½ 0 ½ ½ 1 0 ½ 5.0 25.75
5. Conquest,Stuart 2543 ½ 0 1 ½ ** ½ 0 ½ ½ ½ ½ 4.5 22.25
6. Bischoff,Klaus 2561 ½ 0 0 1 ½ ** 1 ½ 0 ½ ½ 4.5 21.50
7. Naiditsch,Arkadij 2576 0 ½ 0 ½ 1 0 ** 0 ½ 1 1 4.5 20.75
8. Prusikin,Michael 2519 0 0 ½ ½ ½ ½ 1 ** ½ 0 1 4.5 20.50
9. Baramidze,David 2456 0 0 ½ 0 ½ 1 ½ ½ ** 1 ½ 4.5 20.00
10. Stellwagen,Daniel 2489 ½ ½ 0 1 ½ ½ 0 1 0 ** 0 4.0 21.00
11. Skripchenko,Almir 2456 ½ 0 ½ ½ ½ ½ 0 0 ½ 1 ** 4.0 19.50