Da haben wir dem jungen Mann aus Villingen-Schwenningen Unrecht getan. „Bescheiden“ haben wir seinen Elo von gut 1.500 genannt, ohne zu würdigen, dass er überhaupt ein internationales Rating hat. Das hat er nämlich nur, weil er sich aus eigenem Antrieb regelmäßig von der Schachwüste Bodensee zur Schachoase in Baden-Baden begibt, um sich dort bei starken Jugendturnieren mit den Besten seines Jahrgangs zu messen.
Junge Schachspieler wie ihn sollte jeder Verein als Geschenk verstehen. Erfüllt mit Leidenschaft für unser Spiel, getrieben vom Ehrgeiz, darin besser zu werden. So jemand gehört an die Hand genommen, angeleitet und zu den Zielen geführt, die er sich vorstellt. Zum Beispiel mal ordentlich aufräumen unter den Jungstars in Baden-Baden, die zwar viel bessere Bedingungen haben, aber auch nur mit Wasser kochen.
Unseren Freunden vom Nachbarverein aus Villingen-Schwenningen ist dieses Geschenk in ihren Reihen nicht aufgefallen. Niemand kümmere sich, fast alles müsse er sich allein erarbeiten, klagte der junge Schachfreund jetzt – und stellte fest, dass ein Elo von 1.514 nach zwei Jahren, erreicht im Alleingang, so schlecht nun wirklich nicht ist.
Da hat er Recht. Nach zwei Jahren ohne fremde Hilfe ist Elo 1.514 sogar recht gut. Und darum geloben wir, uns demnächst höchstselbst nach Villingen-Schwenningen zu begeben und jeden 2.000+-Spieler, der uns dort begegnet, so lange in den Hintern zu treten, bis er verspricht, sich mit dem jungen Mann auf eine Reise über den Ozean der Schachstrategie zu begeben.
Taktisch ist er ja schon stark, wettkampferfahren auch, jetzt braucht er zumindest ein strategisches Fundament: Verstehen, warum La Bourdannaisund Morphy ihrer Zeit voraus waren. Welche Grundlagen Steinitz und Tarrasch hinterlassen haben. Was die „Hypermodernen“ um Reti und Nimzowitsch davon hielten. Und wie Aljechin, der erste „moderne“ Weltmeister, von allen großen Vorgängern das jeweils Beste nahm und damit seine Zeitgenossen wie von gestern aussehen ließ.
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