Der aus Lettland stammende Großmeister Igors Rausis ist jüngst von der FIDE für sechs Jahre gesperrt worden und darf während dieser Zeit weder als Spieler noch als Trainer oder Schiedsrichter an FIDE-Turnieren teilnehmen. Außerdem wird ihm der Großmeistertitel entzogen.
Manch einer mit Amateur-DWZ tut heute so, als habe Großmeister Rausis ihn persönlich am Brett betrogen – was angesichts der Stärke-Verhältnisse absurd wäre. Rausis hat aktuell Elo 2685.
Natürlich musste gegen ihn eine harte Strafe ausgesprochen werden – weniger für den dreisten Betrug als für die Dusseligkeit, wie sich der für erstaunliche viele Föderationen aktive, aber aus Lettland stammende GM dabei erwischen ließ. Andererseits ist der 1961 geborene Rausis wahrlich nicht mehr der Jüngste und Schach könnte beinahe das Einzige sein, was er kann. Die seinen Fall bereits jetzt spiegelnde Wiki-Seite führt zu dieser Vermutung: https://de.wikipedia.org/wiki/Igor_Rausis
Rausis wohl eher tragischer als empörender Fall zeigt die verzweifelte Situation, in der sich jene, daheim hoch geachteten, Meister befinden mögen, die aus den ehemaligen Ostblock-Staaten hierher kommen und bald feststellen, dass anders als daheim Schach hierzulande kaum beachtet und ergo kaum gefördert wird, dass aber die Spielstärke der Entwurzelten oft rapide nachlässt, weil zugleich auch das Alter seinen natürlichen Tribut fordert.
Das Einzige, was diese Spieler im Leben haben – oder hatten – ist Schach. Hier, jetzt muss ich siegen! Sonst ist alles aus. Eine Niederlage, nein, darf nicht sein! Die Miete muss gezahlt werden, das Ansehen vor anderen, mehr noch vor sich selbst muss aufrecht erhalten werden! Natürlich klappt das nicht, ein Ertrinkender kann sich nur begrenzte Zeit auch auf dem seelischen Ozean über Wasser halten. Dass ein Spieler mit diesem Existenzdruck wohl kaum eine konzentrierte Leistungen zu bieten vermag, kann man sich vorstellen.
Rausis selbstredend falsche & unfaire Lösung lag in diesem Fall nahe, sehr nahe: Der Griff zur Steckdose. Deus ex machina, der Gott aus der Maschine. Seine Gattin, die freundliche Weltklasse-Fernschach-Spielerin Olita Rause, am Brett eine IM, setzt diese Elektro-Dinger in ihrem Metier doch ständig völlig legal ein und jetzt … ach … vielleicht doch nur ein- oder zweimal, wenn’s einfach nicht so läuft … nur gegen einen von diesen wachen, jungen Kerlen … So ähnlich mag der von Angst und Entsetzen getriebene Großmeister gedacht haben.
Die jetzt gerade neu im Amt befindlichen FIDE-Leute hätten für diese Demonstration ihrer Tatkraft vielleicht ein anderes Opfer finden können. Schließlich trifft man mit diesem Keulenschlag zugleich die Ehefrau und die zwei kleinen Kinder in dieser Familie, die nun von IM Olita Rause allein durchgebracht werden muss. Die Mehrheit verficht ja die Meinung, dass Schach ein Sport sei. Mir ist keine Sportart bekannt, in der man den Athleten beim ersten aufgedeckten, wenn auch groben, Regelverstoß seiner Existenz beraubt, worauf es hier ja hinaus läuft. Würde man das im Fußball, Eishockey, Ringen etc. vergleichbar lang mit einem Berufsverbot bestrafen? Ich glaube nicht.
Unverständlich ist erst recht, warum Rausis nun noch nicht mal weiter (im FIDE-Bereich!) als Trainer arbeiten darf. Ob mit dieser Einschränkung gemeint ist, dass er sehr wohl als Clubtrainer arbeiten dürfte (wer sollte ihm das wirksam verbieten können? Der Arm der FIDE reicht weit, oder wie?), erschließt sich noch nicht. Und natürlich darf er nun lange Zeit nirgendwo auf Preisgeld-Jagd gehen. Das Risiko hatte er mit seinem unwürdigem „Toilet-Gate“ (irgendwo schon mal gehört …) in Kauf genommen.
Ralf Mulde
Ich sehe es ein wenig anders. Dem Mann ist mitnichten von der FIDE seine Lebensgrundlage genommen worden. Das Preisgeld dürfte ohnehin nicht wirklich entscheidend gewesen sein, den Hauptanteile seiner Einkünfte wird er als Trainer haben. Und zwar nicht im Spitzenbereich, sondern eher bei Amateuren. Das darf er weiterhin tun. Es wird natürlich schwieriger, weil sein Ansehen hin ist, das ist aber nicht die Schuld der FIDE. Und er darf sogar noch nicht FIDE-ausgewertete Turniere spielen, gut da wird kaum was an Geld zu holen sein.
Und selbst, wenn er nicht gesperrt worden wäre, seine Karriere als Spieler wäre auch so dahin. Wer lädt denn einen überführten Betrüger noch ein und gibt ihm Konditionen? Ohne dies macht doch eine Turnierteilnahme für einen GM keinen Sinn.
Ob es nun 6 Jahre oder 6 Monate gewesen wäre, die Auswirkungen wären die gleichen gewesen. Man mag die doch recht harte Strafe als unnützes Symbol bezeichen, als blinden Aktionimus oder als symbolisches Draufhauen, aber nicht als existenzvernichtend.
Gut, in barmherziger Weihnachtszeit habe ich nun endlich unter Einwirkung der Kommentare meine Meinung geändert, denn dafür wurden sie ja verfasst.
Ich bin jetzt also für eine tatangemessene Strafe, mithin: mindestens, als Beginn, öffentlich die Hände abhacken! Beide Hände, so ist die Zughand in jeden Fall dabei. Oder eben ab.
Sollte das Opfer die Rache und Gerechtigkeit der Schachgemeinde völlig unvorhergesehen überleben, bleiben ja noch genügend weitere Gliedmaßen zur Kühlung des weihnachtlichen Volkszorns übrig. Oder auch ein unterhaltsames Auspeitschen käme in Frage.
Ob das noch etwas mit Verhältnismäßigkeit zu tun hätte, mit dem Wunsch moderner Strafjustiz, den Täter durch Strafe zu bessern, im erwünschten Fall, ohne ihm eine Lebensgrundlage zu zerstören, ihm also die Chance für eine für uns alle nützliche Lebensführung zu geben, ist in Rausis Fall egal, denn gewiss wiegt viel schwerer, dass der Täter in irgendeinem Turnier ein paar hundert Euro, also eine Kühlschrank-Füllung erbeutete und, mehr noch, einen wackeren Amateur eben davon abgehalten hat. Durch Betrug!
Also: Hände abhacken! Am besten über einem weiter zu benutzenden Schachbrett, denn die Blutflecken werden gewiss der Abschreckung dienlich sein.
Auch politisch leben wir nun mal in einer neuen Zeit, wie man an manchen Kommentaren sieht, dem muss endlich radikal gefolgt werden. Da muss man sich eben mal überwinden und per „Exempel statuieren“ diesen ganzen barmherzigen Sozialklimbim überwinden, der bisher nun mal hinderlicher Teil des Schachverbandes ist – nicht wahr?
Weil Schach ja gern Sport sein möchte – und es so erst nicht ist -, kann man sich ja fragen, ob ebenda ein Athlet oder Spieler faktisch lebenslänglich gesperrt und damit seiner Lebensgrundlage beraubt wird, wenn man ihn oder sie erstmals bei einem groben Regelverstoß ertappt?
Dass dieser Verstoß des Rausis nicht einfach schulterzuckend übergangen werden kann, ist doch völlig klar. Es geht aber um ein der Lage des Täters angemessenes Strafmaß, um nichts anderes – erst recht nicht um Rache der Amateure.
Zwei Kleine Kinder in der Familie? Rausis ist 58 und seine Frau 57.
Jeder kann einem normalen Beruf nachgehen. Auch Nichtbetrüger. Was machen die vielen Menschen, die im Alter von 50 ihren Job verlieren, wenn ihre Firma schließt? Mitleid ist im Rausis-Fall sicherlich nicht angebracht, aber jeder kann ja seine Meinung haben und Betrüger sehr bedauern. Es ist schon tragisch, kriminelle Energie zu haben.
Was soll dieser Beitrag zugunsten eines Betrügers?Lebenslange Sperre wäre hier angemessen,allein schon um das richtige Signal zu setzen.
Jedem seine Meinung